Johann Heinrich - Johann Heinrich Pestalozzi; Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts

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Johann Heinrich Pestalozzi; Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts: краткое содержание, описание и аннотация

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Pestalozzi nannte sein kühnes, manchem vielleicht revolutionär erscheinendes Werk die Philosophie seiner Politik. Der Stil Pestalozzis mag manchem Leser am Beginne seltsam erscheinen, man muss sich in ihn hineinlesen wie etwa in den Kant'schen; aber nach kurzer, wenn auch eindringlicher Übung erstehen einem seine Schönheiten. Scheinbar wiederholt sich Pestalozzi sowohl in seinen Analysen wie auch in der Synthese seiner Geschichtstheorie. Dem tiefer eindringenden Leser wird nicht entgehen, dass es sich stets um Erweiterungen handelt, die aber dem flüchtigen Leser als eitle Wiederholungen erscheinen mögen. Das Buch muss bis zur letzten Zeile gelesen werden, wenn man den Sinn der ersten verstehen will. -
Rezession: Ich bin immer wieder begeistert von der «Gelben Buchreihe». Die Bände reißen einen einfach mit. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. oder: Sämtliche von Jürgen Ruszkowski aus Hamburg herausgegebene Bücher sind absolute Highlights. Dieser Band macht da keine Ausnahme. Sehr interessante und abwechslungsreiche Themen aus verschiedenen Zeit-Epochen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt haben! Man kann nur staunen, was der Mann in seinem Ruhestand schon veröffentlicht hat. Alle Achtung!

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Indessen sagen die Erfahrungen aller Zeiten, dass der Mann am Platz jeden Verein zwischen sich und seinen Untergebenen zuerst zu seinen Gunsten motivieren, stilisieren, zu Zeiten auch radieren und variieren lässt und dann noch das wenige, was nach allem diesem dem Untergebenen noch dienen könnte, als der Herrschaft lästige Eingriffe erklärt, die als bloße Gnadensachen gar nicht nach dem Buchstaben, sondern nach dem Befinden der Herrschaft erklärt werden müssen.

Allenthalben wendet der Mensch im Besitz der Macht alles Mögliche an, um ohne wirkliche Anerkennung des gesellschaftlichen Rechts in der bürgerlichen Gesellschaft doch Meister zu sein. Die Ursachen davon liegen so tief in unserer tierischen Natur, dass wir uns darüber gar nicht verwundern sollen.

Alles gesellschaftliche Anrecht ist in seinem Wesen immer eine Folge des freien Spielraums, den meine tierische Natur im gesellschaftlichen Zustand gegen den Zweck der gesellschaftlichen Vereinigung findet. Alle Maßregeln der gesellschaftlichen Ordnung sind daher nichts anderes als gesellschaftliche Einrichtungen diesen Spielraum meiner tierischen Natur zugunsten des gesellschaftlichen Zwecks einzuschränken und der gesellschaftliche Vertrag selber ist nichts anders als der sichere Willen gesellschaftlich vereinter Menschen, der diese Einschränkung zugunsten des gesellschaftlichen Zwecks gebietet. Der Geist dieses Vertrags soll mich sichern, das nicht zu entbehren, was ich vermöge meiner Natur im gesellschaftlichen Zustand immer wollen muss und das nicht zu leiden, was ich in demselben nicht wollen kann.

* * *

Macht

Macht

Die Macht kann dem Vertrauen, das die gutmütige Schwäche meines Geschlechts allenthalben in sie setzt, als Macht nicht entsprechen. Wenn ich in ihrem Besitz Löwenkräfte in meinen Gebeinen fühle, was soll mir das Recht der kleinen Tiere und der kindische Wahn, sie haben mich zum Löwen gemacht? Gehen ihre Scharen zugrunde, ich bin der Löwe, meine Zähne und meine Klauen sind mein. Also denke ich im Besitze der Macht nicht, weil ich ein Narr bin oder ein Sonderling oder ein vorzüglich ungerechter Mann, ich denke also, weil ich den Kopf gern in den Lüften trage und am milden Strahl der Sonne gern der Vergangenheit und der Zukunft vergesse.

Aber muss sich der Mensch der Macht in diesem Sinne unterwerfen, muss er ihre Ansprüche, die einfache Folge ihrer tierischen Begierlichkeit sind, als solche anerkennen?

Er tut es.

Soweit die Erde rechtlos ist, hat sie auch den Begriff und die Vorstellung von ihrem Recht verloren.

Der Mensch steht in dieser Lage vor dem Bild seines eigenen Rechts wie ein Verschnittener vor dem Bild der Göttin, die er bedient, er hat sie gesehen, denkt an sich selber, schüttelt den Kopf und geht von ihr weg, zu seinem Reistopf. Aber ist eine solche Unterwerfung unter den Tier-Sinn der Macht Pflicht der Menschen? Als man Jesum Christum dieses fragte, nahm er einen Pfennig und sagte: Wes ist das Bild und die Überschrift? Sollte er mit diesen Worten mehr gesagt haben, als, der Mensch müsse sich vermöge seiner Natur notwendig dem unterwerfen, der Gewalt über ihn hat; sollte er damit mehr gesagt haben, als die Pflicht der Menschen in dieser Lage sei seine Not und was Gott und ihr gutes Herz weiter aus dieser Not heraus zu bringen vermögen?

Einmal eine gesellschaftliche Pflicht, das ist, eine Folge des gesellschaftlichen Rechts, kann eine solche Unterwerfung nicht sein. Der Mensch tut in der bürgerlichen Gesellschaft nicht einseitig auf sein Naturrecht Verzicht; die Macht tut es wie der Mensch; wann nun diese ihr Wort bricht und ihrerseits das bluttriefende Recht der Naturverwilderung aufstellt, so tritt sie mit diesem so Schritt unwidersprechlich in den Naturstand und probiert ihre Tierkraft außer allen Schranken des Rechts; was soll dann das Volk, was ist sein unwillkürliches allgemeines Wollen in dieser Lage? Im Innersten seines Gefühls ist sein Vertrag mit der Macht gebrochen, woher soll ihm jetzt das bindende Gefühl seiner Pflicht kommen? Durch was für Mittel muss es in seine Seele hineingebracht werden, die Macht habe nicht bloß Gewalt, sondern auch ein Recht gegen das allgemeine unwillkürliche Naturwollen des Volks? Entweder schüttelt das Volk beim Fühlen des allgemeinen Anrechts wie der Verschnittene den Kopf oder es erwachen in ihm die lebhaften Gefühle der Selbsterhaltung.

Ein dritter Fall ist möglich: Ein Mensch, aber nicht ein Volk, höher als sein Geschlecht, entweicht dem Anrecht einer solchen gesellschaftlichen Zerrüttung und stirbt in lauter Verehrung von Pflichten, die höher sind als die gesellschaftlichen, ihnen zum Zeugnis einen Tod, der wenigen Sterblichen zu sterben vergönnt ist. Aber die gesellschaftliche Menschheit ist auf der ganzen Erde fern von dieser Höhe und das gesellschaftliche Recht nimmt von ihr keine Kunde. Das menschliche Geschlecht teilt sich beim Leiden des äußersten Unrechts nur in zwei Teile, entweder greift es nach seinen Erdäpfeln oder nach seiner Keule.

Das ist nicht meine, das ist die Meinung meiner Natur, deren hohen ewigen Gang die Meinungen der Zeit weder viel fördern noch viel hindern.

Möge deine Gesetzgebung noch so eine trefflich geweißte Wand sein, möge der Tier-Sinn der Macht sich hinter ihrem Blendwerk auch noch so menschlich gebärden, ewig unterwirft sich der Mensch mit wahrem, freiem Willen nie einer Ordnung, die irgendjemand das Recht gibt ihm in den Verirrungen seines Tier-Sinns die Haut über die Ohren herabzuziehen. Das Verhältnis der Menschen im Staat gegen einander ist ein bloß tierisches Verhältnis. Der Mensch als Geschlecht, als Volk unterwirft sich dem Staat gar nicht als ein sittliches Wesen; er tritt nichts weniger als deswegen in die bürgerliche Gesellschaft, damit er Gott diene und seinen Nächsten lieben könne. Er tritt in die bürgerliche Gesellschaft seines Lebens froh zu werden und alles das zu genießen, was er als ein sinnliches, tierisches Wesen unumgänglich genießen muss um seine Tage froh und befriedigt auf dieser Erde zu durchleben.

Das gesellschaftliche Recht ist daher ganz und gar kein sittliches Recht, sondern eine bloße Modifikation des tierischen.

Inzwischen liegt der Macht freilich alles daran, dass ich ein sittlicher Mensch sei und sie nie in den Fall komme, dass mein Tier-Sinn sich an dem ihrigen reibe. Sie leitet es deswegen auf der ganzen Erde dahin dem Menschengeschlecht das Verhältnis zwischen ihr und dem Volk und zwar einseitig als ein sittliches Verhältnis in die Augen fallen zu machen. Aber die Neigung der Macht sich für ein sittliches Verhältnis auszugeben ändert die wahre Lage ihres Verhältnisses gegen das Volk nicht und wann das Personale der Macht diese Neigung, von innerer Unsittlichkeit gereizt, nur für eigenen Vorteil nähret und sie nur zum Deckmantel ihrer bürgerlichen Gesetzlosigkeit und ihres gesellschaftlichen Unrechts braucht, so tut sie hierin nichts anders als was der Wolf und der Fuchs, wenn sie könnten, auch tun würden um das Schaf und die Henne zu einem unbedingten Zutrauen zu bewegen. Indessen tut die Henne wohl, wenn sie des Nachts auf den Bäumen schläft und das Schaf, wenn es trotz allem, was der Wolf sagt, sich an den Hirten hält.

Wahr ist indessen doch auch, wenn die Macht durch persönlichen Edelmut freiwillig oder durch die Weisheit der Gesetze gezwungen in den Schranken einer gesetzlichen Rechtlichkeit feststeht, so ist ihre desfallsige Meinung, wenn sie sich schon auf Irrtum gründet, in diesem Fall dem Staat oft ganz unschädlich, sie kann ihm unter gewissen Umständen sogar vorteilhaft sein. Wenn sie aber, aus welchen Ursachen es auch immer sein mag, dahin versunken ist Volksdummheit und Volkssittlichkeit in ihren Begriffen miteinander zu verwechseln und beide als Polster ihrer tierischen Behaglichkeit und als Mittel anzusehen sich selbst im Besitz jedes gesellschaftlichen Unrechts soweit zu sichern, dass sie weder durch die Kraft der Gesetze noch durch diejenige des Volks im Genuss derselben beeinträchtigt werden, sondern in Sardanapalischer Sorglosigkeit jede noch so unrechtmäßige Handlungsweise ohne irgend eine Art von ihrer Sinnlichkeit unangenehmen Folgen zu gefahren, forthin als rechtmäßig oder wenigstens als sicher behaupten kann. In diesem Fall ist dann aber freilich die sinnliche Neigung der Macht ihr Verhältnis zum Volk diesem als ein sittliches Verhältnis in die Augen fallen zu machen, durchaus nichts anders als ein Ausdruck der Selbstsucht ihres eigenen inneren Verderbens.

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