Sie kennen wahrscheinlich die Geschichte „Das Frühstücksei“ von Loriot? Das Hickhack um das viereinhalb Minuten Ei endet mit seinem Satz: „Ich bring Sie um, morgen bringe ich sie um.“ Damit es nicht soweit kommt, ist es gut, sich seiner Gefühle und Bedürfnisse rechtzeitig bewusst zu werden.
Schauen wir uns an, wozu unsere Emotionen gut sind: Emotionen sind Handlungsimpulse. Sie sind ein wichtiger Antriebsmotor. Sie sind der Motor für unser Leben. Sie bringen uns in Bewegung und setzen Impulse.
Je stärker die Emotion, umso stärker ist der Impuls. Bei Angst zum Beispiel kann es der Impuls zum Totstellen oder zur Flucht sein. Werfen wir dazu einmal einen kleinen Blick hinter die Kulissen, in unsere Schaltzentrale,– unser Gehirn:
Der Teil unseres Gehirns, der für die Gefühle zuständig ist und der Teil, der für unser rationales Denken verantwortlich ist, sind durch viele Nervenbahnen eng verbunden. Dies bewirkt, dass unsere Gefühle einen starken Einfluss auf unser Handeln und Denken haben. Ob wir das wollen oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Und das sogar, wenn unsere Gefühle von uns gar nicht bewusst wahrgenommen werden. Das bedeutet, wenn der Reiz zu klein ist, also unter unserer Wahrnehmungsschwelle liegt.
Was passiert in unserem Körper bei Zorn und Wut? Bei Zorn strömt Blut in die Hände. Dies erleichtert uns, eine Waffe zu greifen oder zuzupacken. Der Puls nimmt zu und die Hormone verpassen uns einen wahren Energieschub.
Bei Angst und Furcht dagegen fließt Blut in unsere Skelettmuskeln. Dies ermöglicht uns eine kraftvolle Flucht. Dies passiert alles automatisch und sichert unser Leben.
| Unsere Gefühle sind überlebenswichtig |
Stellen Sie sich vor, ein Jäger ist gerade auf der Jagd nach einem Gnu. Plötzlich steht ein Löwe, der auch schon ein Auge auf das Gnu geworfen hat, hinter ihm. In Sekundenbruchteilen wird, ausgelöst durch die Angst, Blut in die Skelettmuskeln gepumpt und die Flucht kann beginnen. Diese Reaktionen haben der Menschheit das Überleben gesichert. Sie laufen in Sekundenbruchteilen ab und wir können sie nicht stoppen. Unsere Gefühle sind überlebenswichtig. |
Wie sollen wir nun mit unseren Emotionen umgehen? Im Umgang mit Gefühlen beobachten wir häufig zwei extreme Reaktionen. Entweder werden die Gefühle unterdrückt, da sie stören oder sie werden ungezügelt ausgelebt. Vermeiden und unterdrücken wir unsere Emotionen, brechen sie an scheinbar nebensächlicher Stelle aus, wie ein Vulkan. Sie zeigen sich dann in sarkastischen und ironischen Bemerkungen. Oder sie stauen sich auf und zeigen sich in Du- Botschaften, Verallgemeinerungen und Beleidigungen. Die Emotionen machen uns so zu ihrem Spielball. Das führt dann zu Verletzungen, Kränkungen und Aggressionen beim Partner – und oftmals haben wir nach solchen Bemerkung Schuldgefühle und Gewissensbisse. Beide Extreme sind daher problematisch. Was ist also hilfreich?
Wie meistens liegt die Lösung irgendwo dazwischen und besteht aus drei Teilen:
a) Wahrnehmen
b) Kontrolle, Steuerung und Verantwortung
c) Aussprechen
Wie bereits erwähnt, reagieren wir auch, wenn wir die Gefühle nicht bewusst wahrgenommen haben. Das bedeutet, dass wir sogar reagieren, wenn der Reiz unter unserer Wahrnehmungsschwelle liegt.
Das heißt, das wichtigste ist, dass wir unsere Gefühle wahrnehmen und vor allem ernst nehmen. Dazu muss man sie aber erst einmal spüren. Gerade für Männer ist das nicht so einfach. Sie sind es nicht gewohnt. Liebe Männer, nicht nur, wenn der geliebte Fußballclub den Aufstieg in die nächste Liga nicht geschafft hat, kann (Mann) man Gefühle wahrnehmen.
Es gilt vor allem auch die kleinen und zaghaften Gefühle wahrzunehmen, bevor sie an Fahrt zunehmen. Erst wenn wir unsere Gefühle bemerken, können wir sie nutzen.
Angenommen, Sie haben gerade ein unangenehmes Telefonat geführt. Viele reagieren dann anschließend leicht gereizt auf alle möglichen Situationen und auch auf den Partner. Kennen Sie das?
Es kann sein, dass Ihnen Ihre Gereiztheit gar nicht bewusst ist. Erst wenn Sie diese wahrnehmen können, werden Sie die nachfolgende Situation wieder neutral sehen. Das bedeutet, es ist wichtig, Emotionen nicht zu unterdrücken, sondern sie bewusst wahrzunehmen.
Auch Wut ist daher gut. Sie ist ein starker Motor für uns. Allerdings lässt sich dieses Gefühl besonders schwer steuern. Dazu nun mehr im zweiten wichtigen Punkt b):
b) Kontrolle, Steuerung und Verantwortung:
Wir sollten nicht zum Spielball unserer Emotionen werden, sondern sie nutzen und gleichzeitig kontrollieren und steuern. Was können wir also tun, um Wut und Zorn in den Griff zu bekommen?
Erstens hilft es die Gefühle hinter der Wut wahrzunehmen und zweitens die Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen: Meistens wird das Gefühl der Wut ausgelöst durch das Gefühl bedroht zu sein. Dies kann zum Beispiel passieren, wenn ich Angst um mein Leben habe, also eine physische Bedrohung. Meistens ist es jedoch eine symbolische Bedrohung, wie zum Beispiel die Angst verlassen zu werden.
Daher ist es sehr hilfreich, die Gefühle hinter der Wut zu ergründen, die oftmals viel leiser sind. Die Bewertung der Situation spielt hier auch eine sehr große Rolle. Dazu erfahren Sie noch mehr im nächsten Kapitel „Wahrnehmung“. Ein leichtes ist es, die Schuld für unsere negativen Gefühle, dem Partner in die Schuhe zu schieben: „Weil du zu spät kommst, bin ich verletzt!“ Ja, so haben wir es gelernt. Wir sagen hier: „Ich bin für meine Gefühle verantwortlich!“ und das klingt für viele sehr provokativ. Für Sie auch?
Ehemann Meier kommt 25 Minuten später als verabredet von der Arbeit nach Hause. Das ist erst einmal die reine Sachinformation. Welche Gefühle könnten da jetzt bei Frau Meier entstehen?
1 Frau Meier kann zum Beispiel frustriert sein. Sie hat ihrem Mann heute extra seine Lieblingsspeise zubereitet, nämlich ihre „weltberühmten“ bayrischen Dampfnudeln. Diese sind nun lauwarm und bereits zusammengefallen. Ihre eigene Koch-Leistung ist nun nicht mehr erkennbar.
2 Frau Meier ist verletzt. Die Einhaltung von Vereinbarungen ist ihr sehr wichtig und er hätte sie wenigstens anrufen können.
3 Frau Meier ist beruhigt. Da ihr Mann Überstunden macht, sichert er seine Anstellung und fördert auch seine Karriere und verschafft der Familie damit finanzielle Sicherheit.
4 Frau Meier ist glücklich. Ihr Mann ist gut nach Hause gekommen. Es gibt ihr Entspannung und Ruhe, da sie nun weiß, dass er nicht um der Pünktlichkeit wegen, mit überhöhter Geschwindigkeit nach Hause rast.
Wie Sie sehen, kann ein und dieselbe Situation sehr viele ganz unterschiedliche Gefühle auslösen.
Was wäre denn Ihr Gefühl in dieser Situation gewesen? Die Gefühle in unterschiedlichen Situationen sind bei uns allen ganz verschieden. Und alle sind in Ordnung. Wichtig ist es, dem anderen nicht die Schuld aufzuhalsen, sondern die Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen. Die Gefühle, die wir in unterschiedlichen Situationen empfinden, gehören zu uns und haben mit dem anderen nichts zu tun. Wir sind also selbst verantwortlich für unsere Gefühle. Wie Sie nun mit dieser Verantwortung konstruktiv für sich und andere umgehen, finden Sie im Punkt c).
Es ist wichtig, dass wir unsere Gefühle ansprechen. Erst wenn wir unsere Gefühle in Worte gefasst haben, sind sie für andere nachvollziehbar. Liebe Männer, das können wir Ihnen nicht ersparen. Von selbst ändert sich nichts. Oftmals sind es gerade die Herren der Schöpfung, die lange Zeit erdulden, ohne ihre Gefühle auszusprechen und dann die Notbremse ziehen. Das führt dann nicht selten zu einer Außenbeziehung oder der Trennung. Das sind dann die schlimmsten Auswirkungen, ähnlich einer Fieberkurve mit Exitus bei 42 Grad. Handeln Sie! Auch die nächste Beziehung wird kaum besser, wenn Sie Ihre Gefühle unterdrücken. Und das gleiche gilt natürlich auch für Sie, liebe Frauen. Spüren Sie, wie es Ihnen geht und teilen Sie es mit. Fassen Sie Ihre Gefühle in Worte, so dass der andere sie hören und eventuell auch nachvollziehen kann.
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