Heidi Büttner
Sterano auf Artesa
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Inhaltsverzeichnis
Titel Heidi Büttner Sterano auf Artesa Dieses ebook wurde erstellt bei
Teil 1 Teil 1
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Impressum neobooks Heidi Büttner Sterano auf Artesa Dieses ebook wurde erstellt bei
I.
„Achtung, Lebewesen, Stufe 4 und 5!“, stand auf den Transportbehältern.
Es waren drei Behälter, jeweils zwei Meter lang, einen Meter breit und achtzig Zentimeter hoch. Sie sahen aus wie überdimensionale Särge und ihre Ummantelung bestand aus schwarzem Titanstahl mit zwei Zentimetern Wandstärke. Sie waren nach Sicherheitsstufe A 4 verriegelt, sie standen jetzt auf den institutseigenen Rollwagen und sie waren sehr schwer.
Nonoon prüfte kurz die Übergabeprotokolle, er klemmte sein Tablet unter den Arm und trat beiseite, während die Behälter langsam wie große Bomben auf das Tor des Institutes zu rollten. Der Pilot des blauweißen Flyers, der eben die drei Behälter ausgeladen hatte, grüßte und im nächsten Moment war er in seiner Pilotenkabine verschwunden. Der Flyer hob ab und glitt leise rauschend in den Abendhimmel. Nonoon war mit den Behältern allein. In diesem Moment kam die Sonne hervor und ein langer goldfarbener Lichtstrahl fiel auf die Transportbehälter. Das Metall der Behälter begann matt zu glänzen und während der Schatten der Nacht wie ein schwarzes Netz von der Stadt her sich dem Institut näherte, hatte Nonoon das Gefühl, als würde sich irgendetwas verändern in diesen letzten Sekunden, er wusste nur nicht, was das war und wie er es hätte beschreiben sollen. Ein warmer Windhauch traf seine Stirn und ließ ihn für drei Sekunden aufschauen. Die Wolken über der Stadt leuchteten tiefrot, als hätte jemand die Brandung des Innenmeeres an den Himmel gespiegelt und mit dem Feuer von heißem Stahl durchglüht.
Nonoon warf einen weiteren regelwidrigen sehnsüchtigen Blick zum Himmel und redete leise zu sich selbst: „Schön rot ist das! Warm. Lieblich! Romantisch. Da drinnen in unserem Institut ist das anders. Nicht warm. Immer nur eisig. Immer eiskalt! Immer zehn Grad unter dem Gefrierpunkt! Und die Luft ist mit Desinfektionsmitteln versetzt. Ohne Schutzanzug kommst du keine hundert Meter weit! Es ist in Ordnung so! Es ist richtig so! Es muss so sein!“ Er brummelte einen Ton heftiger, als er das sonst tat. „Das muss immer so sein!“ Der Nachtschatten hatte das Institut erreicht. Das Metall hörte auf zu glänzen, aber Nonoon hatte das Gefühl, als hätte dieser Strahl etwas Besonderes berührt, etwas, das hungrig war nach Licht und das bereit war, sich in dieses Licht zu erheben.
Er hatte er das Gefühl, als würde ihm jemand zuhören. Jemand, den er nicht sah und dem er das Zuhören auch nicht verbieten konnte. Aber er vertraute auf die Sicherheitsstufe A4 und die Festigkeit von zwei Zentimetern Titanstahl. Er setzte die Schutzmaske auf, verriegelte sie und dirigierte die Rollwagen mit den Behältern in die Schleuse. „Wir müssen durch diese Schleuse“, brummelte er weiter. „Die Schleuse schützt uns! Vor der Neugier der Artesa und vor allem die Artesa vor der Neugier unserer Insassen. Sie ist sicher! Was einmal hier durchgegangen ist, das halten wir unter Verschluss!“ Er sah auf und suchte den oder die unbekannten Zuhörer, deren Aufmerksamkeit so nahe schien, dass er unmittelbar darauf gefasst war, im nächsten Moment einen heißen Atem im Nacken registrieren zu müssen.
Es war Samstagabend. Das farbenprächtige und beeindruckende Samstagabendrot schmückte den Westhimmel so wie jeden Samstag, und Rotam Vargun verfolgte mit den Augen den blauweißen Flyer, der mit seinem Triebwerk eine graue Schneise durch den Sonnenuntergang über Simapi schnitt. Es war Samstag und Rotam Vargun hatte eine ganze Sporthalle für sich allein.
Das ist heute nicht mein Tag, dachte Nonoon. Irgendwas stimmt mit den Rollwagen etwas nicht. Anstelle sauber in die Schleuse einzufahren, standen die Rollwagen mit den Transportbehältern plötzlich quer. Er rammte seine Fußspitze energisch gegen eines der Geräte, und schob die Rollwagen mit seiner ganzen Körperkraft in die Schleuse. Er drückte den Auslöser für das Quarantäneprogramm und kalter Dampf umfing die Behälter und den Techniker. Nach vier Atemzügen war die Atmosphäre ausgetauscht. Jetzt hatte sie die Qualität, die im Institut für Außerartesianische Biologie in Simapi Standard war.
Hinter der Schleuse begannen die Räume des Institutes. Während er hinter den Rollwagen durch die langen Flure lief, las er die Begleitmaterialien, die Lieferformulare und die Untersuchungsaufträge. Es war Samstagabend. Aber seit die Behälter da waren, war es kein normaler Samstagabend mehr. Irgendeine Unruhe ging von ihnen aus. Er wusste nicht, was es war, jedenfalls war der dritte Rollwagen schon wiederholt an irgendwelchen Hindernissen angestoßen. Beim vierten Mal fauchte Nonoon völlig unsinnigerweise den Automaten an, der zwar sehen, aber nicht hören konnte, und sich im Normalfall nicht mal von einer Knallgasexplosion aufhalten ließ.
Nonoon sollte laut Lieferschein die Behälter zur Quarantänestation eins bringen. Zum wiederholten Mal las er mit Kopfschütteln die Untersuchungsaufträge. Da hier gab es was, das einfach nicht richtig war. Quarantänestation eins. Am Samstagabend! Plötzlich war ihm als müsse er sich umzuschauen, ihm war, als ob in dieser Festung irgendetwas Helles hinter ihm schwebte, und ihm beim Lesen zusah, aber es war nichts da, und Nonoon zog die Verschlüsse seines Schutzanzuges nach.
Rotam konzentrierte sich wieder auf die Programmierung des gelben Trainers, denn der blauweiße Flyer flog jeden Abend über den Himmel, von Ost nach West, und einen dünnen Schatten durch die Wolken ziehend. Rotam sah auf die Uhr und konzentrierte sich wieder auf sein Training. Er musste seine Zeit nutzen. Er hatte nur am Samstagabend die Halle für sich allein.
Es gibt auf Artesa etwa 21 Artesianer, die den Dreifachsalto mit vier Schritten Anlauf springen, aber es wäre ein Novum, etwas, das noch nie jemand geschafft hat, ihn mit drei oder gar zwei Schritt Anlauf zu schaffen. Dann ist es nicht mehr weit, ihn aus dem Stand zu springen. Derart grübelnd ging er zurück zum Anlaufpunkt und tippte die Nummer 109 ein. Aber der Trainer verweigerte ihm den Dienst, er verordnete ihm Pause und die Aufnahme von Wasser und Konzentrat.
Es war nicht die erste ungewöhnliche Lieferung, die Nonoon an Samstagabenden in Empfang genommen hatte. Irgendwie waren die Samstagabende immer etwas Besonderes. Als ob die Leute versuchten, am Samstagabend etwas zu regeln, wozu sie an gewöhnlichen Wochentagen nicht den Mumm hatten. Wie zum Beispiel dieser Alte mit den Graslaonen. Im letzten Modur stand er, ein pensionierter Raumbiologe, mit einem ganzen Glaskasten voller grüner falkidischer Graslaonen vor der Tür, mit der Bitte um artgerechte Unterbringung. Der Besucher fühle sich zu alt für die Graslaonen.
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