Das erstaunlichste dabei war, und das hat mich sehr bewegt und es scheint auf den ersten Blick widersprüchlich zu ihrer Behauptung, Sex habe ihnen nie gefallen, dass fast alle diese Frauen mir von ihren sexuellen Fantasien erzählten und mir mitteilten, dass ihre Lustbegierde woanders war.
M., 81 J. sagte mir: „Obwohl ich niemals Lust spürte, wenn mein Mann mit mir schlief, fand ich R., den Bäcker sehr erotisch. Jedes Mal wenn ich ihn sah, spürte ich, dass Sex vielleicht doch gut sein könnte. Nur sein Anblick machte mich feucht.“
Ich fragte sie, warum sie dann nicht mal etwas dafür getan hatte, um den Bäcker zu erobern. Sie antwortete: „Hören Sie mal zu, junger Mann, nicht nur, dass es schlimm gewesen wäre, wenn dies mein Mann erfahren hätte, nein schlimmer wäre gewesen, was die Menschen über mich gesagt hätten! So etwas gehört sich nicht. Ich wollte keine billige Dame sein.“ Wer weiß, hätte M. diese Erfahrung mit R. gehabt, hätte dies vielleicht sogar ihre Sexualität mit ihrem Mann entfaltet und gerettet.
Sie hat in den letzten 25 Jahren ihrer Ehe, bis zu seinem Tod ihres Mannes vor fünf Jahren, keinen Sex mehr gehabt. Irgendwann hatte sie einfach entschieden, keinen Sex mehr zu haben, weil die Lust vergangen war. Wie schade!
Alle diese Frauen haben sehr unter der Sexlosigkeit gelitten.
Die Erfahrungen dieser Frauen durchleben die meisten Paare noch heute.
Ich habe mit Frauen und Männern gemeinsamen und getrennt voneinander Gespräche im Rahmen meines Coachings geführt. Die Beurteilungen der Sexualität in den gemeinsamen und den getrennten Sitzungen waren unterschiedlich. Sie bekannten sich zu ihren Fantasien und zu ihrer Lust auf etwas mehr nur dann, wenn sie alleine mit mir redeten.
Sie hatten Angst, dass der Partner es falsch verstehen könnte und die Sache persönlich nehmen würde, wenn der eine sagt, dass er manchmal etwas will, aber das nichts mit ihm zu tun hat. Das war auch nicht ganz einfach diesen Paaren verstehen zu geben, dass mit jemand anderem zu schlafen, keine Demütigung des Partners bedeutet. So fest sitzt die Erziehung im Kopf. Viele merkten erst danach, dass viele Probleme – seien es körperliche oder seelische – mit einer unbefriedigten Sexualität und der Unterdrückung der Fantasien zu tun haben.
Ich erzähle euch meine eigene Erfahrung, wie der Versuch, mit nur einer Partnerin Sex zu haben, beinahe die Sexualität in der Partnerschaft lahmlegte:
Einmal habe ich das Experiment gewagt, und versucht, meiner Partnerin sexuell treu zu bleiben. Ich war entschlossen, nicht fremdzugehen und habe mir gesagt, ich liebe meine Partnerin über alles, das sollte doch reichen, um meine Potenz und meine Manneskraft zu steigern.
Sie war stolz, als ich ihr verkündet habe: „Liebling, ab heute bist du die einzige in meinem Bett.“ Ich habe wirklich daran geglaubt, ich wollte es! Ich dachte, dass ich ihr damit das größte Geschenk ihres Lebens machte. Man liebt sich doch gegenseitig so sehr!
Nach circa drei Monaten fing ich an, immer weniger Lust auf Sex zu verspüren. Ein paar Wochen später musste ich mich immer sehr konzentrieren, um mein Glied steif zu bekommen.
Das war für mich sehr belastend, ich versuchte sogar, mit Tricks dem Beischlaf zu entgehen. Das, worauf ich immer stolz gewesen war, war auf einmal verschwunden.
Potenzmittel halfen nur halb so gut wie sonst. Ich fühlte mich immer mehr wie ein halber Mann, aber ich tat alles, um diesen Druck vor meiner Partnerin zu verstecken. Sie tat so, als würde ihr nichts fehlen, als wäre alles total normal, als wäre sie sexuell befriedigt. Aber wenn ich sah, wie unser Sex davor gewesen war, wusste ich innerlich, dass es nur eine Farce war. Irgendwann einmal, als ich mit ihr schlafen wollte, hat mir meine Konzentration nicht mehr geholfen, und an diesem Tag konnte ich gar nicht mehr tricksen, um zu erklären, warum ich keinen Sex haben konnte. Ich konnte nicht tricksen, weil meine Partnerin mich frontal mit den Tatsachen konfrontierte: „Was ist los? Gefalle ich dir nicht mehr? Liebst du mich nicht mehr? Ist die andere schöner als ich, oder ist sie im Bett besser als ich? Warum tust du mir sowas an? Glaubst du, ich habe seit Monaten nicht gemerkt, dass etwas nicht stimmt?“
Zu diesem Zeitpunkt konnte ich überhaupt keinen Zusammenhang zwischen meiner Entscheidung, nur eine einzige Frau zu beglücken, und dem jetzigen Zustand herstellen. Wir hatten ein ganz offenes, direktes, konstruktives Gespräch, um die Gründe herauszufinden; zumal ich ihr glaubhaft erklärte, dass ich keine andere Frau hatte und ich sie wirklich liebte und sie mich sexuell anzog!
Sie war diejenige, die mir sagte „Hey – was hast du mir doch immer gesagt am Anfang? Dass ein Mann mit nur einer Frau mit der Zeit impotent wird ... Kann der Grund vielleicht darin liegen?“
Da habe ich gemerkt, dass das große Geschenk, dass ich ihr machen wollte, das mieseste Geschenk war, das ich je einer Frau in meinem Leben gemacht hatte! Erst da wurde mir bewusst, dass ich diese ganzen Monate unbewusst meine Lust nach anderen Frauen unterdrückt hatte. Ich hatte mir eingeredet, dass es, wenn man eine Frau liebt, normal sein muss, nur mit ihr Sex zu haben. Ich hatte dabei jede Lust auf andere Frauen stark unterdrückt, unwissend, dass ich dadurch auch die Lust und Potenz in Bezug auf meine Partnerin unterdrückte.
Irgendwann einmal hat sich dieser Fakt auch auf meine Partnerin ausgewirkt. Sie als treibende Kraft brachte mich dazu, wieder das zu sein, was ich bin und woran ich glaube. Glaube mir, es dauerte nicht mal 48 Stunden, und auf dem Rückweg nach Hause rief ich meine Partnerin spät nachts an und sagte: „Hey Schatz, mach dich bereit, ich komme...“ Sie wusste, ich war wieder ein Mann geworden, und unsere Sexualität hat nie mehr gelitten, und auch das Experiment werde ich nie mehr wagen!
„Ich habe gemerkt, jedes Mal, wenn ich mit einer anderen Frau schlafe, habe ich noch mehr Lust auf meine Partnerin. In allen Beziehungen, wo ich treu sein musste, verlor ich nach einigen Monaten die Lust auf meine Partnerin“, sagte mir Raoul B.
Eine andere Umfrage mit 80 Paaren bestätigte diese Tendenz. Von allen Paaren, die seit Jahren zusammen und sexuell treu waren, lief nur bei ca. 5% das Sexleben noch einigermaßen. Aber bei Paaren, bei denen es mit der Treue nicht so ernst genommen wird, waren über 60% sexuell zufrieden und hatten ein reges Sexleben.
Ich würde sogar bezeugen: Sex immer nur mit ein und demselben Partner lässt langfristig die Lust sterben.
Achtung: Anders ist es allerdings, wenn man fremdgeht, weil der Sex mit der Partnerin nicht mehr schön und befriedigend ist. In diesem Fall wird das „Schlafen mit anderen“ den Rest der noch vorhandenen Lust töten und die Beziehung zerstören. Viele denken an „Fremdgehen“, wenn in der Partnerschaft der Sex schon sehr tot ist. Viele Menschen wagen es erst fremdzugehen, wenn ihre Sexualität seit Monaten, manchmal gar Jahren, stillgelegt ist; erst wenn der Partner ihn sexuell überhaupt nicht mehr anzieht!
Ich warne in diesem Fall die Menschen immer davor, Abenteuer mit anderen zu haben, ohne darüber mit dem Partner ganz klar zu reden. Oft verliebt man sich in diesem Fall in den anderen und die Partnerschaft geht zu Bruch. Hier hat dann Sex mit jemand anderem als dem Partner sein Ziel verfehlt.
Das passiert oft, wenn man Sex zu sehr mit der Liebe vereint hat.
Fazit: Sexuelle Monogamie und Sex mit nur ein und demselben Partner wird langfristig zu fast 100% die Lust auf diesen Partner löschen. Die Triebunterdrückung ist fatal für die Gesundheit und die Potenz. Am Ende werden solche Paare, wenn sie sich nicht bereits getrennt haben, wie Bruder und Schwester leben; das kann auch gehen.
1.2 Eifersucht, Kontrolle und Freiheitsentzug
Eifersucht wegen Sex ist wie eine Krankheit. Wir können viele Gefühle in den Menschen kontrollieren. Mit der Eifersucht aber scheint es viel schwieriger zu sein. Eifersucht macht krank, Eifersucht deprimiert, Eifersucht macht einsam, Eifersucht ist eine scharfe Waffe gegen die Lust. Andere Männer übertreiben und werden sogar eifersüchtig auf einfache Dildos. Unglaublich, dass sie dieses tote, künstliche Ding als Konkurrenten betrachten, was auch zeigt, wie irrational die Eifersucht ist.
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