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Impressum Impressum Covergestaltung: Steve Lippold Digitalisierung: Gunter Pirntke ISBN: 9783955012410 2014 andersseitig andersseitig Verlag Dresden www.andersseitig.de info@new-ebooks.de (mehr unter Impressum-Kontakt)
Vorwort
Der illustre Klient
Der erbleichte Soldat
Der Mazarin-Stein
Die Drei Giebel
Der Vampir von Sussex
Die drei Garridebs
Die Thor-Brücke
Der Mann mit dem geduckten Gang
Die Löwenmähne
Die verschleierte Mieterin
Shoscombe Old Place
Der Farbenhändler im Ruhestand
Editorische Notiz
Anmerkungen
Covergestaltung: Steve Lippold
Digitalisierung: Gunter Pirntke
ISBN: 9783955012410
2014 andersseitig
andersseitig Verlag
Dresden
www.andersseitig.de
info@new-ebooks.de
(mehr unter Impressum-Kontakt)
Ich fürchte, daß es Mr. Sherlock Holmes wie einem jener beliebten Tenöre ergehen wird, die, obschon ihre Zeit vorbei ist, immer wieder in Versuchung geraten, ihrem nachsichtigen Publikum noch eine allerletzte Abschiedsvorstellung zu geben. Einmal muß dies freilich ein Ende haben, und er muß den Weg allen Fleisches, einerlei ob es real oder erfunden ist, gehen. Gleichwohl würde man sich gerne vorstellen, daß es für die Kinder der Phantasie ein imaginäres Zwischenreich gibt, irgendeinen seltsamen, unmöglichen Ort, wo die Stutzer Fieldings den Schönen von Richardson noch immer den Hof machen, wo Scotts Helden noch immer einherstolzieren, Dickens' ergötzliche Cockneys noch immer Gelächter hervorrufen und Thackerays Lebemänner weiterhin ihre verruchten Karrieren verfolgen. In einer bescheidenen Ecke eines solchen Walhallas werden vielleicht auch Sherlock und sein Watson eine Zeitlang ein Plätzchen finden, dieweil ein noch gewitzterer Detektiv mit einem noch minder gewitzten Gefährten die Bühne betreten mag, die sie nunmehr verlassen haben.
Seine Karriere hält nun schon recht lange an – wiewohl man ihre Dauer auch übertreiben kann; altersschwache Gentlemen, die an mich herantreten und erklären, daß seine Abenteuer die Lektüre ihrer Knabenzeit bildeten, erhalten von mir nicht die Antwort, die sie zu erwarten scheinen. Auf einen derart unhöflichen Umgang mit den eigenen Daten ist man nämlich nicht erpicht. Die nackte Wahrheit lautet: Holmes gab sein Debüt in Eine Studie in Scharlachrot sowie in Das Zeichen der Vier, zwei schmalen Büchlein, die zwischen 1887 und 1889 erschienen sind. Die erste aus der langen Reihe kurzer Erzählungen, Ein Skandal in Böhmen, erschien 1891 in ›The Strand Magazine‹. Das Publikum schien empfänglich und begierig nach mehr, so daß sie von da an, also vor neununddreißig Jahren, in unregelmäßiger Folge herausgegeben wurden; heute umfaßt die Reihe nicht weniger als fünfundsechzig Erzählungen, die in Die Abenteuer, Die Memoiren, Die Rückkehr und in Seine Abschiedsvorstellung bereits nachgedruckt worden sind; somit verbleiben noch die während der letzten paar Jahre veröffentlichten zwölf Geschichten, die hier unter dem Titel Sherlock Holmes' Buch der Fälle vorgelegt werden. Er trat seine Abenteuer inmitten der viktorianischen Ära an, überdauerte die allzu kurze Regierungszeit Edwards 1 und hat es selbst in unseren fieberhaften Tagen geschafft, seine kleine persönliche Nische zu bewahren. Man kann daher mit Fug behaupten, daß seine ersten jungen Leser mittlerweile erleben, wie ihre herangewachsenen Kinder die nämlichen Abenteuer im nämlichen Magazin verfolgen. Das ist ein schlagendes Beispiel für die Geduld und Loyalität des britischen Publikums.
Ich war fest entschlossen, Holmes am Schluß von Die Memoiren sterben zu lassen, weil ich das Gefühl hatte, daß meine literarischen Energien nicht zu sehr in eine bestimmte Bahn gelenkt werden sollten. Jenes blasse, scharfgeschnittene Gesicht und die schlaksige Gestalt nahmen längst einen ungebührlich großen Teil meiner Phantasie in Anspruch. Ich verübte die Tat 2 ; doch glücklicherweise äußerte sich kein Coroner 3 zu den irdischen Überresten – und so hatte ich, nach einer langen Pause, keinerlei Mühe, der schmeichelhaften Nachfrage zu entsprechen und mein vorschnelles Handeln wegzuerklären 4 . Ich mußte es nie bereuen, denn in der Praxis stellte sich heraus, daß diese leichteren Skizzen mich nie daran gehindert haben, meine Grenzen in so unterschiedlichen Literaturzweigen wie Geschichtsschreibung, Poesie, Historischen Romanen, Spiritistischen Untersuchungen und Drama zu erforschen und zu erkennen. Selbst wenn Holmes nie existiert hätte, wäre ich nicht imstande gewesen, mehr zu leisten – wiewohl er der Anerkennung meiner seriöseren literarischen Arbeiten vielleicht doch ein bißchen im Wege gestanden haben mag. 5
Und somit, Leser, nehmen Sie Abschied von Sherlock Holmes! Ich danke Ihnen für die langjährige Treue und kann nur hoffen, daß diese Art von Zerstreuung ein wenig für die Plackerei des Lebens entschädigt hat und jene anregende geistige Abwechslung gewährte, die man nur im Feenreich erfundener Geschichten finden kann.
ARTHUR CONAN DOYLE
»Jetzt kann es keinen Schaden mehr anrichten«, lautete Mr. Sherlock Holmes' Kommentar, als ich wohl zum zehnten Mal in ebenso vielen Jahren seine Einwilligung erbat, die folgende Geschichte zu enthüllen. So erhielt ich endlich doch noch die Erlaubnis, das schriftlich festzuhalten, was in mancherlei Hinsicht den Höhepunkt in der Laufbahn meines Freundes bezeichnete.
Sowohl Holmes als auch ich hatten eine Schwäche für das türkische Dampfbad. Nirgendwo sonst habe ich ihn weniger verschwiegen und menschlicher erlebt als beim Rauchen in der wohligen Schlaffheit des Ruheraumes. Im oberen Stockwerk des Etablissements in der Northumberland Avenue gibt es eine abgesonderte Ecke, wo zwei Liegesofas nebeneinander stehen, und auf ebendiesen lagen wir am 3. September 1902, dem Tag, da meine Geschichte beginnt. Ich hatte ihn gefragt, ob es irgend etwas Aufregendes gebe, und als Antwort war aus den Laken, die ihn umhüllten, sein langer, dünner, sehniger Arm geschossen und hatte aus der Innentasche seines neben ihm hängenden Mantels einen Briefumschlag gezogen.
»Vielleicht handelt es sich nur um einen grundlos aufgeregten, wichtigtuerischen Narren, vielleicht geht es aber auch um Leben oder Tod«, sagte er, als er mir das Billett reichte. »Mehr als das, was diese Nachricht mir mitteilt, weiß ich nicht.«
Sie kam aus dem Carlton Club und datierte vom vergangenen Abend. Folgendes las ich:
Sir James Damery empfiehlt sich Mr. Sherlock Holmes und beabsichtigt, ihn morgen um 16.30 Uhr aufzusuchen. Sir James erlaubt sich zu erwähnen, daß die Angelegenheit, in der er Mr. Holmes zu konsultieren wünscht, höchst delikat und überdies äußerst wichtig ist. Er hofft daher zuversichtlich, daß Mr. Holmes sein Bestes tun wird, diese Unterredung zu gewähren, und daß er dies durch einen telephonischen Anruf im Carlton Club bestätigt.
»Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, daß ich es bestätigt habe, Watson«, sagte Holmes, als ich ihm das Papier zurückgab. »Wissen Sie irgend etwas über diesen Damery?«
»Nur, daß sein Name in der Gesellschaft geläufig ist.«
»Na, da kann ich Ihnen noch etwas mehr verraten. Er genießt einen ziemlichen Ruf als Vermittler bei delikaten Angelegenheiten, die nicht in die Zeitung kommen sollen. Sie erinnern sich vielleicht an seine Verhandlungen mit Sir George Lewis über den Hammerford-Will-Fall. Er ist ein Mann von Welt mit einer natürlichen Veranlagung zur Diplomatie. Ich bin daher gewiß, daß dies keine falsche Fährte ist und daß er unseren Beistand auch wirklich benötigt.«
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