Andrea Lieder-Hein
Pauline ermittelt...
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Inhaltsverzeichnis
Titel Andrea Lieder-Hein Pauline ermittelt... Dieses ebook wurde erstellt bei
Pauline
Kein tiefes Loch in Sicht
Neue Nachbarn
Familientag
Der 3. Oktober
Jugendliebe
Unfall am Baldeneysee
Tjark
Hans aus Hattingen
Unfall mit Todesfolge
Nicole Schuster
Hauptkommissar Malte Böhler
Bodensee
Hattingen
Neuigkeiten
Vernehmung Mark Bader
Vernehmung 2
Vernehmung 3
Vernehmung 4
Fast schon Weihnachten
Venedig
Weihnachtsmarkt in Oberhausen
Weihnachtsfeier am Heiligen Abend
Leseprobe: Mitten in OstHolstein
001 Sechs Jahre später
002 Versetzt in Klasse ZWEI
003 SEA LIFE
004 Amelie
005 Amelies Beerdigung
Impressum neobooks
Knallblauer Himmel und ein herrlicher Vormittag im Herbst. Die Sonne über Essen-Kupferdreh versuchte noch einmal, alles zu geben. Leichter Goldglanz verzauberte das Ruhrgebiet und verlieh den Blättern eine Kostbarkeit, die sie später als Laub nicht mehr haben durften.
Pauline nahm die Hundeleine, und sofort stürmte Karlchen die Treppe hinunter. „Hurra“ würde er schreien, wenn er könnte, „ich gehe spazieren“, aber die Natur hatte ihm keine Sprache verliehen. So zeigte er seine Freude mit Schwanzwedeln und ließ ein leises, erwartungsvolles Jammern durch seine Kehle gurren.
Karlchen war ein WolfsPudel. Eine ganz neu kreierte Hunderasse, nämlich ein Mix aus Irischem Wolfshund und schwarzem Königspudel. Eigentlich waren es Allergiker-Hunde, denn sie haarten kaum, aber Pauline hatte sich für Karlchen aus anderen Gründen entschieden. Die Iren waren mittlerweile völlig überzüchtet. Da es nur wenige seriöse Züchter in Deutschland gab, konnte man immer wieder gleiche Eltern oder Großeltern im Stammbaum lesen. Also Inzucht. Viele dieser riesigen Wölfe waren krank gezüchtet worden und starben sehr früh. Karlchen hingegen war kaum größer als ein Berner Sennenhund und schien auch nach neun Jahren kerngesund und munter.
Paulines maisgelber Logan war preiswert gewesen und ideal für Gepäck und Hund. Karlchen hoppte in den Wagen und ab ging es an die Ruhr. Der Baldeneysee war im Herbst ein idealer Ort für Spaziergänge mit Hund und baumelnder Seele.
Als Pauline kurz vor den Sommerferien das erste Mal von Kollegen angesprochen wurde auf ihre bevorstehende Pensionierung, da wurde ihr richtig mulmig zu Mute.
„ Hast du es gut! “, meinten die einen mit einem sehnsuchtsvollen Seufzer. Wünschten die sich wirklich, 65 zu sein? So zack von jetzt auf gleich? Manche Kollegen waren erst wenige Jahre am Rhein-Ruhr-Gymnasium in Essen.
„ Wenn jemand sich danach sehnt, seinen Job von den Hacken zu kriegen, um endlich glücklich zu sein, hat er definitiv den falschen Beruf gewählt “, schoss es Pauline durch den Kopf. Wie furchtbar, wenn sie 42 Jahre am Stück jeden einzelnen Tag etwas gemacht hätte, von dem sie sich das Ende herbei sehnte! Ein verlorenes Leben wäre das. „ Aber kann man mit der Ausbildung als Lehrer noch irgendetwas anderes machen ?“, werden manche fragen. Was anderes machen als sein Leben zu versauen und das von vielen Schülern negativ zu beeinflussen? Ja, bestimmt, da gab es andere Wege.
„ Glück und Zufriedenheit oder gar Freude im Beruf, die kommen nicht so als Schnäppchen daher. In Aktionswochen beim Discounter. Nein, Glück muss sich jeder selbst erarbeiten. Aber nicht bei Chips und Bier vor der Glotze. Da braucht es andere Aktivitäten “, murmelte Pauline vor sich hin, ganz so, als ob sie Karlchen einen guten Tipp für sein restliches Leben zuflüstern wollte.
Gute Freunde warnten Pauline vor einem schwarzen Loch, in das sie fallen würde. „ Du hast hoffentlich vorgesorgt? Langeweile paart sich rasch mit Alkohol und Fresssucht .“
Einige Kollegen wollten sie sacht in einen Ausgleichs-Jobs hinein manövrieren. „ Hast du schon bei der Volkshochschule angerufen? “ Wer von ihrer Leidenschaft zur Homöopathie wusste, riet ihr zu einer Heilpraktiker-Ausbildung. „ Hier im Ruhrgebiet wohnen so viele Leute, die irgendwo Schmerzen haben, da verdienst du dir ne goldene Nase.“
Am See war es trotz der Sonne still. Ein paar Jogger liefen an ihr vorbei und zeigten lachend auf Karlchen. Dann waren sie verschwunden. Karlchen liebte es besonders, einmal um den See zu tigern. Für Pauline war es eher eine Strapaze von 14 km in fast vier Stunden. Aber der See und die Bewegung entschädigten sie für das leichte Ziehen in den Oberschenkeln am folgenden Tag.
„ Jetzt einen Cappuccino “, dachte sie sehnsüchtig, aber hier gab es kein Café in unmittelbarer Nähe. Um so überraschter war Pauline, als sie einen Kombi mit offener Seitenklappe bemerkte. Innen gab es eine Theke und vor dem Wagen, dicht am See, standen zwei Stehtische, an denen sich einige Leute mit Kaffee, Kuchen und Eis vergnügten. Dazwischen gab es auch zwei Tische mit jeweils vier Stühlen. Ein Tisch war frei. Am anderen saß ein älteres Ehepaar. Pauline traute ihren Augen nicht. Wie von Zauberhand war ihr Wunsch nach Cappuccino erfüllt worden. Es gab auch vier Sorten Eis. Vanille, Schokolade, Zitrone und Himmelblau. Hmmm , und die Kuchen sahen lecker aus. Napfkuchen, Marmorkuchen und Apfelkuchen vom Blech. Auch mit Sahne. Fantastisch.
Pauline bestellte sich den erträumten Cappuccino und ein Stück Apfelkuchen ohne Sahne. Dann setzte sie sich mit Karlchen an den freien Tisch. Das Paar neben ihr, welches sie für ein Ehepaar hielt, saß sich gegenüber. Der Mann trug eine beige Hose und ein kariertes Hemd. Vor sich auf dem Tisch, neben seinem Kaffee, lag eine Kamera mit aufgebautem Mikrofon. Sein Mikrofon war mit einem Kunststoff-Fellüberzug gegen Windgeräusche geschützt durch lange Haare, die er mit seiner rechten Hand liebevoll und anhaltend nach oben strich. Dabei unterhielt er sich mit seiner Frau aufmunternd, fragend, lachend, allerdings zu über 90% nur mit einem einzigen Wort. Das Wort hieß JA. Lachend bemerkte er „Ja, jajaja jahahaja ja“ oder fragend „Ja?“ Aber es gab auch Jaaaaaaaaaa jaaaa, oder ja ja ja jaaa , mal singend nach oben, mal in die Tiefe schwenkend.
Pauline war ziemlich überrascht, auf wie viele verschiedene Arten man dieses kurze Wort aussprechen konnte. Dennoch gab es von der Seite der vermeintlichen Ehefrau keinerlei Reaktion. Wahrscheinlich war seine Frau dement und er versuchte, alles zu geben, um sie aufzuheitern. Rührend. Das war wohl gemeint mit „in guten wie in schlechten Zeiten.“
Kein tiefes Loch in Sicht
Schon immer hatte sich Pauline morgens nicht hängen lassen. Jeden Tag stand sie zwischen 6:00 und 7:00 Uhr früh auf, damit sie keine Migräne bekam.
Es war noch nicht ganz zehn, als das Telefon läutete. An einem Sonntag konnte das nur ihre Tochter Jule sein. Und es war Jule.
Pauline Ziegler.
Hi, Mama, wie geht’s so ohne Arbeit?
Hast du heute auch frei?
Ja, suppi, Johannes und die Kinder gehen nachher in den Zoo und ich chill’ dann ein bisschen.
Was macht der OP?
Ich bin abends immer fix und foxi. Du glaubst gar nicht, wie anstrengend das ist. Stunden stehen und immer konzentriert. Aber deswegen ruf ich dich auch an. Du solltest mindestens zehn Kilo abnehmen.
Das ist nicht dein Ernst? Findest du mich fett?
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