Michael antwortete, dass wir nicht einmal irgendwelche Handelsvertreter seien, sondern alte Freunde, man uns aber trotzdem den Einlass verwehre.
„Oh ja. Der Kerl, der zuerst da war, der das Gebäude gekauft hat, ist komisch geworden. Zieht sich mehr und mehr zurück und für Smalltalk ist er auch nicht mehr zu haben. Ach, übrigens, wo sind denn meine Manieren hin. Mein Name ist Dieter Becker und ich bin Chef der Autohilfe hier."
Wir stellten uns einander vor und KFZ–Meister Becker bat uns in seine kleine Firma, um das begonnene Gespräch fortzusetzen.
In der ADAC–Station herrschte samstägliche Ruhe vor; eine blonde Frau hinter einem Computerarbeitsplatz erklärte in passablem Englisch einem Kunden die Bedingungen zur Anmietung eines Club–Mobils. Der Hund legte sich sogleich in sein Körbchen Mitten im Filialraum und wir zogen uns mit Cola aus einem Automaten in Dieter Beckers Büro zurück, wo der Chef uns über seinen seltsamen Nachbarn berichtete.
„Eines vorneweg: Andreas ist immer noch ein anständiger Nachbar. Problemnachbarn sehen anders aus. Aber in letzter Zeit hat er sich extrem verändert. Am Anfang war er noch relativ gesprächig, obgleich ich ihn nicht für den Typen halte, der mit seinen Witzen eine langweilige Party ans Laufen bringt."
Auf die Frage, ob Andreas über seine Arbeit geredet habe, antwortete Becker: „Nicht viel. Nur dass er Physik und Informatik studiert hat und hier ein eigenes Forschungsprojekt aufzieht mit dem Geld aus einer Erbschaft. Muss eine ganz gewaltige Erbschaft gewesen sein, wenn ich mir das da drüben so anschaue. Mit den Arbeiten wurde Andreas dann seltsamer. Die waren manchmal schon ganz schön laut und nervig. Aber, wie gesagt, Problemnachbarn sehen ganz anders aus, und die Arbeiten gingen dann auch recht schnell vorbei."
Ich fragte nach, ob sich die Arbeiten auf die Errichtung des Zaunes bezögen.
„Nein, nein. Der Zaun ist ein Witz dagegen, was da zuvor geschafft wurde. Da kamen mehre Lkw mit allen möglichen Materialien. Dazu zwei Wagen, die Beton über eine Anlage pumpen, und bestimmt zwei Dutzend Bauarbeiter. Die haben den Keller vergrößert, keine Frage. Jede Menge Material wurde aus dem Keller nach oben transportiert, Schutt und Erde, und mit anderen Lastern abtransportiert. Danach kamen die Zementmischlaster und die Pumpanlagen nahmen ihre Arbeit auf. Die haben jede Menge altes Material rausgeholt und jede Menge neues heruntergepumpt. Und das alles ging für die Größe eines solchen Projektes, wenn ich es mit der Errichtung eines Eigenheims vergleiche, Ruck Zuck. Wie gesagt, muss eine gigantische Erbschaft gewesen sein. Hätte ich auch gerne. Jedenfalls müssen die Arbeiten mit dem Kerl in Verbindung stehen, den meine Herzensangestellte den schönen Schweden nennt. Denn die Arbeiten haben erst angefangen, nachdem dieses Muskelpaket da drüben bei Andreas eingezogen ist."
Michael erkundigte sich nach dem Schweden.
„Wir wissen nicht mal, ob der Typ Schwede, Deutscher oder sonst was ist. Carolin, der gute Geist dieser Station, hat ihn so getauft, weil er eben groß, blond und blauäugig ist. Ab und an sieht man ihn mal kurz. Aber der sagt gar nichts. Guckt nur einmal kurz und gut ist es. Was er mit Andreas und der Firma zu tun hat, keine Ahnung. Carolin und ich sind uns aber hundertprozentig sicher, dass auch der Schwede in der Firma hier wohnt. Denn euer Andreas wohnt da in jedem Fall. Am Anfang ist er noch am Abend nach Hause wohl gefahren. Aber das tut er schon lange nicht mehr. Alles sehr seltsam.", erklärte Dieter Becker.
Das Gespräch verlief noch etwa fünfzehn Minuten weiter. Zum Abschluss verlangte Dieter Becker meine Mobilfunkrufnummer und versprach, er werde sich melden, wenn es etwas Neues in Hinsicht auf Andreas gebe.
Beim Einsteigen in den Toyota fiel mein Blick eher zufällig auf die Fenster im Erdgeschoss und da sah ich meinen alten Freund, wie er das Geschehen vor seinem Labor betrachtete.
Er trug die Haare lang und zerzaust und sein Vollbart war zu einem wahren Rübezahl–Rauschebart geworden.
Als er merkte, dass zunächst ich und dann Michael zu ihm hinaufschauten, zuckte er förmlich vom Fenster zurück und verschwand im Inneren seines Reiches aus lauter Fragezeichen.
Aus der Freien Westfälischen; Februar 2019
Weiterhin keine Spur von Thomas Berger
Der 39jährige Thomas Berger aus Bielefeld bleibt verschwunden.
Vor zwei Wochen hatten Freunde den Manager einer Elektrohandelskette als vermisst gemeldet, nachdem er nach einem Abstecher ins Bielefelder Nachtleben nicht mehr nach Hause zurückgekehrt war.
Die daraufhin durch die Polizei ergriffenen Maßnahmen sind bis heute ohne Ergebnis geblieben.
Hinweise, die Berger mit einer unbekannten Frau auf einer angesagten House–Party gesehen haben wollen, brachten keine neuen Erkenntnisse. Ebenso schließt die Polizei einen Zusammenhang des Verschwindens mit der organisierten Kriminalität aus.
„Wir wissen heute, dass der Vermisste Kontakte zu Leuten aus der Drogenszene besaß. Allerdings beschränkten sich diese Kontakte lediglich auf den Erwerb kleinerer Mengen Kokains für den Eigenbedarf, so dass wir nicht davon ausgehen, dass diese Kontakte etwas mit dem Verschwinden von Herrn Berger zu tun haben. Hinweise auf organisierte Drogenkriminalität, in die die vermisste Person verstrickt sein könnte, liegen uns nicht vor.", erklärte ein Sprecher der Kriminalpolizei dieser Zeitung.
Der Leser findet ein Lichtbild der vermissten Person auf der Homepage www.fw-kripohilfe.de.
Sachdienlich Hinweise nimmt die Polizei weiterhin unter der Rufnummer 0521-278000 entgegen.
Westfalen Anzeiger; Ende Juni 2019
Ursache für Stromausfall in Teilen Münsters und Umgebung geklärt
Katze löste partiellen Blackout aus
Die Ursache für den Stromausfall, der in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch Teile von Münster und Umgebung für gute zwei Stunden in Dunkelheit hüllte, wurde durch den Energiekonzern On-E ermittelt.
Wie die Essener Zentrale in einer kurzen Pressemitteilung bekannt gab, habe eine Katze einen Hochspannungsmast im Großraum Münster erklettert und sei dabei mit der Oberleitung in Kontakt geraten, woraufhin das Tier in einem Feuerball verbrannt sei und dadurch den Stromausfall ausgelöst habe.
Dem Konzern waren deswegen Kosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro entstanden.
Dortmunder Tageblatt; Anfang Juli 2019
Beschädigte Oberleitung sorgt für Verzögerungen auf der Strecke
Münster – Lünen
Zahlreiche Pendler kamen zu spät zur Arbeit
Eine defekte Oberleitung hat am frühen Dienstagmorgen für erhebliche Verzögerungen im Regionalverkehr zwischen Dortmund und Münster gesorgt. Viele Pendler kamen mit teilweise erheblichen Verspätungen zu ihren Arbeitsplätzen.
Wie die DB Netz AG mitteilte, sei in der Nacht von Montag auf Dienstag eine Oberleitung auf der Strecke Münster – Lünen bei Ascheberg gebrochen.
Die Ursache für den glatten Bruch ist noch nicht hundertprozentig geklärt, die DB Net Ag hält Materialermüdung für wahrscheinlich.
Für die frustriert wartenden Berufstätigen wurden Busse organisiert, welche den Regionalverkehr temporär ersetzten.
Am späten Vormittag war der Schaden endlich behoben und der Zugverkehr normalisierte sich allmählich wieder.
Allgemeine Zeitung/Kreis Warendorf; Anfang Juli 2019
Grausiger Fund im Straßengraben
Autofahrer findet an einer Landstraße bei Sassenberg menschliche Gliedmaße
Als Bernard W. am Donnerstagmorgen auf dem Weg zur Arbeit war und am Straßenrand einen PKW mit offener Fahrertür und eingeschalteter Warnblinkanlage ausmachte, hatte er nicht erwartet, einen grausigen Fund zu machen.
Der zweiundfünfzigjährige Elektriker steuerte seinen Wagen auf den Standstreifen, um eventuell Hilfe anbieten zu können.
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