Orelinde Hays
Das Dunkel der Hölle
Band 1
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Inhaltsverzeichnis
Titel Orelinde Hays Das Dunkel der Hölle Band 1 Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Ausblick auf Band 2/Hinweis der Autorin
Impressum neobooks
Gedankenverloren radelte der junge Historiker Dr. Brandon Lennard über das Gelände seiner Universität. Er fühlte sich wohl hier in San Francisco, denn diese Stadt hatte er schon immer gemocht. Umso größer war die Freude gewesen, als es mit einer Dozentur in seinem Fachbereich Archäologie geklappt hatte. Vor drei Semestern hatte er mit seiner Arbeit hier begonnen. Es machte ihm Spaß und das schien sich wohl auch auf seine Studenten zu übertragen, denn seine Vorlesungen waren immer überfüllt. Wenn man ihn sah, konnte man ihn selbst noch für einen Studenten halten. Mit seinen 1,70 m war er nicht gerade sehr groß. Seine dunkelbraunen, lockigen Haare trug er schulterlang, meistens zu einem Zopf zusammen gebunden. Das ließ ihn, trotz seiner 26 Jahre, auf den ersten Blick noch recht jung erscheinen. Seine Studenten schien er allerdings gut im Griff zu haben. Zwar gewann er durch seine lockere Art schnell ihre Zuneigung, doch andererseits bewies er auch genügend Gefühl für Autorität, um sich als Lehrkraft eine klare Position zu verschaffen.
Brandon musste an seine Mutter denken. Sie hatte ihn allein großgezogen, lebte jetzt in Atlanta. Er hatte eine ganze Weile nichts mehr von ihr gehört. Seinen Vater kannte er nicht. Das Einzige, was er von ihm wusste, war, dass sie beide das gleiche Muttermal in Form eines kleinen Ahornblattes an der linken Wade hatten, ansonsten hüllte seine Mutter sich in Schweigen und war nicht bereit, die Identität des Vaters preiszugeben. Angeblich wusste er nichts von der Existenz seines Sohnes.
Zur Zeit machte Brandon sich Gedanken um eine Studentin im ersten Semester, die eines seiner Nachmittags-Seminare besuchte. Ihretwegen war er auf dem Weg zu Direktor Farnham. Anscheinend gab es da ein Problem. Schon länger war ihm aufgefallen, dass sie manchmal völlig grundlos kicherte, unkonzentriert reagierte und oft fahrig wirkte. Der Versuch, sie vorsichtig darauf anzusprechen, war jedoch kläglich gescheitert: Sein Angebot, dass sie sich vertrauensvoll an ihn wenden könne, falls da Probleme irgendwelcher Art wären, war barsch abgeschmettert worden. Und das geheime Getuschel unter den Studenten in irgendwelchen Ecken war von ihm nicht unbemerkt geblieben. Er hatte ein gutes Verhältnis zu seinen Studenten. Daher registrierte sein wacher Verstand sehr schnell, wenn man ihm ungewohnter Weise aus dem Weg ging; als solle er nicht mitbekommen, was da ablief. Leider bestätigte sich sein Verdacht dann auch, als er von einer Mitbewohnerin der Studentin ins Vertrauen gezogen wurde. Sie war drogenabhängig und an der Uni selbst schien sich so etwas wie ein Drogenhandel etabliert zu haben. Die Zeit war reif um zu handeln!
Direktor Miles Farnham fuhr sich durch seinen ergrauten Schopf, nachdem Brandon ihm die Sachlage geschildert hatte. Insgeheim seufzte er ein wenig und fragte sich, warum er sich mit seinen 64 Jahren nun auch noch mit so einem Problem herumschlagen musste. Er liebäugelte schon länger mit dem Gedanken, endlich in den Ruhestand zu gehen und sich nur noch dem Schreiben von Fachliteratur zu widmen. Nachdenklich schaute er seinen jungen Dozenten an. "Nun... ich denke, Sie haben völlig Recht, Doktor Lennard. Wir müssen in dieser Angelegenheit etwas unternehmen. Sicherlich ist niemand von uns daran interessiert, dass solche Dinge den guten Ruf unserer Universität schädigen!"
Sein Gegenüber nickte zustimmend: "Was meinen Sie, soll ich mich mal mit der örtlichen Polizei in Verbindung setzen?"
Farnham schüttelte den Kopf, dann schmunzelte er jedoch und meinte: "Ich weiß Ihr Engagement zu schätzen, aber das ist nicht nötig. Wissen Sie, ich spiele am Wochenende zufällig Golf mit dem Polizeipräsidenten. Verbleiben wir einfach dahingehend: Ich werde mit ihm eine Lösung besprechen und Sie dann in Kenntnis setzen... sagen wir Anfang nächster Woche?"
"Gut, einverstanden!" Brandon erhob sich von seinem Stuhl. "Ich warte also auf Ihre Nachricht!" Dann verabschiedete er sich höflich und ging erleichtert von dannen.
Farnham sah ihm hinterher. Wer hatte gedacht, dass sie mit diesem jungen Mann einen derartigen Glücksgriff machen würden? Zunächst war er skeptisch gewesen, als ihm damals die Bewerbung vorgelegen hatte. Brandon Lennard war ihm einfach zu jung erschienen für eine Dozentur. Immer wieder hatte er seinerzeit dessen Unterlagen durchgesehen und sich gefragt, wie Brandon es schaffen konnte, schon so früh sein Studium abzuschließen und als Fünfundzwanzigjähriger in seinem Fachbereich Südamerikanische Kultur zu promovieren. Und alles hatte er mit Auszeichnung bestanden. Manchmal kam er ihm sogar viel zu ernsthaft vor für sein Alter. Doch Farnham gefiel der Eifer, mit dem der junge Dozent seine Arbeit verrichtete. Anscheinend war er immer auf dem Laufenden, was auch seinen Studenten zugutekam. Seine Vorlesungen waren dabei, Kultstatus zu erreichen und schienen nie langweilig zu sein. Die Universität hatte seit Beginn seiner Tätigkeit einen sprunghaften Anstieg bei den neuen Einschreibungen verzeichnet. Da die Studenten auch merkten, dass ihre Probleme ihn nicht unberührt ließen, war er zum Anfang des neuen Studienjahres mit überwältigender Mehrheit zum Vertrauensmann der Studentenschaft gewählt worden. Miles Farnham lächelte still vor sich hin. Der junge Doktor Lennard hatte Leben in den verstaubten Lehrkörper gebracht - das musste er zugeben!
Es klopfte energisch an der Tür seines kleinen Büros und Brandon fuhr erschrocken zusammen, denn er war völlig in neue Unterlagen vertieft gewesen. Aufgescheucht nahm er seine Lesebrille ab und sah auf die Uhr: 18:30... Ach herrje, das hatte er ja völlig vergessen, wahrscheinlich war es der Cop vom Drogendezernat.
Irritiert sah Nathan Wallace sich um, nachdem er eingetreten war. "Entschuldigung... ich suche Doktor Lennard?"
Brandon musste schmunzeln. "Ich bin Doktor Lennard, nehmen Sie doch bitte Platz!"
Wallace zeigte Brandon vorschriftsmäßig seinen Dienstausweis und stellte sich vor:
"Agent Nathan Wallace, Drug Enforcement Administration."
Sie schüttelten sich die Hände und waren sich gleich sympathisch.
Nathan Wallace wurde ziemlich schnell klar, dass sein Gegenüber gewillt war, sich ernsthaft und mit allen Konsequenzen für seine Studenten einzusetzen.
Brandon hatte ebenfalls sofort das Gefühl, mit Nathan an den richtigen Mann geraten zu sein. Dieser burschikose, drahtige Typ, der ihm nun gegenüber saß, machte einen entschlossenen Eindruck. Mit der Materie schien er sich ebenfalls bestens auszukennen, hatte unter anderem Undercover–Erfahrung. Sehr schnell waren sie in ein intensives Gespräch verwickelt. In dessen Verlauf stellte sich auch heraus, dass Brandons Verdacht keineswegs unbegründet war. Bereits seit geraumer Zeit hatte die DEA seine Uni im Auge, man hatte sogar schon daran gedacht, einen verdeckten Ermittler einzusetzen. Natürlich war es in diesem Fall ideal, wenn man mit Brandon einen Kontaktmann hatte, dem die Studenten vertrauten. Bei ihm würde sicherlich niemand Verdacht schöpfen.
Sie hatten sich schon fast eine Stunde unterhalten, als Nathan meinte, ob Brandon nicht vielleicht Lust habe, noch auf ein Bier mitzukommen. Er wolle sich sowieso noch mit seinen Kollegen Eddy und Ben treffen.
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