1840 verfasste Kugler seine Geschichte Friedrichs des Großen mit einer ausführlichen, einfühlsamen Darstellung der Brechung der Persönlichkeit Friedrich II. durch seinen Vater Friedrich Wilhelm I., die dessen Persönlichkeit verständlich machen soll. Dieses Werk war ein großer Erfolg, zu dem auch die Buchillustrationen durch seinen damals noch unbekannten Freund, den Maler Adolph Menzel, beigetragen haben dürften.
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König Friedrich II. von Preußen
König Friedrich II. von Preußen
ttps://www.projekt-gutenberg.org/kugler/fritz2/fritz2.html
(Siehe auch die Bände 139und 148dieser gelben Buchreihe)
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Erstes Kapitel – Geburt und Taufe
Erstes Kapitel – Geburt und Taufe
Friedrich, den seine Zeitgenossen den Großen genannt haben und den die Nachwelt ebenso nennt, wurde am 24. Januar 1712 im königlichen Schlosse zu Berlin geboren. Mit großer Freude wurde seine Erscheinung begrüßt, denn die Hoffnungen der königlichen Familie beruhten auf ihm.
König Friedrich I.
Noch saß der Großvater des Neugeborenen, König Friedrich I., auf dem preußischen Throne; aber er hatte nur einen Sohn, Friedrich Wilhelm, und diesem waren bereits zwei Söhne bald nach ihrer Geburt gestorben; blieb Friedrich Wilhelm ohne männliche Nachkommen, so musste die Krone auf eine Seitenlinie des königlichen Hauses übergehen. Es wird erzählt, die frohe Nachricht sei dem Könige gerade zur Mittagsstunde, eben als die Zeremonien der Tafel beginnen sollten, überbracht worden; augenblicklich habe er die Tafel verlassen, der hohen Wöchnerin in eigener Person seine Freude zu bezeugen und den einstigen Erben seiner Krone zu begrüßen. Alsbald erhielten die Einwohner der Residenz durch das Läuten aller Glocken und durch den Donner des sämtlichen Geschützes, welches auf den Wällen stand, Kunde von dem segensreichen Ereignis. Mannichfache Gnadenbezeugungen und Beförderungen treuer Diener des Staates, die Speisung aller Armen in den Armenhäusern der Stadt erhöhten die Feier des Tages.
Friedrich Wilhelm I. hatte seine Staaten als Erbe seines Vaters, des großen Kurfürsten von Brandenburg, Friedrich Wilhelm, empfangen.
Der große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg – 620 – 1688
Der große Kurfürst war der Erste, aber auch der Einzige gewesen, der, nach den Gräueln des dreißigjährigen Krieges und gegen die verderbliche Übermacht Frankreichs, den deutschen Namen mit Würde zu vertreten wusste. Er hatte sein fast vernichtetes Land zu einer achtunggebietenden Macht erhoben. Er hatte so glücklich gekämpft und so weise regiert, dass die Eifersucht des österreichischen Kaiserhofes rege ward; mit Verdruss bemerkte man in Wien, dass an den Ufern des baltischen Meeres, wo vor Zeiten das Volk der Vandalen gehaust, sich ein besonderes „Vandalen-Königreich“ emporzutun beginne; denn der kaiserlichen Majestät, die nach unabhängiger Herrschaft über Deutschland streben mochte, schien es wenig Vorteilhaft, in den Händen untergeordneter Reichsfürsten eine bedeutsamere Macht zu erblicken.
Friedrich I. hatte den Taten seines großen Vaters eine neue hinzugefügt, die, oft als kleinlich gescholten, von den großartigsten Folgen war und die auch an sich von eigentümlichem politischem Scharfblicke zeugt.
Ostpreußen
Er hatte sein nicht zum deutschen Reichsverbande gehöriges Herzogtum Preußen – das heutige Ostpreußen, denn Westpreußen war den früheren Besitzern des Landes durch die Polen entrissen – zum Königreiche erhoben und sich zu Königsberg am 18. Januar 1701 die königliche Krone aufgesetzt. Langjähriger Widerspruch, besonders von Seiten des österreichischen Hofes, war zu beseitigen gewesen, ehe Friedrich I. sich zu diesem Schritt entschließen durfte; aber mit standhafter Beharrlichkeit hatte er seinen Plan verfolgt, bis die politischen Verhältnisse sich der Ausführung günstig erwiesen. Wie wichtig dieser Schritt war, bezeugt ein ahnungsvolles Wort des Prinzen Eugen von Savoyen, des größten Feldherrn und Staatsmannes, den Österreich zu jener Zeit besaß; nach seiner Ansicht hatten die Minister, welche dem Kaiser zur Anerkennung der preußischen Krone geraten, Todesstrafe verdient.
Prinz Eugen von Savoyen
Denn allerdings war der königliche Name kein leerer Titel und der königliche Hofhalt kein leerer Prunk; beides setzte – und namentlich in einer Zeit, die alles nach dem Richtmaß der Etikette abschätzte – den Kurfürsten von Brandenburg in eine Stellung zum deutschen Reichsverbande, die auf ein Streben nach Unabhängigkeit von dessen schon morsch gewordenen Gesetzen hindeutete: Eine weitere Entwickelung des brandenburgisch-preußischen Staates musste dies Streben zur Tat hinausführen.
Doch war es dem ersten Könige dieses Staates nicht verliehen, sein Werk in solcher Weise zu vollenden; äußere Verhältnisse, innere Kraft und geistige Überlegenheit mussten zusammenkommen, um so Großes vollbringen zu können. Friedrich I. begnügte sich, seine Krone mit demjenigen Glanze zu schmücken, der zur Behauptung ihrer Würde unerlässlich schien und es in der Tat für jene Zeit war. Er umgab sich mit einem prunkvollen Zeremoniell und vollzog die anstrengenden Satzungen desselben, gleich einer Pflicht, mit strenger Ausdauer. Er feierte die denkwürdigen Ereignisse seiner Regierung mit einer ausgesuchten Pracht, welche das Ausland staunen machte und sein Volk mit demütiger Bewunderung erfüllte. Zugleich aber war er milden Sinnes und von seinen Untertanen in Wahrheit geliebt. Auch wusste er dem äußerlichen Schaugepränge durch reiche Begünstigung der Kunst und Wissenschaft eine innere Würde zu geben. Großartige Werke der Kunst entstanden auf sein Gebot; Andreas Schlüter (1634 – 1714), der unter ihm eine Reihe von Jahren in Berlin arbeitete, ist ein Meister der Bildhauerei und Baukunst, wie die Welt lange vor und lange nach ihm keinen zweiten gesehen hat.
Das von Andreas Schlüter erbaute Berliner Schloss
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