Rolf W. Meyer - Erinnerungen

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Wenn man älter wird, nimmt die Erinnerung an die Vergangenheit in den eigenen Gedanken einen immer größeren Raum ein. Der alternde Mensch, dessen Erwartungen von der Zukunft geringer werden, kehrt gleichsam den Blick öfter als zuvor rückwärts. In der größeren Besinnlichkeit, mit der er das Leben betrachtet, werden Bilder vergangener Jahrzehnte, Bilder seiner Mitmenschen, die ihn begleitet haben, und Bilder seiner Erlebnisse aus weit zurückliegenden Zeiträumen deutlicher. So träumt der alternde Mensch von seiner Kindheit und sieht sich in Räumen und an Orten, die aus seiner Gegenwart seit langem entschwunden sind. Diese Erkenntnis aus eigener Erfahrung hat den Autor dazu angeregt, ein Buch über den Bezug zwischen Älterwerden und Erinnerungen an die Vergangenheit zu schreiben. Zusätzliche Bezugsquellen zu diesem Thema waren für ihn Dokumente aus verschiedenen verwandtschaftlichen Nachlässen in Form von alten Briefen und anderen Hinterlassenschaften aus mehreren Generationen. Die «Zeitspuren in die Vergangenheit» sind nicht nur für den Autor und dessen Lebensphilosophie bedeutsam. Es werden auch die Leserinnen und Leser dieses Buches mit einbezogen, indem jedes Kapitel mit einer Auflistung historischer Ereignisse eingeleitet wird, die für jeden von Interesse sein kann. Die Texte vermitteln eine Fülle an Informationen und geschichtlichen Hintergründen, die das Leben aus den Generationen der Eltern, Großeltern und Urgroßeltern beschreiben. Durch diese «Zeitzeugen» wird etwas bewahrt, das unter Umständen irgendwann vergessen sein wird.

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Rolf W. Meyer

Erinnerungen

oder

Zeitspuren in die Vergangenheit

Rolf W. Meyer

Erinnerungen

Copyright: © 2020 Rolf W. Meyer

Umschlagfoto: Rolf W. Meyer

Umschlag & Satz: Erik Kinting | www.buchlektorat.net

Konvertierung: sabine abels | e-book-erstellung.de

Die Aufnahmen von Familien und Einzelpersonen sowie weitere im Buch verwendete Abbildungen stammen ausschließlich aus den Nachlässen von C. F. Otto und Edith Meyer, Düsseldorf, sowie von Johanna Meyer, Plauen im Vogtland.

Druck: epubli, ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Für meine Familie und für die Menschen weltweit, die in nahezu acht Jahrzehnten für meinen Lebensweg so wichtig gewesen sind.

„Das Alter hält immer Rückschau – im Traum, in den schlaflosen Stunden. Das Alter lebt sozusagen rückwärts. Man hätte Anlass, alle denkwürdigen Geburtstage und die Umstände, unter denen sie erlebt wurden, aufzuzeichnen. Es ist eine bunte Reihe merkwürdiger Erlebnisse, schöne und weniger schöne Erinnerungen.“

C. F. Otto Meyer (1901–1977)

Vorwort

Wenn man älter wird, nimmt die Erinnerung an die Vergangenheit in den eigenen Gedanken einen immer größeren Raum ein. Der alternde Mensch, dessen Erwartungen von der Zukunft geringer werden, kehrt gleichsam den Blick öfter als zuvor rückwärts. In der größeren Besinnlichkeit, mit der er das Leben betrachtet, werden Bilder vergangener Jahrzehnte, Bilder seiner Mitmenschen, die ihn begleitet haben, und Bilder seiner Erlebnisse aus weit zurückliegenden Zeiträumen deutlicher. So träumt der alternde Mensch von seiner Kindheit und sieht sich in Räumen und an Orten, die aus seiner Gegenwart seit langem entschwunden sind. Diese Erkenntnis aus eigener Erfahrung hat mich dazu angeregt, ein Buch über den Bezug zwischen Älterwerden und Erinnerungen an die Vergangenheit zu schreiben. Zusätzliche Bezugsquellen zu diesem Thema fanden sich in der alten Familientruhe, die ich vererbt bekommen hatte. Im Laufe vieler Jahrzehnte waren in ihr Dokumente aus verschiedenen verwandtschaftlichen Nachlässen eingelagert worden. Bei deren Durchsicht fanden sich eine Vielzahl alter Briefe und andere Hinterlassenschaften aus mehreren Generationen. Für die Hinterbliebenen ist die Entscheidung über die Vernichtung solcher Nachlässe oder deren Aufbewahrung als Familiendokumente nicht immer einfach. So kann etwa die Scheu vor der Erinnerung an einen Menschen, der einem nahe stand, zu dem Entschluss führen, Briefe zu vernichten.

Die Erfahrung zeigt, dass es für jemanden, der nach Jahrzehnten Mitteilungen von Vorfahren liest, schwer ist, alte Briefe richtig zu verstehen. Dazu müssen nämlich historische Umstände und verwandtschaftliche Verhältnisse berücksichtigt werden. Sofern es sich in Briefen um rein persönliche Belange handelt, sollten diese Dokumente mit besonderem Verständnis und Einfühlungsvermögen gelesen werden. Anderenfalls können leicht oberflächliche Urteile entstehen. Auch sollten längst vergangene personenbezogene Geschehnisse mit Abstand betrachtet werden und einer anderen Generation keinen Anlass zu falschen Beurteilungen geben. Urteile über ein ganzes Leben eines Vorfahren können verständlicherweise nur von einem Menschen in fortgeschrittenem Alter gegeben werden, wenn er die Vergangenheit selbst erst als Geschichte begreift und die betreffende Person mit den damaligen Zeitumständen in Verbindung bringt.

Die „Zeitspuren in die Vergangenheit“ sind nicht nur für den Autor und dessen Lebensphilosophie bedeutsam. Es werden auch die Leserinnen und Leser dieses Buches mit einbezogen, indem jedes Kapitel mit einer Auflistung historischer Ereignisse eingeleitet wird, die für jeden von Interesse sein kann. Die Texte vermitteln eine Fülle an Informationen und geschichtlichen Hintergründen, die das Leben aus den Generationen der Eltern, Großeltern und Urgroßeltern beschreiben. Durch diese „Zeitzeugen“ wird etwas bewahrt, das unter Umständen irgendwann vergessen sein wird. Die Anmerkungen am Ende des Buches erklären Namen und Sachverhalte, soweit sie von historischer Bedeutung sind.

Rolf W. Meyer, Ratingen

„Wir alle wollen wissen, wer wir sind und woher wir kommen. Ganz gleich, was wir im Leben erreichen, ohne diese Klarheit bleibt eine Leere in uns, ein Gefühl der Wurzellosigkeit.“

Alex Haley (1921–1992)

1 Die Suche nach dem familiären Ursprung

Geschichtliche Ereignisse:
1730 Im August erscheint die erste schriftliche Erwähnung der Schildhornsage durch Jacob Paul von Gundling.
1731 Am 2. Februar wird die Oper Poro von Georg Friedrich Händel auf ein Libretto von Pietro Metastasio in London uraufgeführt.
1739 In Frankreich kommt es aufgrund von Hungersnöten immer wieder zu Unruhen. Diese Unruhen fördern die Entwicklung der Aufklärung und unterstützen den Gedanken an eine demokratische Lebensweise, die durch die französische Revolution erst Jahre später durch den Sturm auf die Bastille 1789 durchgesetzt werden konnte und zum Fall der Monarchie und des Absolutismus führte.

Der Stamm Meyer lässt sich nur bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen. Am 2. August 1730 kaufte der Meister Andreas Meyer, der Einwohner in Ritteburg war, vor dem königlich – polnischen und kurfürstlich – sächsischen Sequestrationsamt Artern von der Witwe Sophie Dorothea Meyer für 300 Thaler Hof, Garten, Haus, Scheune, Stall und Land. Am 6. Februar 1731 erwarb er für 206 Reichsthaler und 21 Groschen Ländereien an Äckern und Wiesen.

Ritteburg liegt bei Artern an der Unstrut, einem linken Nebenfluss der Saale. Es gehörte um 1700 zum „Manfeldschen Kreis“ des Kurfürstentums Sachsen und befindet sich im östlichen Teil der fruchtbaren „Goldenen Aue“, dem Helmetal nördlich des Mittelgebirges Kyffhäuser.

Dies war der historische Boden der Schlacht bei Riade, bei der ein militärisches Aufgebot unter dem Befehl von König Heinrich I. (876–936) gegen ein größeres Heer von Magyaren (Ungarn) gekämpft hatte. Historiker vermuten Riade im Kalbsriether Ortsteil Ritteburg an der Mündung der Helme, einem linken und westlichen Zufluss der Unstrut.

Die zersplitterte Grafschaft Mansfeld war bereits im 15. Jahrhundert in die lehensrechtliche Abhängigkeit der Wettiner gekommen. Zunehmende Verschuldung der durch den Bergbau einst reichen Grafen führte 1570 im Vertrag von Leipzig zu einer Sequestration (Zwangsverwaltung) durch den Kurfürsten August von Sachsen (1526–1586) und durch die geistlichen Landesherrschaften Magdeburg und Halberstadt. Damit gingen wesentliche Bestandteile der Landesherrschaft auf die Sequestrationsmächte über. Schließlich erwarb der Kurfüst August von Sachsen im Jahre 1573 auch die Halberstädter Hoheits- und Lehensrechte. Damit wurde dieser östliche Teil der Goldenen Aue kursächsisches Gebiet.

Über die Herkunft von Andreas Meyer war nichts Genaueres zu ermitteln. Er wird vermutlich im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts geboren sein, ist aber wahrscheinlich nach Ritteburg zugewandert, da er dort im Kirchenbuch nicht verzeichnet ist. Aus dem Traueintrag von 1762 für seinen ältesten Sohn Johann Gottfried Meyer (geboren am 15. April 1717) kann entnommen werden, dass dieser in Wolferstedt, gelegen zwischen Ritteburg und Eisleben, geheiratet hat. Im Taufeintrag des sechsten Kindes von Andreas Meyer, seinem Sohn Johann Michael Meyer (geboren am 28. Mai 1730), wird der Vater als „Meister Andreas, der Schäfer“ bezeichnet. An anderer Stelle wird er als „Kesslerischer Schäfer“, als „Schafmeistert“ (1732) oder „Pachtinhaber des Kesslerischen Gutes“ beschrieben. Auf Grund seines Landerwerbes heißt er später „Einwohner“. Andreas Meyer starb am 9. November 1739 und wurde dort am 11. November 1739 begraben. Die Frau von Andreas Meyer war Maria Christiane geborene Schmied, die am 6. April 1772 in Ritteburg verstarb. Aus der Ehe waren sieben Kinder hervorgegangen.

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