Teufel selbst und seine Großmutter und die ganze
Hölle nicht wieder aufbringen konnten. Darnach ging
er seiner Wege.
Und da steckte nun der Teufel in der alten Buche,
und konnte nicht herauskommen, und half ihm alles
nichts, er mußte drin stecken bleiben. Und da hat er
lange Zeit darin gesteckt, und vielmal zu jener Zeit,
wenn Leute des Wegs über jenen Berg gegangen sind,
da haben sie ihn darin hören blöken und grunzen in
seiner Buche. Endlich aber, wie der Holzschlag dort
hinauf gekommen ist, da ist die Buche abgehauen
worden. Da ist er endlich wieder herausgekommen
und ist wieder frei geworden, der Teufel. Wie er nun
wieder los war, da machte er sich auf und ging heim
in die Hölle und wollte sehen, wie es aussähe? Aber
da war alles leer darin, wie es in der Kirche in der
Woche ist, und war keine Seele mehr zu hören noch
zu sehen. Seit der Teufel damals fortgegangen und
nicht wieder gekommen war, und auch kein Mensch
nicht gewußt hatte, wo er hingekommen war, da war
nicht eine einzige Seele wieder in die Hölle gekommen.
Und da war seine Großmutter aus Herzeleid gestorben,
und wie die tot war, da packten alle die
armen Seelen, die dazumal in der Hölle waren, auf,
und machten sich auf und davon und gingen alle miteinander
in den Himmel. Und da stand er, Maus-Mutter-
Stern-allein in der Hölle, und wußte seines Leides
keinen Rat, wie er's wohl anfinge, daß er wieder arme
Seelen bekäme, weil er es nicht mehr tun durfte, und
hatte es damals bei seiner Großmutter verschwören
müssen, daß er von keinem Menschen sich wieder
wollte die Seele verschreiben lassen, und auf andere
Weise bekam er damals keine Menschen in die Hölle.
Und da stand er und wußte seines Herzeleids kein
Ende, und wollte sich die Hörner aus dem Kopfe raufen
vor lauter Herzeleid und Jammer. – Da fiel ihm
auf einmal etwas ein.
Wie er in der alten Buche gesteckt hatte und nicht
herausgekonnt, da war ihm zuletzt die Zeit lang geworden,
und da hatte er über allerlei nachsimuliert
und den Branntwein erdacht und erfunden. Das fiel
ihm alleweil mitten in seinem Herzeleide wieder ein,
und da dachte er sich, das müsse ein Mittelchen sein,
wie er doch wieder arme Seelen in die Hölle bekommen
könne.
Und da packte er auf der Stelle auf und ließ die
Hölle Hölle sein, und ging nach Nordhausen und
wurde ein Schnapsbrenner und machte Branntwein
drein und drauf und schenkte ihn in die Welt hinein.
Und er zeigte auch den Nordhäusern allen miteinander,
wie der Schnaps gemacht wird, und versprach
ihnen viel Geld und Gut, wenn sie's lernten und
Branntwein brennten. Und die Nordhäuser ließen
sich's auch nicht zweimal sagen, und wurden alle
Schnapsbrenner, und machten Branntwein, und
schenkten ihn in die Welt hinein. Seit dieser Zeit
schreibt sich's her, daß bis auf den heutigen Tag so
viel Branntwein in Nordhausen gebrennt wird, wie an
keinem andern Orte in der ganzen Welt.
Aber wie sich's der Teufel gedacht hatte, also ging
es auch. Wenn die Leute erst ein wenig Branntwein
im Leibe hatten, da fingen sie an zu fluchen und zu
schwören, und fluchten und schwuren ihre Seele zum
Teufel, daß sie der Teufel bekam, wenn sie gestorben
waren, und brauchte ihnen darum nicht zu dienen, wie
er sonst hatte tun müssen, wenn er eine arme Seele
hatte haben wollen. Und wenn sie sich den Kopf erst
richtig vollgesoffen hatten im Branntwein, da fingen
sie auch an und zankten sich und prügelten sich und
brachen sich selber die Hälse, daß sich der Teufel
nicht erst brauchte die Mühe zu geben und brauchte
sie ihnen herum zu drehen. Und wenn der Teufel sonst
mit aller Mühe und Not hatte alle Wochen einmal
eine arme Seele in die Hölle bekommen können, da
kamen sie jetzt dutzend- und schockweise alle Tage
hinein, und es dauerte kein Jahr, da war die Hölle zu
klein geworden und konnte der Teufel die Seelen nicht
mehr unterbringen und mußte ein ganz neues Stück
lassen anbauen an die Hölle.
Und kurz und gut, seit der Teufel aus der alten
Buche jenesmal wieder losgekommen ist, seit der Zeit
ist der Branntwein aufgekommen, und seit der
Branntwein in der Welt ist, da kann man erst recht ei-
gentlich sagen: »Der Teufel ist los!«
Der Schmied von Jüterbogk
Im Städtlein Jüterbogk hat einmal ein Schmied gelebt,
von dem erzählen sich Kinder und Alte ein wundersames
Märlein. Es war dieser Schmied erst ein junger
Bursche, der einen sehr strengen Vater hatte, aber
treulich Gottes Gebote hielt. Er tat große Reisen und
erlebte viele Abenteuer, dabei war er in seiner Kunst
über alle Maßen geschickt und tüchtig. Er hatte eine
Stahltinktur, die jeden Harnisch und Panzer undurchdringlich
machte, welcher damit bestrichen wurde,
und gesellte sich dem Heere Kaiser Friedrichs II. zu,
wo er kaiserlicher Rüstmeister wurde und den Kriegszug
nach Mailand und Apulien mitmachte. Dort eroberte
er den Heer- und Bannerwagen der Stadt und
kehrte endlich, nachdem der Kaiser gestorben war,
mit vielem Reichtum in seine Heimat zurück. Er sah
gute Tage, dann wieder böse, und wurde über hundert
Jahre alt. Einst saß er in seinem Garten unter einem
alten Birnbaum, da kam ein graues Männlein auf
einem Esel geritten, das sich schon mehrmals als des
Schmiedes Schutzgeist bewiesen hatte. Dieses Männchen
herbergte bei dem Schmied und ließ den Esel beschlagen,
was jener gern tat, ohne Lohn zu heischen.
Darauf sagte das Männlein zu Peter, er solle drei
Wünsche tun, aber dabei das Beste nicht vergessen.
Da wünschte der Schmied, weil die Diebe ihm oft die
Birnen gestohlen, es solle keiner, der auf den Birnbaum
gestiegen, ohne seinen Willen wieder herunter
können – und weil er auch in der Stube öfters bestohlen
worden war, so wünschte er, es solle niemand
ohne seine Erlaubnis in die Stube kommen können, es
wäre denn durch das Schlüsselloch. Bei jedem dieser
törichten Wünsche warnte das Männlein: »Vergiß das
Beste nicht!« und da tat der Schmied den dritten
Wunsch, sagend: »Das Beste ist ein guter Schnaps, so
wünsche ich, daß diese Bulle niemals leer werde!« –
»Deine Wünsche sind gewährt«, sprach das Männchen,
strich noch über einige Stangen Eisen, die in der
Schmiede lagen, mit der Hand, setzte sich auf seinen
Esel und ritt von dannen. Das Eisen war in blankes
Silber verwandelt. Der vorher arm gewordene
Schmied war wieder reich und lebte fort und fort bei
gutem Wohlsein, denn die nie versiegenden Magentropfen
in der Bulle waren, ohne daß er es wußte,
ein Lebenselixier. Endlich klopfte der Tod an, der ihn
so lange vergessen zu haben schien; der Schmied war
scheinbar auch gern bereitwillig, mit ihm zu gehen,
und bat nur, ihm ein kleines Labsal zu vergönnen und
ein paar Birnen von dem Baum zu holen, den er nicht
selbst mehr besteigen könne aus großer Altersschwäche.
Der Tod stieg auf den Baum, und der Schmied
sprach: »Bleib droben!« denn er hatte Lust, noch län-
ger zu leben. Der Tod fraß alle Birnen vom Baum,
dann gingen seine Fasten an, und vor Hunger verzehrte
er sich selbst mit Haut und Haar, daher er jetzt nur
noch so ein scheußlich dürres Gerippe ist. Auf Erden
aber starb niemand mehr, weder Mensch noch Tier,
darüber entstand viel Unheil, und endlich ging der
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