Und auch den Wasserfrauen reichte es. Die Umgebung wurde schon sehr dunkel und auch der Fluss selber fing an, hohe Wellen zu schlagen, um den Störenfried loszuwerden.
Die Flussgeister veränderten ihre schöne Gestalt, die Gesichter wurden immer fischähnlicher, die Flossensäume auf den Rücken der Wesen richteten sich auf und wurden stacheliger, gezackter und sie entblößten scharfe, spitze Zähne und fuhren ebensolche Krallen aus. Sie griffen an.
Shynn sah ziemlich aufgeregt zu, aber er befand sich im Zwiespalt. Einerseits dachte er, dass er froh war, dass er nicht die geballten Emotionen dieser Kreaturen zu spüren kriegte und hier nicht ins Kreuzfeuer geriet. Außerdem hatte er auch irgendwie Mitleid mit dem Ziegenwesen, weil dieses anscheinend nur einem tiefen Instinkt folgte. Andererseits sah er irgendwie auch eine Chance, ein Gespräch anzufangen. Bestenfalls mit beiden Spezies. Denn er könnte von allen Beteiligten Nützliches erfahren. Aber wie?
Die Rage der Nymphen hatte sich schon so gesteigert, dass der Bock nach verzweifelter Gegenwehr die Flucht ergreifen musste. Die Gelegenheit zum Handeln bot sich, als das Gerangel sich fast unter dem Baumgeist verlagerte, unter dessen Blätterdach sich der Dämon versteckte.
Er sprang herunter, mitten zwischen die kämpfende Meute. Seine Aura entlud sich explosionsartig, um die Kontrahenten voneinander zu trennen. „Schluss damit!“, brüllte er.
Beide Seiten schauten recht erstaunt aus der Wäsche, und sahen nun allesamt wie glotzäugige Fische aus. Sie hatten alle miteinander nicht mit einem Dritten gerechnet.
Zu dem Satyr gewandt grollte er mit ernstem Blick: „Was soll das? Ist dir langweilig? So zwischen die zu fahren?“, während er auf die Wasserwesen zeigte.
An die Nymphen gerichtet, mit ebensolcher Miene, sagte er: „Und ihr reißt euch jetzt auch erst einmal zusammen! Ihr versetzt die Gegend in Aufruhr!“
„Der ist doch schuld!“, entgegneten diese.
„Blaaa blaa blaa“, blökte der Bocksbeinige.
„Schnauze halten! Und zwar alle Spezies!“, knurrte Shynn nun ziemlich angefressen. Er wandte sich erneut dem Faun zu: „Was ist dein Problem, Mann?“
„Blöde Frage, ausgerechnet von einem ebenfalls Gehörnten. Ich wollte die Schicksen etwas aufmischen. Das liegt nun mal in meiner Natur! Ist das bei dir nicht genauso? Schließlich bist du doch wie ich?!“
„Mach mal die Augen auf, seh ich wie ein Paarhufer oder ein Wiederkäuer aus?“, wies er auf seine menschenähnlichen Füße hin und bewegte alle zehn Zehen.
„Trotzdem sind welche wie du immer hinter weiblichen Geschöpfen her“, hing sich eine der Flussnymphen rein, die das Schuppenmuster einer Regenbogenforelle aufwies.
„Woran machst du das fest?“, wollte Shynn, die Angesprochene anfunkelnd, wissen.
Stumm zeigte sie auf seine Hörner.
Der Ziegenmann blökte dazu: „Siehste, bist doch wie ich!“, woraufhin Shynn sich an den Kopf griff und sagte: „Bin ich nicht, bin ja keine halbe Ziege.“
„Ziegenbock!“
„Mir doch egal, schmeißt mich nicht mit dem Typen in einen Topf. Ich wollte hier jedenfalls nicht rumwüten oder irgendwem von euch an die Schuppen. Ich steh weder sonderlich auf Fische noch auf Ziegen. Sondern wollte nur was wissen...“
Beide Seiten schauten etwas verdattert über das lose Mundwerk des Fremden und wollten schon losschimpfen, ob er was gegen sie hätte. Eine etwas vernünftigere Wasserfrau hielt inne und kam schließlich auf ihn zu mit der Absicht, ihn sanft an der Schulter zu berühren. Shynn wich von ihr zurück und motzte: „Lass das!“
„Oh, er ziert sich“, lachten andere. Und er schaute sie streng und ziemlich erbost an, sodass sie zurückzuckten.
Er murrte: „Wenn ihr wüsstet, was ich im Leben durch hatte, dann würdet ihr mich besser verstehen, warum ich auf weibliche Wesen nicht gut zu sprechen bin.“
Der Faun wollte die Ablenkung nutzen, um sich nach seinem Auftritt von vorhin auf schleichende Weise aus der Affäre zu ziehen, doch Shynn bemerkte dies, sprang zu ihm hin, um ihn in die Runde zurückzuholen.
Er zischte ihm zu: „Das lässt du erst mal sein und hörst mit zu, vielleicht ist in deinem dicken Schädel auch ein nützlicher Gedanke versteckt. Außerdem ist die Sache zwischen dir und den Fischweibern da noch nicht vom Tisch.“
„Ja, ja. Schon gut, ich bleibe hier“, fügte sich dieser.
„Wie heißt du denn überhaupt?“, fragten die Nymphen, als sie sich langsam wieder beruhigten.
„Shynn. Aber als ich noch ein Mensch war, hieß ich Kai.“
„Und du, Satyr?“, fragten sie, um ihn trotz seines Fehlverhaltens nicht ganz außen vor zu lassen.
„Ossath.“
„Du warst ein Mensch? So siehst du aber gar nicht aus, eher wie ein vollwertiger Dämon, ein mächtiger noch dazu“, richtete eine andere der Wasserfrauen das Wort an Shynn.
„Glaubt mir oder lasst es. Und genau da liegt der Punkt. Ich bin ein Dämon, hab auch die Kräfte von einem, aber statt meiner Erinnerung als solcher, hab ich die Erinnerungen nur von meinem menschlichen Leben. Ich möchte herausfinden, was genau ich bin? Wo meine Erinnerungen sind. Und wo der Teil von mir hin ist, der eigentlich diese Erinnerungen haben müsste“, antwortete dieser.
„Wie war dein Leben als Mensch so?“, bohrte sie weiter.
„Was das Zugehörigkeitsgefühl angeht: Beschissen. Und euer Szenario gerade führte mir wieder vor Augen, was mich daran genervt hatte. Also das hatte ab einem Punkt meines Daseins mit dem weiblichen Geschlecht zu tun. Hört zu, das war so...“
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