1 ...7 8 9 11 12 13 ...26 Bevor Griseldis sich verabschiedete, fragte sie die Alte nach ihrem Lohn.
»Gibt mir, was du entbehren kannst, sobald du gesegneten Leibes bist.«
Dankend verließ die junge Frau die Hütte der Kräuterfrau und dachte über deren Ratschläge nach. Wieder einmal mehr bedauerte Griseldis, dass sie die Mutter so früh verloren hatte. Mit ihr hätte sie solche Dinge besprechen können. Sie hätte sie bestimmt auch auf die Pflichten des Weibes in der Hochzeitsnacht vorbereiten können.
In der Nacht vor sieben Jahren hatten die Griseldis und Georg sich nach den Feierlichkeiten in die Schlafkammer zurückgezogen. Der Pfarrer hatte die Schlafstatt gesegnet und war zu den anderen Hochzeitsgästen zurückgekehrt.
Griseldis hatte sich schon seit ihrer Verlobung mit Georg überlegt, wie die Hochzeitsnacht wohl verlaufen würde. Sie hatte sich aber nicht getraut, andere verheiratete Freundinnen dazu zu befragen. So war sie völlig unvorbereitet, als der bereits nackte Georg erwartete, dass sie sich auszog und sich mit zu ihm in das Bett legte. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt und ihr Hochzeitskleid abgelegt. Danach hatte Sie den Schleier, den sie als verheiratete Frau nun tragen musste, gelüftet und ihr langes rotblondes Haar entflochten. Die Locken umspielten ihre Hüften. Schützend legte sie einige Haarsträhnen über die Brüste und drehte sich wieder zu ihrem Angetrauten um.
Dieser lag auf dem Bett und lächelte seiner jungen Braut aufmunternd zu. Sie legte sich schüchtern neben ihren Mann. Georg fing an, sie zu küssen und die Brüste zu streicheln. Nachdem beide noch etwas Wein getrunken hatten, war Griseldis leicht betrunken und kicherte ständig. Davon angetrieben legte sich Georg auf sie.
Was nun kam, traf sie vollkommen unvorbereitet. Georg drückte ihre Schenkel auseinander und machte sich an ihrem Schoß zu schaffen. Als Griseldis die Beine wieder zusammenschließen wollte, verlor Georg vor Erregung die Beherrschung und drang mit einem Stoß in sie ein.
Sie war zu entsetzt, um zu schreien und fing an zu weinen. Ihr Gatte war ganz verwirrt und versuchte, seine Frau zu trösten. Ihm wurde klar, dass niemand sie über die Pflichten als Ehefrau aufgeklärt hatte. Er streichelte ihr liebevoll über die Haare und murmelte, dass es nur beim ersten Mal so sei und die nächsten Male nicht mehr schmerzen würden.
In der Beziehung hatte er wohl Recht. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr der Geschlechtsakt Freude bereiten könnte, und schon gar nicht auf diese sündhafte Weise, wie ihr die Kräuterfrau vorgeschlagen hatte.
Sie beschloss, sich ihrer Schwägerin anzuvertrauen. Vielleicht hatte sie einen Ratschlag, wie sie sich verhalten solle.
Bei Agnes angelangt, wurde erst einmal kräftig zu Mittag gegessen. Lena und ihre Schwägerin hatten eine Hühnersuppe zubereitet. Die köstlichen Fleischpasteten aßen die beiden Frauen zum Nachtisch.
Agnes hatte die Säuglinge schon vor dem Essen gestillt, und die junge Magd kümmerte sich jetzt um sie. Griseldis erzählte zunächst von den Neuigkeiten, die sie auf dem Markt erfahren hatte. Danach brachte sie vorsichtig die Sprache auf den Besuch bei der alten Josepha. Verwunderte beobachtete sie, dass ihre Schwägerin nicht im Geringsten über die intimen Details schockiert war. Ganz im Gegenteil. Sie lächelte wissend und sorgte damit dafür, dass Griseldis völlig die Fassung verlor und weinte.
Agnes nahm sie in die Arme und versuchte, sie zu beruhigen.
»Die alte Josepha hat sicher Recht. Versuch doch, ihre Ratschläge zu beherzigen. Ich habe das auch getan und sie dir den süßen kleinen Schatz in seiner Wiege an. Es ist traurig, dass du und mein Mann eure Eltern so früh verloren habt. Aber du hast in mir eine Schwester hinzubekommen und ich will dir gern helfen. Wenn du einen Ratschlag brauchst, dann komm zu mir. Was den Beischlaf betrifft, so darf ich dir bestätigen, dass er Spaß machen kann. Vielleicht versuchst du wirklich einmal, deinen Mann nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Lasst euch viel Zeit und versuche, für alles offen zu sein. Du wirst dich wundern. Nach dem, was du mir eben erzählt hast, muss der Geschlechtsakt für dich ja eine Qual sein.«
Griseldis nickte und trocknete die Tränen mit dem Ärmel ihres Kleides.
»Spaß hatte ich bisher nie dabei, es tat meistens einfach nur weh, sodass ich froh war, wenn Georg mich in Ruhe gelassen hat.«
Griseldis war sichtlich erleichtert über das Gespräch mit ihrer Schwägerin. Sie verabschiedete sich und ging nach nebenan in ihr Haus. Dort hatte sie noch den eigenen Haushalt zu führen.
Kopfschüttelnd blieb Agnes zurück. Wieder einmal war sie froh darüber, mit Georg einen zärtlichen und liebevollen Mann geheiratet zu haben, der es verstand, ihr die schönsten Wonnen im Ehebett zu bereiten. Sie waren seit der Hochzeit unzertrennlich gewesen. Vielleicht war die Hochzeitsnacht aber auch so anders verlaufen, weil ihre älteren Schwestern sie darauf vorbereitet hatten. Sie wusste daher um die Begehren der Männer und war in der Nacht nach der Hochzeit nicht überrascht, als ihr Gatte seine Rechte verlangte. Er nahm sich aber viel Zeit für sie und küsste sie an Stellen, an denen sie sich außer zum Waschen nicht einmal selbst berührte. Er war immer darauf bedacht, ihr genauso viel Freude zu bereiten, wie sie ihm. Insgeheim freute sie sich auch schon auf den Tag, an dem sie von der Kirche wieder eingesegnet ihrem Mann zu Diensten sein konnte.
Bis dahin würden aber noch einige Wochen vergehen.
So in Gedanken versunken bemerkte sie gar nicht, dass Lena wieder in die Wohnkammer zurückgekehrt war. Sie fragte ihre Dienstherrin, wobei sie noch helfen könne. Agnes war mit der Arbeit der Magd sehr zufrieden. Gemeinsam buken sie ein Brot für das Abendmahl und tranken danach einen Becher Wasser aus dem Brunnen hinter dem Stall.
Mit dem Tuchmacher hatten sie vereinbart, dass Lena in den ersten Wochen des Dienstes in ihrem Elternhaus schlafen werde. Georg und Agnes hatten beschlossen, im Sommer ein zweites Stockwerk anzubauen. Hier würden sie die Kammern für die Kinder und die Magd einrichten, sodass Lena dann, wie es eigentlich üblich war, im Haus des Dienstherrn wohnen könnte. Sie würde außerdem zweimal im Jahr neue Kleider bekommen und einen Lohn, den sie für die Aussteuer sparen wollte. Nachdem die Bedingungen für alle zur Zufriedenheit ausgehandelt waren, trat Lena die Stelle an und war ganz begierig darauf, den Herrschaften zu gefallen. Sie war froh, eine Anstellung bei so netten, jungen Leuten erhalten zu haben.
Ihre Freundin Mechthild hatte auf der Burg eine Stellung als Küchenhilfe angetreten. Seitdem hatte sie Mechthild nur ein oder zweimal in Begleitung einer dicken Köchin auf dem Krautmarkt gesehen. Gemeinsam hatten sie Einkäufe erledigt und ihre Freundin hatte nicht sehr glücklich ausgesehen.
Lena hatte schon öfters gehört, was über die Burgmannen und deren Gelüste gemunkelt wurde. Sie machten auch vor ehrbaren Mägden nicht halt. Im letzten Sommer hatte eine Dienstmagd den Tod in der Unstrut gesucht. Sie war in einen der Berittenen verliebt und hatte sich ihm hingegeben, ohne mit ihm verheiratet zu sein. Als sie gemerkt hatte, dass sie ein Kind erwartete, hatte der Schuft sich geweigert, bei ihrem Vater um deren Hand anzuhalten. Weil sie ihren Eltern schon genug Schande bereitete, hatte sie den Freitod im Wasser gesucht.
Lena konnte sich noch gut an die einst so lebenslustige, hübsche junge Frau erinnern. Ihr Vater, einer der hiesigen Böttcher, war daraufhin in die Burg gegangen, um beim Burghauptmann vorzusprechen. Er wurde zunächst nicht vorgelassen und blieb allein zurück in seiner Trauer. Später wurde er vom Burgvogt und dem Ritter verspottet, was den Mann noch tiefer in seinem Gram versinken ließ.
Der Tod der jungen Frau hatte wochenlang für Gesprächsstoff auf den Märkten gesorgt.
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