Rita M.Arane - Fake Face

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Eine Frau. Zwei Männer und das Gefühl nicht in diese Welt zu passen. Sie selbst weiß, dass sie anders ist als andere. Sie flieht vor ihren Leben. Vor sich selbst. Doch dann treten sie in ihr Leben und es ist dann nicht mehr so einfach, alles hinter sich zu lassen.
Ein packender Roman über Liebe, Vertrauen und den Mut zu sich zu stehen.

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Feuerwehrleute und Polizisten liefen umher. Die Feuerwehr war von der vor Kurzem erst neu installierten Brandmeldeanlage informiert worden. So konnte das Feuer glücklicherweise nicht auf die Ställe mit den Pferden übergreifen und Schlimmeres verhindert werden.

„Brandstiftung“, sagte Jack, als er regungslos vor der Absperrung der Polizei stand. „Der Kriminaltechniker ist sich da zu 100 Prozent sicher“, fuhr er wie geistesabwesend fort. „Sie haben in der Ecke vor der Scheune einen Haufen Geäst und Heu gefunden. Das war vorher nicht da. Irgendjemand muss es dahingeschleppt und angezündet haben.“

Mr. Fireman stand erschüttert neben ihm. Er legte betroffen seine Hand auf Jacks Schulter. Andere Farmbesitzer aus der Umgebung standen ebenfalls bei ihm. Mr. Fireman schüttelte den Kopf. „Wer macht so etwas?“

„Gott sei Dank ist es nur bei der Scheune geblieben“, sagte einer der Farmer. „Hoffentlich finden sie den oder die Täter bald“, sagte ein anderer. „Einem wird ja ganz anders, wenn man weiß, dass hier ein Brandstifter sein Unwesen treibt“, sagte ein weiterer.

Elena drängelte sich an den Männern vorbei bis zu Jack.

„Gott sei Dank, Ihnen ist nichts geschehen“, sagte sie erleichtert, als sie endlich zu Jack vorgedrungen war.

„Elena?“, rief er überrascht. „Was machen Sie denn hier?“

„Ich wollte wissen, ob …“ Er packte sie vorsichtig am Arm und schleuste sie zurück zur Einfahrt.

„Sie sollten nicht hier sein. Fahren Sie lieber wieder zurück.“ Elena räusperte sich. Der Rauch kratzte in ihrem Hals.

„Ich wollte …“, stammelte sie besorgt. Jack versuchte sie zu beruhigen.

„Die Polizei ist da, und auch die Feuerwehr. Es ist niemand zu Schaden gekommen. Machen Sie sich keine Sorgen. Fahren Sie zurück.“

„Aber ich …“ In diesem Moment rief einer der Polizisten nach Jack. Der Polizist hielt eine kleine Plastiktüte in der Hand. Die Art Tüten, die bei der Beweissicherung verwendet wurden. Darin konnte Elena ein blaurotes „Stäbchen“ erkennen.

Jack blickte zu dem Polizisten, dann zu Elena.

„Fahren Sie, fahren Sie!“, rief er ihr zu, bevor er schnell zu dem Polizisten eilte.

STEVE 3

„Steh auf, verdammte Scheiße!“, rief Mr. Spike, als er am nächsten Morgen neben Steve stand. „Hast du wieder gesoffen? Steh auf!“, rief er erneut und stieß ihm mit seinem Schuh gegen einen seiner Füße. Steve lag auf dem staubigen Boden auf seiner Matratze in seinem Zimmer. Ein Bett hatte er nicht. Er bewohnte dieses Zimmer, seit er aus dem Knast gekommen war und bei Mr. Spike arbeitete. Das Zimmer lag hinten auf der Farm und hatte einen separaten Eingang. Steve öffnete langsam seine Augen. Die Sonnenstrahlen, die durch die verdreckten Scheiben des zu klein geratenem Fenster direkt in sein Gesicht strahlten, schmerzten in den Augen. Er legte die Hände schützend vor sein Gesicht und drehte sich auf die andere Seite. Allmählich bemerkte er, dass sein Kopf dröhnte. Langsam kamen auch bruchstückhaft die Erinnerungen aus der letzten Nacht in sein Hirn. Das Bier, die Scheune, das Feuer …

„Wird‘s bald!“ Langsam richtete sich Steve auf. In diesem Moment bemerkte er, dass er es nicht einmal geschafft hatte, sich umzuziehen. Immer noch trug er die Klamotten von letzter Nacht.

„Und wie sieht es hier eigentlich aus!“ Angewidert schob Mr. Spike einige Pornozeitschriften und leere

Fast-Food-Verpackungen zur Seite. Eigentlich vermied er es, in Steves Zimmer zu gehen. Heute war eine Ausnahme. Mr. Spike deutete in eine Ecke in Richtung Steves altem Kleiderschrank. „Was soll das denn sein? Das ist echt krank! Das kommt alles in den Müll. Hast du kapiert? Und dieser Gestank! Ekelhaft! Das ist ja schlimmer als die Scheiße unserer Ochsen!“ Er ging zum Fenster und öffnete es sperrangelweit.

„Ich warte draußen, das ist hier ja kaum auszuhalten“, schimpfte er weiter und legte schützend seinen Handrücken auf die Nase. „Du bist in 5 Minuten fertig. Ist das klar?“ Im Halbschlaf antwortete Steve: „Ja, in 5 Minuten, ist klar, Mr. Spike.“

Nachdem Mr. Spike das Zimmer verlassen hatte, stand Steve auf und ging zu seinem Kleiderschrank. An dessen Tür hingen an einem Kleiderbügel alte Barbiepuppen. Darauf hatte Mr. Spike gezeigt und es als krank bezeichnet, bevor er gegangen war. Die alten Barbiepuppen hatte Steve irgendwann am Straßenrand gefunden und einfach mitgehen lassen. Nun hingen sie mit ihren Haaren an einem Bügel herunter. Die paar Kleidungsstücke, die sie trugen, hatte er entfernt und ihre Körper hier und dort abgeflämmt. Durch die Hitze der Flammen hatten sich die zuvor makellosen, hübschen Gesichter zu abstoßenden, angsteinflößenden Fratzen zusammengezogen. Teile der einst blonden Haare baumelten wie schwarze Klumpen vor ihren entstellten Gesichtern. An manchen Stellen waren sie von ihm mit einem roten, wasserunlöslichen Stift bemalt worden. Es sah aus, als würde Blut an ihnen kleben. Zwei der Puppen hatte er jeweils ein Bein abgerissen.

Warum er das tat?

Er wusste es nicht.

Ihm war danach.

Krank … Ja, so hätten die im Heim das wohl auch bezeichnet.

Er war ins Heim gekommen, als er knapp 5 Jahre alt gewesen war. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder. Seine alleinerziehende Mutter hatte die seltsame Angewohnheit, die Kinder in den Backofen zu stecken, wenn sie unartig waren. Steve war mit fast fünf Jahren noch recht klein für sein Alter gewesen und der Backofen hatte mit seinen typischen amerikanischen XL Abmessungen genau die ´richtige´ Größe für die Quälereien seiner Mutter.

UNARTIG bedeutete in diesem Fall auch, wenn sie nicht schnell genug reagierten. Wenn sie nicht schnell genug etwas aus dem Keller holten, oder wenn sie beim Spielen nicht schnell genug still wurden, wenn ihre Mutter sie dazu aufforderte.

Dabei beließ sie es nicht nur bei den Worten: „Ich grille dich gleich wie ein totes Hühnchen!“

… nein …

Sie schaltete wirklich den Backofen an. Erst niedrige Temperaturen, und dann immer höher. Dabei hielt sie die Ofentür zu, damit er oder sein Bruder nicht entwischen konnten.

Nachts, wenn er schlief, hörte er noch immer die panischen Schreie seines Bruders und das dumpfe, angsterfüllte Schlagen seiner kleinen Kinderhände gegen die Ofentür, wenn seine Mutter ihn wieder einmal in den Ofen gesteckt hatte.

Einmal war sie so besoffen gewesen, dass sie es zu weit getrieben hatte. Steve hatte nicht schnell genug reagiert, eine volle Vodkaflasche aus der Küche zu holen …

Da packte sie ihn und steckte ihn in den Ofen.

Er bettelte.

Er schrie.

Aber sie machte die verdammte Ofentür einfach nicht auf. Er glaubte sogar, seine Mutter lachen zu hören. Im Ofen wurde es heißer und heißer. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob er damals ohnmächtig geworden war. Er wusste nur noch, dass er danach im Krankenhaus gewesen war. Er hatte sich so stark an den Eisenstäben verbrannt, dass er ärztlich versorgt werden musste. Die behandelnden Ärzte im Krankenhaus hatten sofort das Jugendamt angerufen. Danach hatte er seine Mutter nicht mehr gesehen. Auf eines der Brandmale hatte er sich eine Kobra und einen Anker tätowieren lassen.

Im Kinderheim hätte alles besser werden können.

Aber das tat es nicht.

Die älteren Kinder hatten Spaß daran, die jüngeren Kinder zu schikanieren und zu quälen. Wenn sie das taten, hatten sie immerzu gesagt: „Das hast du nicht anders verdient. Du bist selbst schuld, weil du so dumm bist!“ Die ganz Jungen waren für ihre sexuellen Experimente benutzt worden. Zu petzen hatte sich niemand getraut. Sie hatten damit gedroht, diejenigen aufzuhängen, die das taten. Steves Bruder war glücklicherweise recht schnell adoptiert worden. Vielleicht, weil er noch so jung gewesen war. Steve jedoch musste dortbleiben, bis er 16 Jahre alt war. Zwischendurch war er immer wieder ausgerissen, aber sie hatten ihn immer wieder geschnappt und ins Heim zurückgebracht.

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