So wie es zum Beispiel nicht sinnvoll ist, mit der Landkarte von Paris den Weg in Rom zu suchen, so kann es auch helfen, die berufliche Landkarte nicht im Privaten zu nutzen. Überdenken Sie, ob Ihre Landkarten, die Sie schon lange nutzen, bereits veraltet und neue Straßen noch nicht eingezeichnet sind.
In den folgenden Kapiteln überprüfen wir unsere Landkarten und schauen, wie wir unsere Gefühle nutzen können. Erst ergründen wir, was unsere Gefühle in Wallung bringt und was uns nervt. Dann erkunden wir, gleichsam wie im Fußball, unsere Heim- und Auswärtsspiele in der Beziehung. Im nächsten Kapitel „In eigener Sache oder was mir wichtig ist“ erfahren Sie, wie wir unseren Bedürfnissen auf die Schliche kommen. Schließlich lernen Sie, wie Gefühle sich aufschaukeln, welche Auswirkungen es hat und was man dagegen tun kann. Im letzten Kapitel zeigen wir auf, wie Sie heftige Gefühle in gute Bahnen lenken.
3.1 Was nervt? Die kleinen und großen Aufreger im täglichen Leben
Sie hat Stress im Job. Er hat nie Zeit. Die Kinder nerven. Das nicht aufgetankte Auto, die Socken am Boden vor der Wäschetruhe, das gekippte Fenster im Winter oder die auf 5 gestellte Heizung, nicht pünktlich zum vereinbarten Termin fertig sein, die noch nicht gemachte Steuererklärung.
Kennen Sie das auch?„Kannst du mir bitte das Salz reichen?“ „Mach bitte die Musik leiser!“ „Hast du deine Eltern angerufen?“ Das alles und noch vieles mehr hören wir in unseren Seminaren.
Es gibt unzählige kleine oder große „Aufreger“ in unserem täglichen Miteinander. Manches nervt nur ein wenig, anderes bringt uns ganz aus dem Gleichgewicht. Manchmal wissen wir genau, dass es gleich wieder soweit ist: wir explodieren und schon geht der Gaul mit uns durch. Vom leichten Ärger bis zu extremer Wut ist alles drin. Manchmal werden bereits die Messer gewetzt.
3.2 Heimspiel oder Auswärtsspiel
Dagmar Kumbier berichtet in ihrem Buch „Sie sagt, er sagt“ über die unterschiedlichen Bereiche, in denen Männer und Frauen aufeinandertreffen oder auch aufeinanderprallen. In den meisten Familien ist die Rollenverteilung auch im Zeitalter der Emanzipation noch die unserer Herkunftsfamilien. Meistens – und das passiert oft unbewusst – werden die Rollenbilder der Eltern nachgespielt. So entwickelt sich der Bereich Partnerschaft und Familie, also der Umgang mit Gefühlen und Beziehung schleichend zum Heimvorteil für Frauen. Während der Beruf, also der Umgang mit Leistung und Konkurrenz, zu einer Männerdomäne und somit zu einem Auswärtsspiel für Frauen wird.
Extrem gekürzt und pauschalisiert kann man nun folgendes beobachten: Männer streben eher den Erfolg im Beruf an, um die finanzielle Sicherheit der Familie zu gewährleisten. Frauen kümmern sich mehr um Haushalt und Familie. Daher sind sie geübt im Umgang mit Gefühlen und Bedürfnissen.
Und dies bewirkt eine besondere Dynamik in Paarbeziehungen. Gerade im Haushalt und in der Familie kommt es daher oft zu nervigen Auseinandersetzungen. Folgende Fragen drängen sich zwischen die Paare: Wer hat welches Wissen? Welche Regeln werden befolgt? Wer übernimmt wie viel Verantwortung? Und das führt zu Ärger und Frust auf der Seite der Männer, wie auch auf der Seite der Frauen.
Der Umgang mit Gefühlen und Bedürfnissen wird so zu einer Abseitsfalle für Männer. Männer haben ihre starke Seite oftmals in sachlichen Auseinandersetzungen, die sie im Beruf gut geübt haben. Der Spruch „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, wurde ihnen oft schon in früher Kindheit gepredigt. Frauen dagegen äußern ihre Gefühle und Bedürfnisse und suchen den Austausch mit ihrem Partner auf dieser Ebene. Der Austausch über Gefühle ist für sie eine Quelle, um sich in der Beziehung wohl zu fühlen. Männern dagegen fällt es schwerer Gefühle zu zeigen. Sie haben oftmals früh gelernt, ihre Gefühle zu unterdrücken oder sogar abzuspalten. Der Zugang ist manchmal verschüttet und sie haben gelernt die Gefühle zu vergraben. Und oft ist es gar nicht einfach, den Zugang dazu wieder freizulegen. Männer können über ihr Innenleben nicht so ohne weiteres berichten. Und manchmal sind sie sich gar nicht sicher, ob sie sich damit überhaupt beschäftigen wollen. Dadurch entsteht ein Teufelskreis.
Männer und Frauen sind im Umgang mit Gefühlen und Bedürfnissen unterschiedlich geübt. Das Modell der Heim- und Auswärtsspiele hilft uns aus der gegenseitigen Schuldspirale herauszufinden. Es hilft uns Verständnis für den Partner aufzubauen. Er hat ein Auswärtsspiel im Umgang mit Gefühlen, sie dagegen ein leichtes Heimspiel.
Lassen Sie uns das an einem Beispiel aufzeigen: Die viel diskutierten Haushaltsthemen Sauberkeit und Ordnung führen oft zu Ärger und Frust auf beiden Seiten. Weil der Mann das Gefühl hat, die Frau sei ständig am Nörgeln und unzufrieden, zieht er sich zurück. Die Frau fühlt sich dadurch ungeliebt und allein gelassen. Sie versucht nun ein Gespräch über ihre Gefühle zu führen: „Nun sag doch endlich auch was“. Der Mann reagiert mit Rückzug, fühlt sich bedrängt und verbringt die Abende immer öfter im Hobbykeller. Die Frau ist traurig. Sie versucht immer mehr den Mann aus der Reserve zu locken, worauf dieser sich immer mehr zurückzieht und kein Gefühl zeigt. Weder das Genörgel der Frau, noch die Sprachlosigkeit des Mannes sind hier nützlich. Hier hilft nur ein Gespräch über die unterschiedlichen Gefühle auf beiden Seiten. Daher, liebe Männer, ist es hilfreich sich auf den Weg zu den eigenen Gefühlen zu machen. Und für Sie, liebe Frauen, ist es hilfreich Verständnis zu entwickeln und den Schatz nicht zu bedrängen. Das Modell der Heim und Auswärtsspiele zeigt uns diesen Zusammenhang und bietet uns so eine neue Perspektive, nämlich die des Partners.
3.3 Wünsche von den Augen ablesen
Zu Beginn einer neuen Beziehung versuchen wir dem Partner jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Oft erraten wir die Wünsche und manchmal liegen wir völlig daneben.
Können Sie sich noch an diese Geschenke und Aktionen erinnern, mit denen Sie Ihren Traumpartner überraschen wollten und mit denen Sie überrascht worden sind? Die Karte zum Heavy Metall Konzert oder das Hemd, das Ihnen so gar nicht gefallen hat? Viele Paare kennen das. Wie war das bei Ihnen? Und wie ist das heute?
Kennen Sie auch das Verlangen, dass der Auserwählte uns unsere Sehnsüchte, Wünsche und Bedürfnisse von den Augen abliest und am besten gleich noch erfüllt? Dass der Partner sich Gedanken über meine Wünsche macht, zeigt ja, wie wichtig wir ihm sind.
Doch der Wunsch und Glaube daran, dass unser Schatz, – nachdem er uns ja nun so gut kennt, – unsere Gedanken errät und wenn möglich auch erfüllt, trübt unseren Verstand. Denn auch der liebevollste Partner ist kein Hellseher.
Auch derliebevollstePartnerist keinHellseher |
Ich ermuntere Sie daher Ihre Wünsche und Bedürfnisse und Ihre Sehnsüchte auszusprechen. Warten Sie nicht auf einen Glückstreffer. Ein Blumenstrauß, den er uns mitbringt, wenn wir uns diesen gewünscht haben, ist in jedem Fall besser, als gar keine Blumen! Auch die ehrlichen Worte: „Ich bin glücklich, dass du für mich eine so teure Perlenkette gekauft hast. Gleichzeitig würde ich die Kette gerne umtauschen und dafür die goldenen Ohrringe kaufen, die ich seit zwei Monaten in der Auslage bewundere“, sind besser, als im Jammertal hängen zu bleiben. |
Seien Sie offen und erklären Sie ihr, dass Sie gerne diesen Abend zuhause vor dem Fernseher verbringen wollen, statt mit ihr und ihren Freundinnen um die Häuser zu ziehen.
DieGeschichteder Semmel |
Als Beispiel, wie sinnvoll es sein kann seine Wünsche klar zu äußern, hier eine kleine Geschichte vom Ehepaar und der Semmel: Beim Frühstück teilte das Ehepaar die Semmel immer so, dass sie die obere und er die untere Hälfte bekam. Der Grund war einfach. Sie war der Meinung, er liebt die untere, und er dachte sie mag lieber die obere Hälfte. Nach 40 Ehe-Jahren, bei einem Streit, forderte sie nun die untere Hälfte ein mit den Worten: „Nun will ich auch endlich mal die bessere Hälfte bekommen.“ Die beiden staunten nicht schlecht, als sie bemerkten, welchen Fehler Sie gemacht hatten. Sie hatte für ihn immer auf die bevorzugte untere Hälfte verzichtet und er für sie auf seine geliebte obere Hälfte. |
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