Walter Brendel
Skandale
Skandale
Walter Brendel
Impressum
Texte: © Copyright by Walter Brendel
Umschlag: © Copyright by Walter Brendel
Verlag: Das historische Buch, 2021
Mail: walterbrendel@mail.de
Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,
Berlin
Inhalt
Vorwort
Skandal um eine ermordete Edelhure (1957)
Skandal im Kanzleramt (1972)
Skandal um Flick-Millionen (1980)
Das skandalöse Ehrenwort (1987)
Der Skandal um den ehrgeizigen Vater der Steffi Graf (1988)
Der Skandal um den Baulöwen Schneider (1994)
Der Justizskandal um Harry Wörz (1998)
Skandal um gekauften Fußball (2006)
Skandal um einen Bundespräsidenten (2010)
Skandal um einen Wettermann (2011)
Skandal um Anton Schlecker (2012)
Die Bundesrepublik war seit ihrer Gründung 1949 bis heute von Skandalen geprägt. Alte Nazis waren wieder in hohen Ämtern, Politiker und Wirtschaftsbosse verstricken sich im Rotlichtmilieu, Bänker fallen auf Tricks und Lügen herein, die andere Menschen durchschaut hätten, die Justiz fällt Urteile in Größenordnungen, unschuldige Menschen leiden heute noch darunter. Die Wirtschaftslobby nimmt immer mehr Einfluss auf politische Entscheidungen, unfähige Politiker gelangen an die Spitze und missbrauchen ihr „Ehrenwort“. Wir könnten über 150 Fälle aufzählen. Das würde aber den Umfang des Buches sprengen. Deshalb haben wir uns entschieden, elf ausgesuchte Fälle hier vorzustellen. Lauter Skandale.
In der Regel bedingt ein Skandal eine allgemeine gesellschaftliche Aufmerksamkeit, die heute überwiegend durch die Massenmedien erreicht wird. Bei der Aufdeckung von Skandalen und Vorgängen wie Korruption, Bestechung und persönlicher Vorteilsnahme von Amtsträgern in Politik und Wirtschaft spielen Medien und Journalismus, insbesondere als Investigativer Journalismus, eine bedeutende Rolle. Nicht zuletzt hieraus leitet sich die Rolle von Medien und Presse als Korrektiv und sogenannte „Vierte Gewalt“ ab. Da Medien und Presse auch an hohen Zuschauer-, Hörer- und Leserzahlen interessiert sind, kann es dazu kommen, dass einzelne Vorgänge über ihre Bedeutung hinaus „skandalisiert“ werden. Wo die Grenze zwischen „legitimer Empörung“ und „künstlicher Aufgeregtheit“ liegt, ist vom Betrachter und dessen sozialen, religiösen und politischen Hintergrund abhängig. Wir haben zehn Skandale in diesem Buch verarbeitet.
Involviert waren Ex-Bundeskanzler wie Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl, Vorstände von Banken, des Deutschen Fußball Bundes und der FIFA, Ex-Bundespräsidenten wie Christian Wulff, Ex-Ministerpräsidenten wie Uwe Barschel, eine Edelhure namens Rosemarie Nitribitt, Unternehmer wie Anton Schlecker und Friedrich Karl Flick sowie Jürgen Schneider, der Wetterfrosch Jörg Kachelmann, das Justizopfer Harry Wörz, Spione wie Günther Guillaume und Adolf Josef Kanter, ja selbst Markus Wolf vom DDR-Ministerium für Staatssicherheit, ehemalige Bundes- und Landesminister wie Hans Friderichs, Otto Graf Lambsdorff, Hans Matthöfer und Horst Ludwig Riemer, Spitzenmanager wie Eberhard von Brauchitsch, Steuerfahnder Klaus Förster und viele andere.
Oft braucht es nur einen kleinen Auslöser für einen Skandal, dann wird nach und nach ein Abgrund sichtbar. Die Gesellschaft definiert sich in solchen Affären regelmäßig neu. Was ist moralisch vertretbar? Welche Rolle spielen Politik und Wirtschaft? Das sind unsere aufgeführten Skandale:
1. Die Frankfurter Edel-Prostituierte Rosemarie Nitribitt wurde 1957 im Alter von 24 Jahren ermordet. Der Fall konnte nie aufgeklärt werden. Zu den vielen Spekulationen rund um den Fall trägt bei, dass Prominente aus Wirtschaft und Politik zu den Kunden von Nitribitt gezählt haben sollen. Ermittlungspannen der Kripo nährten den Verdacht einer planmäßigen Vertuschung. Der „Fall Nitribitt“ dient als Ausgangspunkt, um die spießige deutsche Nachkriegsgesellschaft der 50er Jahre zu charakterisieren.
2. Einer der engsten Mitarbeiter von Bundeskanzler Willy Brandt wird 1974 als DDR-Spion enttarnt. Im Auftrag der Stasi reiste Günter Guillaume schon 1956 in die Bundesrepublik ein. Die Guillaume-Affäre ist der politisch bedeutsamste Spionagefall der deutsch-deutschen Geschichte. Bundeskanzler Brandt tritt daraufhin zurück aber auch wegen interner Auseinandersetzungen in der SPD. Im Oktober 1972 wurde Guillaume persönlicher Referent des Bundeskanzlers in Parteiangelegenheiten. In dieser Funktion hatte er unter anderem die Parteitermine des Kanzlers zu organisieren sowie den Schriftverkehr mit Parteigliederungen und Mitgliedern zu führen. Guillaume gehörte damit zum engsten Mitarbeiterkreis Brandts und war einer der wenigen, die den Kanzler auch privat und im Urlaub begleiteten.
3. Der Flick-Konzern versorgte über Jahre die Parteien des Bundestags mit verdeckten Spenden möglicherweise standen politische Entscheidungen mit den Zahlungen in Zusammenhang. Eines der Parade-Beispiele für eine politische Affäre vor allem, weil im Nachgang mit großer Unlust aufgeklärt wird und die politischen Parteien per Gesetz eine Amnestie durchsetzen wollen, die letztlich nur am öffentlichen Widerstand scheitert.
4. Einen Tag vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 13.9.1987 wird einer der größten Politskandale der Bundesrepublik publik: SPD-Spitzenkandidat Björn Engholm wurde ausspioniert. CDU-Ministerpräsident Uwe Barschel tritt im Zuge der sogenannten Waterkantgate-Affäre am 2. Oktober zurück. Neun Tage später liegt er tot in einem Genfer Hotel in der Badewanne. Die Umstände seines Todes sind bis heute nicht vollständig geklärt. Sicher eine der spannendsten und geheimnisvollsten Affären der Bundesrepublik. Nirgendwo lassen sich Abgründe von Wahl- und Machtkampf besser studieren als hier. Gekämpft wird mit allen Mitteln solange sie nicht öffentlich werden.
5. Peter Graf der Tennisvater, der Strippenzieher hinter der Karriere von Superstar Steffi. Ein klassisches Lehrstück von Aufstieg und Fall. Begonnen als Selfmademan aus Mannheim, Gebrauchtwagenhändler, Trainer – geendet als Hauptfigur in gleich zwei Skandalen. Ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse ist zu Beginn der 90er-Jahre der Rotlichtskandal um Peter Graf. Boxpromoter Ebby Thust versucht, den Tenniskönig zu erpressen – das Kind seiner Freundin soll angeblich von Peter Graf sein. Ein Vaterschaftstest bringt Gewissheit: Graf ist nicht der Vater. Aber das Image bleibt angekratzt. Hinzu kommen gesundheitliche und familiäre Probleme. Steffi Graf macht derweil unbeeindruckt Karriere im Tennis-Zirkus. Ein Gewinn folgt auf den anderen, die Preisgelder steigen. Eine Menge Geld, für die eine Menge Steuern fällig gewesen wären. Aber Peter Graf erfindet ein Steuersparmodell mit einem Geflecht aus mehreren Stationen. So schleust er das Geld zu großen Teilen am deutschen Fiskus vorbei – und stolpert in die nächste Affäre. Im Sommer 1995 zieht sich die Schlinge zu. Steuerfahnder durchsuchen die Graf-Villa in Brühl. Peter Graf zeigt kein Einsehen, er ist nach wie vor der Meinung, der Wimbledon-Königin Steffi und ihrer Familie stünden Sonderrechte in Sachen Steuern zu. Der Steuersünder-Prozess gegen ihn ab September 1996 ist ein großes Medienspektakel. Steuerhinterziehung in Höhe von knapp 20 Millionen Mark lautet der Vorwurf. Das Urteil: drei Jahre und neun Monate Gefängnis. Graf bleibt nicht der einzige prominente Steuersünder aus der Sportszene – auch Pferdebaron Schockemöhle, Boris Becker und Uli Hoeneß müssen Steuern nachzahlen. Der Graf-Prozess schreibt Justiz-Geschichte – seitdem gab es spezielle Kammern bei Gericht und zahlreiche Verfahren, um die finanziellen Schattenwelten von Promis offenzulegen.
6. Er sorgte für eine der größten Pleiten in der deutschen Geschichte: der "Baulöwe" und verurteilte Betrüger Jürgen Schneider. In wenigen Jahren schaffte er sich ein Immobilienimperium - von der Öffentlichkeit bestaunt, von Politik und Banken hofiert. In der Zeit des Baubooms der 1980er-Jahre wird für den hessischen Bauingenieur Schneider das Frankfurter Fürstenhof-Gebäude zur goldenen Eintrittskarte. Den ehemals glanzvollen Hotelpalast in der Bankenmeile kauft er für 40 Millionen Mark, lässt ihn für mehr als 200 Millionen Mark entkernen, aufwendig sanieren und verkauft das Gebäude schließlich für 350 Millionen Mark. Das ist für viele der endgültige Beweis, dass Schneiders Strategie aufgeht. Mit diesem Erfolg stehen ihm alle Türen offen. 1994 soll ihm sogar das Bundesverdienstkreuz verliehen werden. Schneider ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere.
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