Judith Weibrecht - Rad fahren in Franken

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Bei den Geschichten handelt es sich um eine Mischung aus kolumnenhaften, subjektiven Reiseberichten mit literarischem Anspruch und einer echten Armchair-Traveller-Literatur zum genüsslichen Schmökern und dem Unterwegssein in Gedanken. Gleichzeitig soll das Buch aber auch dazu anregen, sich aufzumachen und die erkenntnishaften »Abenteuer« selbst nachzuvollziehen und zu erleben.

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Inhaltsverzeichnis

Im Himmel gibt’s kein Bier – Die Brauereien – und Bierkellertour

„A U!“

Glaubenssätze

Hopfen und Malz

Bratwürste, Burgen und Biere – Der Altmühltalradweg

Von Bierfässern über Bocksbeutel zum Äbbelwoi-Bembel – Der Main-Radweg

Immer nah am Wasser – Vom Main zur Rhön

SandAchse Radweg

Lieblich das Tal – herb der Wein. Radfahren im Taubertal.

Rothenburg – Eine Zeitmaschine

Anmutige, wundervolle Tochter

Schatzkästchen Taubertal

Grenzgänger-Radweg

Radwegekreuzung

Graue Grenze – Grünes Band. Geschichte und Geschichten auf zwei Rädern.

Radtouren am Grünen Band im Thüringer Wald und Schiefergebirge/Frankenwald

Historie zum Anfassen – sprechende Steine

Action und Seen – Radfahren und mehr im Fränkischen Seenland

Der Regnitz Radweg

Fränkische Städte am Radweg

Das schärfste Museum der Welt

Fränkische Spezialitäten

Frankenwald: Per „Bike Lift“ auf die Höhen, per Fahrrad hinab

Fünf Flüsse und zwei Kanäle – Der Fünf-Flüsse Radweg

SagenReich

Radfahren im Fichtelgebirge

Zoigl

Rawetz

Donald Duck vom Fahrrad aus

Kawumm, das Ortsschild kenne ich doch!

Geniale Nachdichterin

Klatsch, klatsch!

Schleunigst entschleunigen

Gemächlich durch die Haßberge

Im Himmel gibt’s kein Bier – Die Brauereien – und Bierkellertour

Die Brauereien – und Bierkellertour führt auf 202 Kilometern mit 2.100 Höhenmetern (große Runde) oder 61 Kilometern mit 400 Höhenmetern (kleine Runde) durch Oberfranken, die Region mit der höchsten Brauereidichte der Welt.

Im Biermekka Bamberg empfängt Erik Berkenkamp seine Gäste in Lederhosen. „Neun Brauereien stellen hier in der Stadt um die 50 verschiedene Biere her“, erklärt er. „Ich führe Sie nun per Fahrrad ein wenig herum, und wir fahren auf die Keller, das ist unsere erste Anstrengung.“ Unten in der Stadt haben die Bamberger nämlich immer ihr Bier gebraut und die Fässer dann oben auf die Keller in den Berg gebracht, denn dort blieb es schön kühl. Nach acht bis zehn Wochen wurde das fertige Bier dann wieder heruntergeholt. Doch irgendwann dachte man sich: Warum nicht umgekehrt? Warum bringen wir nicht die Leute zum Bier? So entstanden die Bierkeller mit Tischen und Bänken über den Stollen. Und die liegen immer oben. Nach einem kräftigen Anstieg landen wir „auf“ dem „Spezialkeller“ und dem zünftigen „Wilde Rose Keller“ auf dem Stephansberg. Von hier aus hat man weite Blicke über die Bierstadt und ihr Umland. Gute Aussicht hat man auch vom Biergarten des Brauereigasthofs „Greifenklau“, unserem nächsten Ziel. Golden funkelt da das Helle im Seidla. Es gibt Ungespundetes, Rauchbier, Zwickel, Bockbier, Ober – und Untergäriges, Helles und Dunkles, … Eine Wissenschaft, die man auf diesem Radweg erkunden kann.

„A U!“

Berkenkamp ist Zugereister und wohnt seit 25 Jahren hier. Zwei fränkische Worte kann er aber mittlerweile so gut aussprechen, dass manche Leute ihn für einen Franken halten. „Wenn ich ins Mahr’s Bräu gehe, bestelle ich das Bier wie ein Eingeborener: ‚A U’. Das bedeutet ein ungespundetes Bier. Will man dasselbe, sagt man einfach: ‚I a’. Ich auch.“ Also auf ins Mahr’s Bräu auf „a Seidla“, ebenfalls ein wichtiges Wort für die Bestellungen, bedeutet es doch einen halben Liter im Krug. Zu den wichtigen fränkischen Biervokabeln gehört auch „a Schnitt“. Das ist ein halbes Seidla, meist aber voller als nur halb voll – zum halben Preis. „Den Schnitt haben uns aber die Nordlichter versaut“, sagt Berkenkamp, „denn die haben im ‚Schlenkerla‘ immer Schnitt bestellt, weil sie so geizig sind.“ Dort gibt es nun keinen Schnitt mehr. Zur Bieretikette gehört nämlich, dass man sich einen Schnitt nur als Absacker bestellt und nicht einen nach dem anderen, um Geld zu sparen. Drei Wochen lang gab es auf das Ende des Schnitt hin jeden Tag eine ganze Seite Leserbriefe. Die Bierseele kochte.

Auf den Spuren des Gerstensaftes landen wir zunächst in Huppendorf beim „Brauereigasthof Grasser“ und einem süffigen Vollbier. Der Banknachbar glotzt ins Bier, bis es zurückglotzt. So sei es üblich, meint der. Alle Biersorten längs des Radwegs können nicht verkostet oder beglotzt werden, aber in der Rekordgemeinde Aufseß mit den angeblich meisten Brauereien pro Kopf, eingetragen im Guinness Buch der Rekorde, ziehen wir die Bremse und probieren Aufsesser Dunkel, ein Lagerbier. Der Koch im „Brauereigasthof Rothenbach“, Ernst Rothenbach, ist Biersommelier und bietet Brauereiführungen und Bierproben an. Er weiß: „Beim Bier gibt es ein Süd-Nord-Gefälle: Im Süden trinkt man eine Maß, nach Norden hin wird das Bier immer kleiner.“ Aber es gebe auch ein Nord-Süd-Gefälle, denn Richtung Süden würden die Biere immer weniger herb.

Rund um den Gerstensaft gibt es viele Geschichten, z. B. findet in Aufseß alljährlich der Wettbewerb im Bierfassrollen statt. Mit einem Stock muss es einen Parcours entlang vorwärts gepeitscht werden. Erster Preis? A Fässla Bier. Fässla bedeutet wörtlich übersetzt Fässlein, kleines Fass. Doch da sollte man sich nicht täuschen lassen. In Franken wird gerne alles verniedlicht, dies drückt die emotionale Verbundenheit aus. Das fränkische „a weng“ z. B. meint eigentlich „ein wenig“, wird aber gerne als Verstärkung gebracht. Wenn man also „a weng a Bier“ getrunken hat, bedeutet das keinesfalls, dass es sich um eine geringe Menge handelt.

Nach dem fiesen Anstieg vor Aufseß bei Laibarös über den Keckenberg rollt es sich nun prima auf der glatt asphaltierten ehemaligen Bahntrasse im Leinleitertal durch die Fränkische Schweiz. Bizarre Felsformationen, Bachläufe, Flussläufe, eine Mühle, ein Schloss. Diese Strecke ist glatt asphaltiert, der Fränkische-Schweiz-Film grandios, und der Radweg de Luxe. Auf dem Brauereien – und Bierkellerradweg fährt man auf verschiedenen asphaltierten Radrouten, Feld-, Wald – und Forstwegen oder verkehrsarmen Nebenstraßen durch Franken. Ausgeschildert ist die Tour mit einem goldgelb gefüllten Seidla, von weißer Schaumkrone geziert, vor einem grünen Baum auf weißem Grund. Das Bier-Logo weist den Weg.

Liegt es auch weit oben, so sollte man doch Schloss Greifenstein der Schenken von Stauffenberg auf keinen Fall links liegen lassen, denn diese Burg ist eine besondere. Kastelan Rainer Benker führt durch die Gemächer des 1172 erstmals urkundlich erwähnten Schlosses, das Türmchen hat wie Neuschwanstein, wie er schmunzelnd erwähnt. Der Besitzer war mit König Ludwig gut bekannt. In der Waffenkammer finden sich teils 600 Jahre alte Schießprügel, mit denen man im wahrsten Sinne des Wortes sowohl schießen als auch prügeln konnte. Im ganzen Anwesen liegen heute noch wahre Schätze. „Das Schloss wurde nie ausgeraubt“, erzählt Benker, „deshalb kann man alles noch sehen.“ Außerdem stehe man direkt davor und nichts sei in Glasvitrinen gepackt. „Das bekommen sie sonst in keinem Museum!“ In der Bibliothek bestaunen wir so manchen Schatz, wie das älteste Kochbuch „Freiwillig aufgesprungener Granatapfel“ von um 1500 und mannigfaltige Stiche. In der Kapelle mit ihren Kunstschätzen darf geheiratet werden. Die so genannte Gehörntenallee ist ein langer Gang mit kapitalen Hirschgeweihen und weithin bekannt. Am bekanntesten aber ist wohl die Tatsache, dass der Onkel des heutigen Besitzers, Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler verübte. Neben seiner Bronzebüste erfahren wir, dass Greifenstein bereits am Tag nach dem Staatsstreich von der Gestapo besetzt wurde.

Glaubenssätze Weitere Anstiege führen gen Hetzelsdorf zur Kultbrauerei Penning - фото 1

Glaubenssätze

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