Viva Rex
oder die Suche nach sich selbst
Texte: © 2020 Copyright by David G. Rolinger
Umschlag: © 2020 Copyright by David G. Rolinger
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für den Inhalt: David G. Rolinger
Sittersweg 1
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Auftritt der Puppenspieler.
Puppenspieler: zum Publikum. Ihr seid also der Menschenstrom, von dem der Herr gesprochen hat. Ihr seid gekommen, um die Geschichte eines Volks zu hören, das nichts sehnlicher sich wünschte, als einen König zu haben, der es liebt. Es war das auserwählte Volk des Moses und so wünschten sie sich auch einen auserwählten König. Doch wie sollte man bestimmen, wer würdig ist, die Krone auf sein Haupt zu nehmen? Lange wusste niemand darauf eine Antwort, bis eines Tages eine Reihe von Ereignissen dazu führte, dass sich bald viele berufen fühlten, König zu werden. Alles begann mit der Niederkunft Heras. Sie hatte mit Zeus einen Sohn gezeugt und nun, da er auf der Welt war, kam ein jeder aus dem Volk, um sich das Kind anzusehen. Zeus und Hera waren sehr beliebt beim Volk. Nicht nur aufgrund ihrer gewaltigen Kräfte, sondern auch weil sie sich maßgeblich für den Aufschwung des Volkes einsetzten. So hatte Hera einen großen Beitrag zur Errichtung des Tempels zu Ehren Gottes geleistet. Auch Zeus war ein frommer Mann, der sich sehr für seine Mitmenschen stark machte, auch wenn er gelegentlich unter melancholischen Anfällen litt. Als die Beiden nun ein Kind bekamen, freute sich jeder und so begannen bald alle, das geliebte Kind ‚Geliebter‘ zu nennen.
Mit Spannung verfolgte man sein Aufwachsen und mit Freude sah das Volk, dass der Geliebte in die großen Fußstapfen seiner Eltern treten wollte. Die Legende erzählt, er habe sich schon als Kind um Aussätzige und Kranke gekümmert. Als Jüngling wurde er dann Ritter im Dienste des Volkes des Moses, was bedeutet, dass er Verantwortung für jeden einzelnen seiner Mitbürger übernahm und diese vor jeder drohenden Gefahr beschützen sollte. Es war in jener Zeit, da er sich mit einem anderen Ritter von ebenso jungem Blut anfreundete, der Ikarus genannt wurde. Es war eine Zeit, in der das Volk mächtiger und weiser wurde und um diesen Einfluss zu festigen und nach außen zu repräsentieren, wünschte man sich nun nur umso mehr einen König herbei. Da hatte Natan der Prophet eine Offenbarung, die ihm einen Irrgarten zeigte. Dieser sollte als Probe dienen, um festzustellen, wer würdig sei, den Thron zu besteigen. Damit aber keiner im Volk einen Vorteil haben sollte, beauftragte man einen Fremden mit dem Bau. So entstand ein gewaltiger und magischer Irrgarten. Als man den Fremden auf die sonderbaren Dinge darin ansprach, gab er sich als Erzengel Nuntiu zu erkennen. Im göttlichen Auftrag hatte er den Garten auf mystische Weise verändert.
In den nächsten Jahren kamen viele, die die Prüfung bestehen wollten, doch kaum einer schaffte es besonders weit. Erst Jallah gelang es die Herausforderungen zu bestehen und den Garten samt der Mauer, die ihn vom Schloss trennte, zu überwinden. Daher krönte man sie zur Königin. Für gewöhnlich folgt nach der Krönung noch eine Salbung, die einen ewigen Treuebund zwischen dem König und dem Volk bezeugen sollte. Doch bei Jallah war es anders, denn sie erwies sich schnell als großes Übel. Weder war sie weise noch gerecht oder gütig. Und mit der Zeit verblasste ihr Antlitz und sie verdarb völlig, bis sie ihrem Wahn erlag. Dies hemmte den Drang auf den Thron, denn niemand wollte so enden wie sie. Erst nach geraumer Zeit schaffte es das Volk, einen sehr erfahrenen Mann dazu zu bringen, dass er sich dem Garten stellte. Er hatte viele Geschichten zu erzählen und war unerschöpflich an Ratschlägen. Außerdem liebte er sein Volk und baute es stets auf, wenn es am Boden lag. Er schien der perfekte Mann zu sein. Und so gab man ihm, nachdem er den Garten bezwungen hatte, den Namen König Rex, um sein Talent für die Aufgabe herauszustellen. Zur Überraschung aller weigerte sich Rex aber, die Salbung zu empfangen, da er nicht sicher war, ob er auf Ewigkeit einen solchen Bund eingehen könne. Er fürchtete, dass ihm im Alter die Kräfte ausgehen könnten und er so dem Volk nicht bis in Ewigkeit gerecht werden könne.
Nun aber genug der Chroniken und hin zu den bedeutenden Figuren der Stunde. Es war in der Amtszeit des mittlerweile alten Königs Rex, dass ein Prinz aus dem Morgenland zum Volk kam und sich anbot, König zu werden. Er war der Ansicht, seine Abstammung aus einer anderen königlichen Familie würde ihn zu solchen Aufgaben befähigen und er wäre bereit sich dem Volk des Moses anzunehmen. Auch wenn er sich schnell mit dem Geliebten und über ihn mit Ikarus anfreundete, missfiel dem Geliebten die Idee eines fremden Königs und so gedieh in ihm ein neuer Wunsch…
Abgang der Puppenspieler.
Auftritt der Geliebte, aufgebracht, die Gebrüder Natan und Nathan, auf den Geliebten einredend, Prinz Siddhartha aus dem Morgenland, hinter ihnen schlendernd.
Der Geliebte:Ich werde zum König werden, das ist gewiss. Das Volk liebt mich und ich will ihnen Liebe schenken. Darum frage ich euch, wer sollte es nicht wollen?
Nathan der Weise:Denkt nur an die Freunde König Rexs. Dazu kommen noch jene, die Siddhartha auf den Thron bringen wollen. Prinz, Ihr könnt die Lage sicher am besten einschätzen.
Prinz Siddhartha:Von klein auf habe ich gelernt, was es heißt, ein Volk zu führen. Mit Schmeicheleien habe ich das des Moses für mich gewonnen. Lange liegt der Stein in meinem Brett, nur König Rex steht mir im Weg.
Der Geliebte:Ach redet doch keinen Unsinn. Rex ist ein alter Mann, der wird sich nie mehr salben lassen. Da ist es gut, dass ich nun komme und dieses Volk an mich binde. König Rex unterstützt mich sogar. Meine Ahnen haben ewig dieses Volk geleitet. Wenn auch nicht als Könige, so doch durch ihre Liebe. Prinz, verzeih mein ungeübtes Wort, doch ein Fremder kann dieses Reich nicht führen. Du verstehst es nicht, erkennst die Probleme nur schwer und deine Traditionen belasten dieses Volk noch mehr.
Prinz Siddhartha:Die Liebe aus sich selbst heraus wirkt immer schwach gegen die Liebe eines Fremden. So schätzen wir die Meinung eines neuen Hausgastes mehr als die der eignen Familie. Geliebter, was soll der plötzliche Ehrgeiz? Hast du Angst das Volk an mich zu verlieren?
Der Geliebte:Das hab ich wohl und ich tue Recht daran. Du reißt mit deinen gierigen Klauen und fremden Sagen tiefe Wunden in das Fleisch einer gesunden Stadt. Und alles jubelt dir noch zu. Ehrlich, ich kann das nicht fassen.
Nathan der Weise:Es liegt daran, dass er sie liebt. Um jene Liebe zu erfahren, weiß so mancher Körper viel Leid in sich aufzunehmen. Und sie wünschen sich doch, dass einer König werden will. Gerade, weil sich Rex nicht salben lässt.
Natan:Der Herr schenkte uns Liebe, sie ist seine gütigste Gabe. Darum fordere ich euch auf, nehmt sie, wenn sie kommt und streut sie, wenn sie fehlt.
Prinz Siddhartha:Das tue ich. Ich liebe dieses Volk nicht weniger als der Geliebte.
Der Geliebte:Rede doch nicht solchen Unsinn. Du bist erst vor wenigen Jahren hierher gekommen, die Namen dieser Leute sind dir fremd und nun willst du sie so lieben wie einer, der ihre Geburt bestaunen durfte? Deine Liebe ist nur von kurzer Dauer, meine aber währt ewig.
Natan:Tut sie das? In letzter Zeit sehe ich den Prinzen mehr Freunde grüßen als euch. Habt ihr euch nicht in euch selbst verloren?
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