Abgang Ikarus. Auftritt Dämon Lucca.
Dämon Lucca:an die Leiche gewannt. Du abscheulicher Hund hast meinem Prinzen so viel Leid getan. Dein Vertrauen hast du diesem Mann verwehrt und immer hast du ihn wie einen Fremden behandelt. Ich aber kenne das Gefühl von Einsamkeit und nur der Prinz war es, der mich ein anderes Gefühl lehrte. Er offenbarte mir, dass auch ich kein Unding bin. Früher ekelte ich mich vor meinem eigenen Aussehen: Vor meiner Fratze und den Hörnern, so wie vor meinem Wams und meinem Schwanz. Jeder machte sich lustig über mich, bis ich anfing dasselbe zu tun. Erst der Bann über Siddhartha zeigte mir einen Weg aus diesem Hass. Und du hast diesen Helden verletzt.
Dämon Lucca spukt auf die Leiche. Dann tritt er sie und uriniert darauf.
Dämon Lucca:Ich wünschte nur du spürtest noch, wie sehr ich dich verhöhne. Du bist wie ein Aussatz für die Welt. Ich hoffe, die Geier fressen dich bald, sodass ich deinen Anblick nicht länger ertragen muss. Was du getan hast, kann nie wieder gut gemacht werden.
Abgang Dämon Lucca. Auftritt Ikarus und Priester.
Ikarus:Da liegt er.
Priester:Schnell! Helft mir ihn mitzunehmen, bevor der Prinz erneut erscheint. Er wird uns sicher strafen wollen, wenn wir ihn begraben.
Ikarus:Das ist wahr. Ich nehme den Kopf und pack ihn an den Schultern, greift ihr die Beine.
Ikarus und Priester tragen den Geliebten davon. Abgang Ikarus, Leiche des Geliebten und Priester.
Auftritt Ikarus und Priester auf Friedhof. Vor ihnen ein frisches Grab.
Priester:Die Riten sind nun erfüllt und seine Seele kann ins Jenseits aufbrechen. Ich danke euch mein Sohn, dass ihr mich zu ihm gerufen habt.
Ikarus:Dankt mir nicht Vater. Ich war es, der ihn so zugerichtet hat. Keine Buße dieser Welt vermag meine Sünde zu bereinigen. Priester, was soll ich nur tun?
Priester:Es ist wahr, dass ihr Schreckliches getan habt, aber versinkt nun nicht in Depression und Selbsthass. Der Herr hat für euch Wichtiges vorgesehen. Gott braucht euch und er braucht euch bei klarem Verstand. Daher bitte ich euch, kommt mit mir und ich will euch führen, sodass ihr dem Herrn, trotz eurer schweren Schuld, dienen könnt.
Ikarus:Alles werde ich tun, wenn es nur meinen guten Willen zeigt.
Abgang Priester und Ikarus. Auftritt ein Besessener.
Besessener:Sie haben ihn also begraben. Das war gegen das Gebot des Prinzen. Ich muss ihn sofort informieren. Vielleicht lässt sich die Leiche noch entwenden und so der Seelenfriede stören.
Abgang Besessener.
Auftritt Besessener, Dämon Lucca und Prinz Siddhartha auf Friedhof. Es ist Nacht.
Besessener:Hier war es, wo sie ihn begraben haben.
Prinz Siddhartha:So? Dann grabt ihn wieder aus! Ich kann nicht dulden, dass jemand meine Regeln bricht und damit durchkommt.
Dämon Lucca:Ikarus wird dafür bezahlen müssen.
Prinz Siddhartha:Alles zu seiner Zeit. Nun grabt den alten Freund schon aus! Ich will die Nacht nicht länger hier verbringen.
Dämon Lucca und Besessener graben wie wild, doch sie finden nur einen leeren Sarg mit Blut.
Besessener:Das Grab ist leer! Er ist verschwunden.
Dämon Lucca:Wie das? Meint ihr jemand anderes habe ihn vielleicht gestohlen? Aber wer hasst den Geliebten so sehr wie wir? Liebt ihn nicht das ganze Volk? Wer also würde seine Ruhe stören?
Prinz Siddhartha:Ich glaube nicht, dass ihn jemand gestohlen hat. Vielmehr sieht das nach Götterwerk aus. Ich glaube, der Geliebte lebt!
Dämon Lucca:Das kann nicht sein!
Prinz Siddhartha:Alle Welt liebt ihn, selbst der Herr. Vielleicht hat er sich des Geliebten erbarmt.
Dämon Lucca:Ich verabscheue Gott. Hasst er mich denn auch so, dass er mich leiden lassen will?
Prinz Siddhartha:Ich glaube, es geht ihm weniger um deine Existenz, als um die des Geliebten.
Besessener:Was werden wir nun tun?
Prinz Siddhartha:Wir werden warten, bis uns die Propheten einen Auferstandenen präsentieren. Dann aber werden wir einschreiten und ihn seines Loses berauben. Ihr aber verschwindet fürs Erste, bis ich mich mit Natan unterhalten habe.
Abgang Dämon Lucca und der Besessene.
Prinz Siddhartha:Wo finde ich Natan wohl noch zu dieser späten Stunde? Ah, ich weiß! Im Tempel muss ich suchen.
Prinz Siddhartha sucht den Tempel, der neben dem Friedhof liegt, auf und betritt ihn. Auftritt Natan im Tempel, mit geschlossenen Augen meditierend.
Prinz Siddhartha:Natan, verzeiht mein Stören. Auf ein Wort!
Natan:Er ist nicht hier. Doch wahrlich, er lebt.
Prinz Siddhartha:Ich fürchtete so.
Natan:Freut ihr euch denn nicht, dass euer Freund lebt?
Prinz Siddhartha:Er ist ein gefährlicher Freund.
Natan:Weil er dem Volk Würde und Frieden bringen will?
Prinz Siddhartha:Ihr seid kein Königstreuer, wie mir scheint.
Natan:Ihr seid noch nicht der König. Ihr wurdet noch nicht gekrönt, ihr habt den Garten nicht bezwungen und eure Salbung ist daher null und nichtig. Es reut den Priester schon, der es tat.
Prinz Siddhartha:Ach, glaubt denn heute keiner mehr an mich? Bin ich denn wirklich böse?
Natan:Vielleicht vernebeln falsche Zungen euren Geist. Ich hörte ein Dämon sei bei euch. Wie ihr sicher wisst, hasst der Teufel das Volk des Moses und den Geliebten hasst er am meisten. Wenn ich euch einen Rat geben darf, Gesalbter, dann distanziert euch von diesem Wesen. Seine dunkle Aura verpestet euren Verstand. Doch um zu sehen, was der Herr für euch bereithält, empfehle ich noch mehr als das. Klettert auf den Berg Nuern und begebt euch auf dem Gipfel ins Gebet. Horcht auf, was Gott euch sagt und findet heraus, wer ihr seid.
Prinz Siddhartha:Ich weiß, wer ich bin. Mein Name ist Prinz Siddhartha und ich stamme aus dem Morgenland. Ich bin gesalbt und stehe in ewig treuem Bund zum Volk des Moses. Ich bin Freund des Geliebten, des Ikarus und des Dämons Lucca.
Natan:Ich glaube nicht, dass ihr wisst, wer ihr seid. Den, den ihr Freund nennt, ließet ihr von eurem Freund angreifen, sodass ihr eurem Freund befehlen konntet euren Freund zu töten. Ein Freund von euch verlor sich darauf im Selbsthass, ein anderer wurde begraben. Wollt ihr so mit euren Liebsten umgehen? Und wofür das Ganze? Nur um euren Stolz zu wahren?
Prinz Siddhartha:Woher wisst ihr von all dem?
Natan:Wenn ich solche Dinge nicht wüsste, wärt ihr nicht ausgerechnet zu mir gekommen, um den Geliebten zu finden.
Prinz Siddhartha:Ihr wisst also, wo er ist. Sagt schon, wie kann ich ihn finden?
Natan:Wenn ihr ihn treffen wollt, steigt auf den Nuern und begebt euch ins Gebet. Eines schönen Tages, wenn euch eure Bestimmung klar wird und ihr ihm vergeben könnt, wird er erscheinen.
Prinz Siddhartha:Wenn ich nun gehe, wer wird dann das Volk regieren? Ich fürchte, dass sie in meiner Abwesenheit den Geliebten zum König machen.
Natan:Ich verspreche euch, es wird keinen neuen König geben, bis ihr zurück seid. Der Geliebte ist nicht bereit es zu sein. Das Volk hat ihn sich noch nicht zur Genüge aufopfern gesehen.
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