Beide nickten. „Wir haben beide eine Polizeischule hinter uns, und arbeiten oft im Bereich Wirtschaftskriminalität“, sagte Anders. „Wir können auf uns aufpassen, machen Sie sich keine Sorgen.“
„Gut“, fuhr Merz fort, „dann erkläre ich ihnen, worum es geht.“
Er erzählte ihnen die ganze Geschichte, außer dem Umstand, dass sich sein Großvater genauso bereichert hatte.
Und weiter, dass er von seinem Opa auf dem Sterbebett erfahren habe, wie ein gewisser Dornbach und einige andere, auf diese hinterhältige Weise reich geworden waren.
„Es ging nur um eine Story, aber jetzt wo meine Freunde tot sind, will ich die Täter zur Rechenschaft ziehen. Die Polizei kann nichts beweisen, deshalb muss ich diesen Weg gehen. Auch wenn wir vielleicht die Morde nie beweisen können, diese Familie hat sicher noch andere Leichen im Keller. Wer so schnell mordet, muss etwas zu verbergen haben.“
Die beiden Detektive hatten ruhig zugehört, nur Lothar Schelp hatte laufend Notizen gemacht. „Es könnte sich also auch um eine andere Familie handeln?“, fragte er schließlich.
„Das ist natürlich möglich“, antwortete Merz. „Dieser Dornbach kann auch irgendwo leben, womöglich unter anderem Namen. Trotzdem denke ich, dass ich auf der richtigen Spur bin. Schade, ich weiß nicht, wie er heute aussieht, ich habe nur diese alte Fotografie. Sie sollen herausfinden, woher das Vermögen dieser Dornbachs stammt und ob sie in Frage kommen?“
„Das wird nicht einfach sein“, antwortete Uwe Anders. „Was, wenn es wirklich nur Zufall war? Den Tod ihres ersten Freundes wird die Polizei womöglich aufklären können. Was machen wir, wenn sie einen anderen Täter ermitteln?“
„Dornbach hat sicher nicht selbst jemanden umgebracht, aber er ist der Auftraggeber“, sagte Merz. „Davon bin ich überzeugt. Die Leute die mich verfolgt haben, stammen wahrscheinlich aus der Neo-Nazi Szene. Die arbeiten kaum aus eigenem Antrieb. Wir müssen herausfinden, wer sie bezahlt hat.“
Anders nickte. „Das glaube ich auch. Wir haben schon erlebt, dass solche Leute als Schläger oder Geldeintreiber gearbeitet haben. Trotzdem kann ich nicht ausschließen, dass es einen anderen Auftraggeber gibt. Aber wenn Sie wollen, werden wir das für Sie ermitteln. Was denkst du?“, wandte er sich an seinen Partner.“
„Wir können diese Dornbachs einmal unter die Lupe nehmen. Irgendwas wird sich schon finden. Interessanter Fall, ich bin dabei, wenn Sie wollen.“
Anders sah Merz fragend an. „Erteilen Sie uns den Auftrag?“
Merz nickte. „Wenn wir uns über die Kosten einigen können, ja, dann haben sie den Fall. Wie viel berechnen sie denn?“
„Vierhundert Mark für jeden von uns am Tag, plus Spesen.“
Merz griff in seine Brieftasche: „Hier haben sie fünfzehntausend Mark als Anzahlung.“
Anders nahm das Geld dankend entgegen. „Sie können sich auf uns verlassen.“
„Ich möchte in der ersten Zeit möglichst im Hintergrund bleiben“, sagte Merz. „Wenn sie mit mir Kontakt aufnehmen wollen, sollte es diskret geschehen.“
„Aber natürlich“, beruhigte ihn Anders, „das gehört zu unserem Job. Wir werden uns stets an verschiedenen Orten treffen, wo wir vor neugierigen Ohren sicher sind. Darüber müssen Sie sich keine Sorgen machen.“
Merz fühlte sich erleichtert. Er hatte befürchtet, dass er nicht so schnell jemanden finden würde, der seine Geschichte ernst nahm. Doch diese zwei schienen geeignet, Dornbach zur Strecke zu bringen. Er verabschiedete sich, und fuhr zurück in sein Hotel.
Er konnte jetzt nur abwarten, was seine Detektive herausfanden. Um nicht wieder aufzufallen, wollte er möglichst nicht in die Stadt.
Ich kann auf meinem Zimmer an etwas anderem arbeiten, hatte er gedacht. Aber es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren.
***
Die beiden Detektive begannen sofort damit, das Umfeld der Familie Dornbach zu untersuchen. Als ehemalige Polizeibeamte hatten sie noch Kollegen, die ihnen ab und zu ein paar Informationen aus dem Polizeicomputer zukommen ließen. Die Familie erwies sich wie angenommen, als wohlhabend. Willhelm Dornbach wohnte in einer schönen Villa am Grüngürtel Frankfurts. Er besaß etliche Liegenschaften in den besten Lagen der Stadt. Bürotürme, deren Mieten ihm jedes Jahr ein Vermögen einbrachten.
Er hatte zwei Söhne, Udo und Helmut. Eine junge Frau, die dritte Frau Dornbach, die ersten zwei hatte er mit viel Geld ruhiggestellt. Solange er ihnen regelmäßig die Konten auffüllte, kamen sie ihm nicht mehr in die Quere.
Er beschäftigte einen eigenen Chauffeur sowie einiges Hauspersonal.
Dazu verfügte er über ein Privatflugzeug, das er sogar selbst fliegen konnte. Eine Jacht an der Nordsee mit Mannschaft, mit der er gelegentlich Urlaub machte.
Dornbach war ein Mensch, der sich daran gewöhnt hatte, alles kaufen zu können. Er duldete keinen Widerspruch. Wer sich ihm in den Weg stellte, wurde mit allen Mitteln bekämpft.
Daraus ergab sich, dass er erbitterte Feinde hatte, die nur darauf warteten, ihm eins auszuwischen. Andererseits waren sich die meisten auch bewusst, dass dies sehr gefährlich sein konnte. Denn Dornbach begnügte sich nicht damit, jemandem nur zu schaden. Er vernichtete, wenn immer möglich, dessen ganze Existenz.
Die Südamerikageschäfte dienten lediglich dazu, seinen Verwandten in Argentinien ein Auskommen zu ermöglichen. Dornbach machte keine illegalen Geschäfte. Zu groß die Gefahr, durch polizeiliche Ermittlungen über die Vergangenheit, belastendes Material ans Licht zu bringen.
Trotzdem war seine Flucht zu jederzeit vorbereitet. Er hatte auf der ganzen Welt Geld angelegt. Sich mehrere falsche Pässe anfertigen lassen. Er konnte Deutschland innert Stunden verlassen, wenn es nötig werden sollte.
Doch nach außen erschien Dornbach als braver Bürger. Es gab nicht einmal eine Eintragung im Polizeicomputer.
***
Die Ermittlungen im Umfeld Dornbachs, die Anders und Schelp anstellten, brachten auch nach mehreren Tagen keine brauchbaren Ergebnisse. Wo sie auch suchten, alles schien in Ordnung, nichts Nachteiliges zu finden. Beim ersten Zusammentreffen mit Merz nach fünf Tagen, musste Anders ihm berichten, dass sie nur sein Geld verschwendeten.
„Dieser Dornbach ist so sauber, dass es schon auffällt. Nicht einmal ein Verkehrsdelikt ist bekannt. Er zahlt eine Menge Steuern, gibt Geld an eine Stiftung für heimatvertriebene Deutsche, alles vorbildlich, ich weiß nicht, wo wir noch suchen sollen.“
Merz war sehr enttäuscht. „Trotzdem, suchen Sie weiter. Irgendwas muss es geben. Haben Sie ihn beobachtet?“
„Nein, bis jetzt nicht, was sollte das bringen? Er macht kaum offen etwas Verbotenes. Und außerdem müssen wir uns vorsehen, dass er uns nicht bemerkt. Wenn er wirklich so empfindlich reagiert, wie Sie das annehmen, was könnten wir dann noch herausfinden?“
„Wir könnten versuchen, jemanden zu finden, der mit ihm unsaubere Geschäfte gemacht hat“, schlug Merz vor.
„Das machen wir schon“, antwortete Anders. „Aber bis jetzt haben wir niemanden gefunden.“
„Egal, suchen Sie bitte weiter!“
Merz hatte erwartet, dass sie rasch zu Ergebnissen kommen würden. So wie er Dornbach eingeschätzt hatte.
Aber jetzt saß er seit fünf Tagen in diesem Hotel, ohne einen Erfolg feiern zu können. Dabei war er so gut vorbereitet gewesen. Die Warterei begann an seinen Nerven zu zehren, und es gab kaum noch Aussicht auf ein Ende.
Ich muss ihm eine Falle stellen, dachte er immer wieder. Aber welche? Wie konnte man einen Dornbach aus der Reserve locken? Und außerdem müsste es ein Vorfall sein, den man ihm ankreiden konnte. Es hilft nichts, wenn wir ihn nur warnen, er muss einen Fehler machen, überlegte Merz.
Die Tage vergingen mit einer quälenden Zähigkeit. Merz dachte bereits daran, aufzugeben, bis ihm endlich doch eine Möglichkeit einfiel.
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