Hans auf die drei gleichen Schleiergestalten; wer sollte
ihm hier helfen? Da kam ein Bienenschwarm
durchs offene Fenster geflogen, die kreisten durch den
Saal und summten um den Mund der drei Verhüllten.
Aber von rechts und links flogen sie schnell wieder
zurück, denn die Drachen rochen nach Pech und
Schwefel, wovon sie leben; die Gestalt in der Mitte
umkreisten sie alle und surrten und schwirrten leise:
»Die Mittle, die Mittle.« Denn da duftete ihnen der
Geruch ihres eigenen Honigs entgegen, den die Königstochter
so gern aß. Also, da die Alte wiederkam
nach einer Stunde, sprach Hans ganz getrost: »Ich
wähle die Mittle.« Und da fuhren die bösen Drachen
zum Fenster hinaus, die schöne Königstochter aber
warf ihren Schleier ab und freute sich der Erlösung
und ihres schönen Bräutigams. Und Hans sandte dem
Vater der Prinzeß den schnellsten Boten und zu seinen
Eltern einen goldenen Wagen mit sechs Pferden
bespannt und sie alle lebten herrlich und in Freuden,
und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute
noch.
Der Teufel ist los oder das Märlein, wie der
Teufel den Branntwein erfand
Es hatten einmal zwei Landesherren einen Grenzstreit;
da waren auf jeder Seite Zeugen, die das Recht
behaupteten, und darunter waren zwei, die hatten vom
Teufel die Schwarzkunst erlernt und ihm dafür ihre
Seelen verschrieben.
Diese beiden haben einmal ein jeder in der Nacht
wollen falsche Grenzsteine setzen, so, wie jeder von
ihnen die Grenze behauptete, und haben die Steine
mit schwarzer Kunst wollen machen, daß sie aussähen,
als ob sie schon viele, viele Jahre da gestanden
hätten. Da sind sie alle zwei, als feurige Männer, hinauf
auf die Höhe gegangen. Und wie der eine hinauf
kommt, da ist der andere schon da. Aber keiner hat
etwas von dem andern gewußt, daß dieser denselben
Gedanken hatte.
Da fragte der eine den andern: »Was machst du
da?«
»Was hast du danach zu fragen? Sage mir zuvor,
was du da machen willst?«
»Grenzsteine will ich setzen, und will den Grenzzug
machen, wie dieser eigentlich sein muß.«
»Das habe ich selbst schon getan, und da stehen
die Steine, und so geht der Grenzzug.«
»Das ist nicht richtig, und so geht der Grenzzug.
Mein Herr hat gesagt, ich hätte recht, und ich solle
nicht nachgeben.«
»Wer ist denn dein Herr? Das wird auch ein schöner
Musjö sein!«
»Der Teufel ist mein Herr! Hast du nun Respekt?«
»Das ist nicht wahr, das ist mein Herr, und mein
Herr hat mir gesagt, ich habe recht und solle nicht
nachgeben. Packe dich den Augenblick, oder es geht
dir schlecht!«
Und so kamen die zwei hintereinander, und zuletzt
da gab der eine feurige Mann dem andern eine Maulschelle,
daß ihm der Kopf herabflog und kullerte den
ganzen Berg hinab. Und der feurige Mann ohne Kopf
rannte hinter seinem feurigen Kopfe her und wollte
ihn haschen und ihn sich wieder aufsetzen. Aber er
konnte ihn nicht einholen bis ganz drunten im Graben.
Wie nun der eine dem andern die Maulschelle gegeben
hatte, und jener hinter seinem Kopfe herlief, da
kam auf einmal ein dritter feuriger Mann dazu, und
fragte den, der oben blieb: »Was hast du da gemacht?
«
»Was geht es dich an und was hast du mir zu befehlen?
Den Augenblick packe dich deiner Wege,
oder ich mache es dir gerade so wie jenem.«
»Halunke! Hast du nicht mehr Respekt vor mir?
Weißt du nicht, daß ich dein Herr, der Teufel, bin?«
»Und wenn du zehnmal der Teufel selbst bist, so
liegt mir daran gar nichts; du kannst mich meinetwegen
recht schön rein machen!«
»Diesen Gefallen will ich dir tun, du sollst aber
dein Lebtag daran gedenken!«
Und da fing der Teufel an und machte ihn rein, daß
die Feuerputzen auf dem ganzen Bergrücken herumflogen.
Aber wie er ihn so rein machte, da ersah mein feuriger
Mann den günstigen Augenblick, und griff hin
und erwischte den Teufel im Nacken, hielt ihn fest
und sagte ihm:
»Nun bist du in meiner Gewalt; nun sollst du
sehen, daß du in der Menschen Händen bist! Du hast
dein Lebenlang genug armen Leuten den Hals herumgedreht,
nun sollst du auch selbst einmal erfahren, wie
es tut, wenn einem der Hals umgedreht wird!«
Und fing an, und wollte dem Teufel den Hals umdrehen.
Wie der Teufel sah, daß der feurige Mann
Ernst mit ihm machte, legte er sich aufs Bitten und
gab ihm die himmelbesten Worte, er solle ihn doch
gehen lassen und solle ihm den Hals nicht herumdrehen;
er wolle ihm auch alles tun, was er nur von ihm
verlangte. Da sagte ihm der: »Weil du also erbärmlich
tust, so will ich dich nur gehen lassen; aber zuvor
mußt du mir meine Verschreibung wieder geben, in
welcher ich dir meine Seele verschrieben habe, und
mußt mir auch versprechen, ja du mußt mir das bei
deiner Großmutter beschwören, daß du kein Teil mehr
an mir haben willst, auch all dein Lebetage von keinem
Menschen dir wieder die Seele verschreiben lassen.
«
Wollte der Teufel wohl oder übel, einmal stak er in
der Klemme, und wenn er los kommen wollte und
wollte nicht den Hals herumgedreht haben, so mußte
er in einen sauern Apfel beißen, und gab ihm seine
Verschreibung wieder und versprach's ihm und verschwur
sich bei seiner Großmutter, daß er keinen Teil
mehr an ihm haben wolle, und wolle auch alle sein
Lebetag von keinem Menschen sich wieder lassen die
Seele verschreiben. Wie er das alles getan hatte, ließ
jener den Teufel los.
Wie aber der Teufel wieder ledig war, da tat er
einen Sprung zurück, daß ihn jener nicht etwa unversehens
noch einmal erwische, und stellte sich hin und
sagte: »So, nun bin ich wieder ledig; wenn ich dir, du
Schalksnarr, nun auch deine Verschreibung wieder
gegeben habe und habe dir versprochen und beschworen,
daß ich kein Teil mehr an dir haben wolle, so
habe ich dir doch nicht versprochen, daß ich den Hals
dir nicht auch umdrehen wolle, so ich wieder ledig
wäre. Und auf dem Flecke da sollst du alleweil sterben,
dafür, daß du mich gegurgelt hast, und hast mir
wollen den Hals umdrehen!«
Und damit fuhr der Teufel auf ihn hinein, und wollte
ihm den Garaus machen, der aber riß aus und lief
zum Wald hinein. Und der Teufel immer hinter ihm
her. Endlich ersah es jener, und kam an eine alte
Buche, die war hohl und hatte unten ein Loch. Da
kroch er geschwind hinein und wollte sich verstecken
vor dem Teufel. Aber er war nicht weit genug hinein
gekrochen, und die Fußzehe guckte ihm noch heraus.
Und weil er über und über feurig war, da leuchtete die
Zehe durch die Nacht, und der Teufel wurde es gewahr,
wo jener sich hin versteckt hatte, und kam und
wollte ihn an der Fußzehe erwischen.
Aber der in seinem Baume hörte es, wie der Teufel
getappt kam, wie er nach ihm greifen und ihn erwischen
wollte; da zog er sich vollends hinein und
machte sich weiter im Baume hinauf. Da kroch der
Teufel auch hinein, und jener machte immer weiter im
Baume hinauf und der Teufel immer hinter ihm her.
Endlich da hatte der Baum oben in der Höhe ein weites
Astloch, da kam jener dran und kroch heraus. Und
wie er draußen war, da nahm er etwas und verkeilte
das Astloch, wo er herausgekrochen war, und stieg
geschwind herab und verkeilte auch das untere Loch,
und machte es mit schwarzer Kunst so fest, daß es der
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