Rita M.Arane - Fake Face

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Eine Frau. Zwei Männer und das Gefühl nicht in diese Welt zu passen. Sie selbst weiß, dass sie anders ist als andere. Sie flieht vor ihren Leben. Vor sich selbst. Doch dann treten sie in ihr Leben und es ist dann nicht mehr so einfach, alles hinter sich zu lassen.
Ein packender Roman über Liebe, Vertrauen und den Mut zu sich zu stehen.

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„Ich nehme an, im Büro“, antwortete Elena. Ohne ein Wort wandte er sich ab und ging in Richtung des Büros. Steve grinste Elena an, so wie er es immer tat, wenn er sie sah. Fast schüchtern hob er seine Hand, um sie zu grüßen. Seine blonden Locken hingen ihm wirr ins Gesicht. Irgendwie wollten die feinen Züge seines Gesichts nicht zu seiner bulligen Statur passen. Elena war sicher, dass ihn andere Frauen als attraktiv bezeichnen würden. Obwohl Mr. Spike diese abweisende und auch ruppige Art an sich hatte, war es Steve, an dem Elena sich viel mehr störte. Immer, wenn er versuchte, sie in einen Smalltalk zu verwickeln, hatte sie das obskure Gefühl, etwas Falsches zu tun, wenn sie mit ihm redete. Außerdem verspürte sie eine Art Fluchtreflex, wenn er auftauchte. Dementsprechend schnell verschwand sie im Inneren des Ladens, bevor er wieder ein holpriges Smalltalk-Gespräch beginnen konnte.

Gedankenversunken schweifte Elenas Blick zur Kasse. Es war bereits spät am Nachmittag. Sie wusste, dass auch diesmal am Abend die Kasse gut gefüllt sein würde. Bei der Kasse handelte es sich lediglich um eine einfache grüne, metallische Geldkassette. Keine feste Anlage. Ein einfacher, kleiner Schlüssel hing vorne am Schloss. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Geldkassette oder das Geld darin einfach mitgehen zu lassen … dachte sie.

STEVE

Als Elena die Ladentür abschloss, war Mrs. Fireman immer noch nicht zurück. Mr. Fireman hatte bereits nach ihr gefragt. Außerdem hatte er Elena mitgeteilt, dass sie morgen Früh zu Mr. Spikes Farm fahren soll, da er wieder Mais bestellt hatte. „Zu Mr. Spike?“, hackte sie noch mal nach. Sie wollte nicht dorthin. Sie wollte nicht schon wieder diesem Steve begegnen. Aber welchen einen Grund hätte sie denn angeben sollen? Sie konnte Mr. Fireman schließlich nicht sagen, dass sie Steve irgendwie seltsam fand und dass sie sich in seiner Nähe nicht wohlfühlte. Oder? Sie wusste ja selbst nicht, woran das lag. Da war nur dieses seltsame Gefühl in ihr, immer wenn sie ihn sah oder wenn er mit ihr sprach. Ihre Mutter würde jetzt sagen: „Stell dich nicht so an, Kind“ oder „Das bildest du dir alles nur ein, Kind“. Wie oft hatte sie diese Art von Bemerkungen in ihrem Leben schon gehört. Aber es half nichts.

Mit Reiß dich endlich zusammen, Elena!, versuchte sie schließlich selbst dieses obskure Gefühl in ihr zu ersticken.

Am nächsten Morgen war Elena schon früh unterwegs. Mr. Spike wartete meistens schon am Tor, um sie mit der Lieferung an eine für die Entladung geeignete Stelle zu lotsen.

Doch heute war er nicht da. Elena stieg aus und blickte um sich. Spikes Mitarbeiter machten wie gewöhnlich ihre Arbeit. Niemand beachtete sie. Plötzlich sah sie, dass Steve am Fenster in Spikes Büro stand und sie zu sich winkte. Elena holte schnell die Lieferscheine und ging zu ihm rüber.

„Wo ist Mr. Spike?“, fragte Elena, als sie in der Tür von Mr. Spikes Büro stand. Steve saß allein an Mr. Spikes Schreibtisch und zuckte mit den Schultern.

„Jetzt musst du wohl mit mir vorliebnehmen“, sagte er grinsend. Elena lächelte verkrampft. Steve hob seine Hand und deutete mit den Fingern auf die Papiere, die Elena noch in ihrer Hand hielt. Sie trat näher zu ihm heran und übergab ihm die Lieferscheine. Rasch ging sie wieder einige Schritte zurück. „Und wie geht es dir?“, fragte er, während er auffällig langsam einen Stift aus der Schublade holte.

Mist, ein Stift … Denk nächstes Mal an einen Stift, Elena!

„Gut“, antwortete sie kurz angebunden. Ungeduldig starrte sie auf seine Hand, als er endlich den Kugelschreiber für eine Unterschrift an der vorgesehenen Stelle ansetzte. In diesem Moment fiel ihr auf, dass er nie nach ihren Namen gefragt hatte. Dann schaute er wieder auf, ohne unterschrieben zu haben. „Sag mal, die Erntezeit ist doch bald vorbei?“ Elena holte tief Luft, als wäre sie kurz davor, in eiskaltes Salzwasser einzutauchen. Dieser Raum erschien ihr auf einmal so klein. Wieder richtete er seinen Blick auf den Lieferschein. Jetzt unterschrieb er. Langsam atmete Elena wieder aus. Mit den Unterlagen in der Hand kam er auf sie zu. Den Kugelschreiber steckte er in seine Hosentasche.

„Wir könnten uns doch mal treffen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, kam er ganz nah an sie heran. Er lehnte seinen Arm gegen die Wand direkt hinter ihr. Elena hatte nicht bemerkt, dass sie mit dem Rücken an der Wand neben der offenen Tür stand. Instinktiv hatten ihre Beine sie zum Ausgang gelotst.

Er roch stark nach Nikotin. Der Ärmel seines karierten Hemdes glitt ein Stück an seinem Arm herunter. Ein Teil eines Tattoos an seinem Unterarm blitzte hervor. Elena konnte nicht ganz genau erkennen, was es war. Es sah aus wie ein Anker, der von irgendetwas Schwarzem umschlungen war …

… ein Seil? … nein …

ein Schwanz einer …

… einer Schlange, glaubte sie. Wieso hatte sie dieses Tattoo nicht schon vorher bemerkt?

„Was meinst du, nur wir beide?“ Er sah sie direkt an. „Etwas essen gehen oder ins Kino?“, säuselte er. Elena hatte das Gefühl, plötzlich keine Luft mehr zu bekommen. Es war, als ob ihr etwas ihren Hals zuschnürte.

„Ähm, ich …“, presste sie hervor.

„Komm schon … Wir werden garantiert viel Spaß miteinander haben“, sagte er und grinste anzüglich. Dann strich er mit zwei Fingern über eine ihrer Haarsträhnen auf ihrer Schulter.

„Ist hier alles okay?“ Jack stand plötzlich in der Tür. Steve sprang augenblicklich einen Schritt zurück. Jack schaute in

Elenas kreidebleiches Gesicht, während sie instinktiv schnell neben ihn trat.

„Ja … klar, Mr. O‘Neil“, stotterte Steve. „Es ist alles … ok, Mr. O‘Neil. Ehrlich. Alles ok.“ Jack trat nah an ihn heran. Steves bullige Statur zog sich zusammen, wie ein Ballon, aus dem die Luft langsam entwich. Jack fixierte ihn mit bösem Blick.

„Ich hoffe für dich, Steve, dass das auch so bleibt! Haben wir uns verstanden?“ Steve nickte wie ein kleiner Schuljunge. Elena war mittlerweile nach draußen verschwunden. Sie füllte ihre Lungen mit Sauerstoff.

„Ist wirklich alles in Ordnung, Elena?“, fragte Jack, als er wieder aus dem Büro trat.

Elena nickte.

„Es ist besser, wenn Sie fern von ihm bleiben. Bis vor Kurzem saß er noch im Knast, wegen Vergewaltigung.“

Elenas Atem stockte.

Was?

Was hat Jack da gerade gesagt?

„Im Knast … wegen Vergewaltigung?“, wiederholte sie, während sie sich mühsam dazu zwang, ruhig zu atmen.

„Ja, er saß 3 Jahre. Er ist etwa vor 4 Monaten entlassen worden. Er hatte das Mädchen ziemlich schlimm zugerichtet.“

Hatte ich deshalb immer dieses seltsame Gefühl, sobald ich in seiner Nähe war? Dieses unerklärliche Gefühl, flüchten zu müssen?

„Es ist mir wirklich ein Rätsel, warum der alte Spike so einen wie ihn bei sich arbeiten lässt. Wo ist er eigentlich?“, hörte sie Jack hinter sich sagen, der sich suchend umsah.

„Ich muss dringend mit ihm sprechen.“

Wie Dutzende unkontrollierbare Ping-Pong-Bälle rasten die Gedanken durch Elenas Schädel. Elena war so in Gedanken versunken, dass sie gar nicht auf die Idee kam, Jack zu fragen, was er eigentlich auf der Farm hier zu suchen hatte. Besorgt schaute Jack wieder zu ihr rüber.

„Ist wirklich alles in Ordnung? Hat er Sie belästigt? Soll ich die Polizei rufen?“

„Nein, nein … Er hat mir nichts getan.“

Jack musterte sie weiterhin skeptisch, und Elena war froh, dass er in diesem Augenblick bei ihr war.

STEVE 2

„Ja, Mr. O‘Neil … na klar, Mr.O‘Neil … sicher, Mr. O‘Neil“, schrie Steve aus sich heraus, als er am Feldrand alleine mitten in der Nacht im Scheinwerferlicht seines blutroten Wagens stand und leere Bierflaschen in den Acker warf. Wie lange er schon hier draußen war, wusste er nicht. Die Wirkung des Alkohols hatte bereits eingesetzt, und sein Hirn fühlte sich zunehmend benebelt an.

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