Heike Schwender - Der Weltenschreiber

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Wieder erklang das leise Kratzen, als die Feder über das noch unbeschriebene Pergament glitt. Alfred war völlig in seine Arbeit versunken. Lebte in ihr. Die Wahrheit der Menschen um ihn herum war für ihn nicht wichtig und für seine Arbeit nicht greifbar. Nur das Kratzen der Feder erinnerte ihn an eine Welt außerhalb seines Buches und seiner Gedanken.
Etwas ungünstig wirkte sich auf Alfreds Arbeitsweise allerdings die Tatsache aus, dass er selbst in dieser von ihm so erfolgreich verdrängten Welt festsaß. Dabei wusste er noch nicht, dass ein Freund bereits an seinem Schicksal schrieb. Und dass er der Hilfe zweier Menschen bedurfte, um den Weg zurück in seine Heimat zu finden, wo sich ein Schatten auf die altehrwürdige Büchergilde herabsenkte.

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Heike Schwender, Frederik Offen

Der Weltenschreiber

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Inhaltsverzeichnis Titel Heike Schwender Frederik Offen Der Weltenschreiber - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Heike Schwender, Frederik Offen Der Weltenschreiber Dieses ebook wurde erstellt bei

Zum Geleit Zum Geleit Sie sind der Sinn meines Lebens. Meines Handelns. Mein Vermächtnis. Nur durch sie lebe ich. Sie sind meine Verbündeten. Meine Freunde, die mir die Seele entlasten. Ich brauche sie. Die Worte. Alfred, Weltenschreiber

Prolog

Erster Teil - Paris

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Zweiter Teil - Bücherwelt

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Dritter Teil - Bücherwelt

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Ende

Epilog

Übersetzung 1

Übersetzung 2

Karte

Danke

Weitere Bücher der Autoren

Impressum neobooks

Zum Geleit

Sie sind der Sinn meines Lebens.

Meines Handelns.

Mein Vermächtnis.

Nur durch sie lebe ich.

Sie sind meine Verbündeten.

Meine Freunde,

die mir die Seele entlasten.

Ich brauche sie.

Die Worte.

Alfred, Weltenschreiber

Prolog

Paris

1982

Alles begann mit einem Buch.

Von außen erschien es ihm klein, alt und farblos. Der dunkle Ledereinband wies bereits deutliche Gebrauchsspuren auf und ein paar der darin liegenden Seiten schienen sich vom Leim gelöst zu haben und lugten unter dem Einband hervor. Sie waren an manchen Stellen eingerissen und hatten sich gelblich verfärbt. Das ganze Buch wirkte so … unscheinbar. Zumindest so lange man es von außen betrachtete. Ein Buch unter vielen in einem Antiquariat, das selbst schon bessere Zeiten gesehen hatte. Doch Monsieur Dupoit ließ sich nicht beirren. Die äußere Hülle, das Erscheinungsbild – er wusste, dass dies alles nur Fassade war. Eine äußerst clevere Art und Weise, nicht aufzufallen und weiterhin unbeachtet in dem hölzernen Regal in der hintersten Ecke des düsteren Verkaufsraums stehen zu bleiben. Wirklich, sehr clever.

Monsieur Dupoit lächelte. Er wusste es besser. Monatelang hatte er in Bibliotheken Nachschlagewerke gewälzt und die Untiefen zahlloser privater Büchersammlungen erkundet. Beim Stadtarchiv kannten sie ihn inzwischen beim Namen. Der Einband des schwarzen Notizbuchs, das in Monsieur Dupoits linker hinterer Hosentasche steckte, war vom ständigen Gebrauch fettig und quoll über vor losen Blättern, auf denen er seine zahllosen Theorien sowie historischen und literarischen Verweise verewigt hatte. Er hatte sich in seiner Wohnung regelrecht vergraben. Zeitungsstapel und Bücher, die er aus Bibliotheken ausgeliehen und dann vergessen hatte, bedeckten sämtliche Möbel und den Boden. Angefangen hatte es mit dem Schreibtisch, aber der war schnell zu klein geworden für all die Nachforschungen, die er betrieb. Heute wusste er schon gar nicht mehr, unter welchen Bücher- und Papierstapeln der Tisch überhaupt stand. Als nächstes hatten dann alle weiteren Ablageflächen in seiner Wohnung dran glauben müssen. Küchen- und Esstisch, die Kommode im Flur, der Schrank im Wohnzimmer und schließlich Stühle und die grüne fleckige Couch. Hatte er nicht auch irgendwann einmal ein Klavier besessen? War das nur im Papierchaos untergegangen oder hatte er es versetzen müssen, um Geld für seine Nachforschungen aufzutreiben?

Marie, seine Frau, hatte anfangs noch über sein liebenswertes Chaos gelächelt und stillschweigend versucht, wenigstens ein Mindestmaß an Ordnung aufrechtzuerhalten. Aber aus dem Lächeln war irgendwann ein gequälter Gesichtsausdruck geworden, schließlich ein Stirnrunzeln und dann war Marie mitsamt ihrem Gesichtsausdruck und ihrer beider Tochter aus der gemeinsamen Wohnung verschwunden und hatte ihn alleine zurückgelassen. Er konnte es ihr nicht verdenken. Vor allem da er ihren Auszug erst nach einigen Tagen bemerkte, dann nämlich, als er endlich realisierte, dass er keine Mahlzeiten mehr vorgesetzt bekam und beißender Hunger bereits seinen Verstand vernebelte. Er ernährte sich anschließend von Kaffee, Zigaretten und belegten Baguettes. Den Schritt aus der Tür, um zu dem kleinen Lebensmittelladen an der Ecke zu gehen, tat er immer dann, wenn er sich daran erinnerte, dass es solch ein Gefühl wie Hunger in der Realität, aus der er sich inzwischen meilenweit entfernt hatte, immer noch gab.

Und nun war er hier. Er hatte sein Ziel erreicht. Monsieur Dupoits Lächeln vertiefte sich. Ein letztes Mal holte er sein Notizbuch hervor, um es zu konsultieren. Er las die letzten paar Zeilen, die er geschrieben hatte – mit euphorischer Hand und dick unterstrichen. Anschließend fand das Buch wieder Platz in der bereits unförmig verbeulten hinteren Hosentasche. Die paar losen Seiten, die beim Wegstecken auf den Dielenboden flatterten, bemerkte Henri Dupoit in seiner Aufregung nicht. Dies war sein Augenblick. Sein Ruhm. Sein Vermächtnis.

Langsam streckte Monsieur Dupoit eine zitternde Hand nach dem Buch aus. Da war es. Unter seinen Fingern konnte er jede Unregelmäßigkeit des dunkelbraunen Ledereinbands spüren. Fast liebevoll glitten sie sanft über die zerfurchte Oberfläche, die ihm auf seltsame Weise vertraut vorkam. Dann wurde sein Griff fester. Monsieur Dupoit schickte sich an, das Werk aus seinem langen Dornröschenschlaf zu erlösen und das Buch aus dem Regal zu ziehen. In diesem Moment verschwand er.

Erster Teil - Paris

2012

Kapitel 1

Das durchdringende Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Gedanken. Oder aus ihrem Schlaf? Sarah war sich nicht sicher. Ihr Kopf fühlte sich schwer an. Ob das in ihm aufgestaute Wissen daran schuld war? Die Biographie, die sie sich am vorherigen Tag zu Gemüte geführt hatte, war nicht unbedingt das gewesen, was sie als leicht verdauliche Kost bezeichnen würde. Andererseits konnte natürlich auch die Flasche Rotwein an ihrem vernebelten Verstand schuld sein. War es wirklich nur eine Flasche gewesen? Fast kam es ihr so vor, als hätte sie eine zweite geöffnet...

Das Läuten des Telefons verstummte und Sarah seufzte erleichtert auf. Wohlig ließ sie sich in die Kissen zurückfallen und begann, in einen neuen Traum abzudriften. In dem Traum klingelte das Telefon. Sarah fuhr zusammen. Nicht schon wieder! Wieso ließ man sie nicht einfach in Ruhe schlafen? Es konnte doch noch nicht so spät am Tag sein, oder? Sarah stellte insgeheim fest, dass sie im Laufe der letzten Tage – oder Wochen? – jegliches Zeitgefühl verloren hatte. Sie öffnete mühsam ihre Augen und wurde mit einem grellen Licht belohnt, das es ohne Zweifel darauf abgesehen hatte, ihr für immer das Augenlicht zu rauben. Rasch ließ sie ihre Lider wieder zufallen und fühlte Erleichterung, als sie sich erneut der friedlichen Dunkelheit anvertrauen konnte. Wenigstens wusste sie jetzt, dass es in der Welt dort draußen Tag war.

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