Quelle: Foto Autorin
Darf ich mich Ihnen kurz vorstellen? Ich bin seit meinem 17. Lebensjahr schwerhörig. Viele Schnupfen und dazu gehörende Mittelohrentzündungen haben mein Gehör langsam eingeschränkt und jetzt bin ich sozusagen "Beidseitig Hochgradig Schwerhörig". Ich trage schon viele Jahre an beide Ohren Hörgeräte, die mir im Alltag helfen so gut wie möglich zu funktionieren. In meinem rechten Ohr habe ich nur noch 12% Restgehör, in dem linken Ohr noch ca. 25%.
Na und, das ist unangenehm für Sie aber wieso soll das mich interessieren, werden Sie vielleicht fragen. Da kann ich Ihnen nur bedingt Recht geben.
Mit meinem Buch möchte ich Ihnen einen Einblick geben in die viele Herausforderungen des Alltages eines Hörbeeinträchtigen. Falls Sie das nicht interessiert, ist das natürlich okay. Dann bitte ich Sie höflich weiter zu blättern.
Ehe Sie das tun, möchte ich Sie aber gern darauf Aufmerksam machen, dass ein sehr grosses Teil der Bevölkerung eine Hörbeeinträchtigung hat. Vielleicht haben Sie ja selber eine Verwandte oder jemand in Ihre Umgebung dessen Gehör nachgelassen hat. Eine Gehörbeeinträchtigung ist meistens nicht sichtbar, dank moderner Technik. Deshalb geht eine Hörbeeinträchtigung oft vergessen, ausser für die Betroffenen, die mit viele Herausforderungen konfrontiert werden.
Meine Absicht mit diesem Buch ist sicher nicht zu jammern, wie schwer „wir“ Hörbeeintrachtigte es wohl nicht haben. Im Gegenteil, ich möchte eher zeigen dass „wir“ kein Opfer sind unserer Beeinträchtigung, sondern jeden Tag eine Hochleistung liefern, genau wie Sportler. Wir brauchen viel Energie, Kreativität für das persönliche wohl und vor allem Humor wenn etwas nicht so klappt wie gewünscht.
Falls Sie sich entscheiden würden meinen Buchs doch noch weiterzulesen, um nachher zum Beispiel mal wieder ihre hörbeeinträchtigte Grossmutter oder Grossvater zu besuchen, vielleicht erinnern Sie sich dann daran, dass Sie mit ihr oder ihm ein bisschen deutlicher reden oder die Geduld nicht verlieren Gesprochenes zu wiederholen.
Damit würden Sie nicht nur mich, sondern auch und vor allem ihr Hörbeeinträchtigte Gesprächspartner sehr Glücklich machen.
Ich hoffe wir hören noch voneinander!
Quelle: Foto Autorin
Weil ich spät Schwerhörig geworden bin, hatte ich während meine Kindheit eine gute Sprachentwicklung. In der Schule lernte ich gern Fremdsprachen und ich lernte Deutsch, Englisch und Französisch. Zu meinem Stolz darf ich sagen, dass ich mündlich in diese Sprachen ganz passabel war. Grammatik aber war nie meine Stärke, wie Sie wahrscheinlich schon bemerkt haben, ausser in meiner Muttersprache.
Später, an der Universität, habe ich sogar noch ein wenig Russisch dazu gelernt. Eine interessante Sprache, von der ich leider das meiste wieder vergessen habe weil ich es nicht mehr benutze.
Als mein Mann und ich vor gut 5 Jahre in die Schweiz gekommen sind (Jawohl, ich bin eine eingebürgerte Schweizerin, mit Niederländischen Herkunft und mit einem Schweizer verheiratet), habe ich jedoch bemerkt dass das Erlernen einer Fremdsprache für mich nicht mehr so einfach war. Seit meinem Studium ist mein Gehör allmählich schlechter geworden und ich hatte vor 8 Jahren einen Hörsturz von ca. 10 Dezibel.
Das Schweizerdeutsch bereitete mir also anfänglich ein wenig mühe, vor allem das Berndeutsch. Natürlich habe ich gar nichts gegen Berner, im Gegenteil: mein Mann ist sogar Berner. Aber zum Verstehen ist Berndeutsch für mich wirklich eine grosse Herausforderung!
Zum Glück kam ich hier, in der Nähe einer Grossstadt, mit Hochdeutsch sehr gut zurecht und die Leute waren meistens sehr freundlich und hilfreich.
Mittlerweile verstehe ich ja das meiste auf Schweizerdeutsch, nur die Berner bereiten mir ab und zu noch mal Schwierigkeiten aber auch das geht besser.
Selber spreche ich eine Mischung aus Hochdeutsch mit Schweizerdeutsche Wörter und Schweizerdeutsches Akzent, abhängig von meiner Müdigkeit. Im lokalen Altersheim, wo ich freiwillige Mitarbeiterin bin, werde ich ab und zu noch freundlich korrigiert, was ich natürlich zu schätzen weiss.
Nun war ich vor eine Woche in einem Laden, wo eine Verkäuferin mir während unserem Gespräch fragte, welchen Dialekt ich denn spreche. Ja, das haben Sie gut gelesen: sie hat nicht gefragt wo ich her komme oder aus welchem Land ich komme. Nein, sie hat gefragt welchen Dialekt ich spreche! Ich habe ihr erklärt, dass es mich sehr freue dass sie meinte ich spreche ein Dialekt und ihr erzählt wo ich herkomme. Da meinte sie einigermassen überrascht ich habe die Sprache gut gemeistert. Ich habe Sie herzlich bedankt und ich glaube meinem dankbaren Grinsen vom Ohr zum Ohr war nicht zu übersehen …
Quelle: Foto Autorin
Wenn ich abends ins Bett gehe und meine Hörgeräte herausnehme, dann höre ich nicht viel mehr. Und wenn ich dann schlafe, dann gibt es wenig was mich aufweckt. Deshalb habe ich ja auch einen Vibrationswecker, den ich unter meinem Kopfkissen lege.
Mein Mann meint manchmal, wenn ich schlafe und man neben mir eine Kanone abfeuern würde, dann würde das mich trotzdem nicht aufwecken. Finde ich selber ein wenig übertrieben, aber tatsächlich war er meistens derjenige der morgens früh von unseren Katzen zum Frühstück geweckt wurde.
Wir hatten zwei Katzen, die leider im Herbst letzten Jahres und Anfang dieses Jahres gestorben sind. Es waren wunderschöne Orientalische Kater, sehr gesprächig und das mit lauter Stimme. Wer diese Katzenart kennt, weiss wie laut sie sein können wenn sie was wollen. Und oft wollten sie etwas. Als sie vor ein paar Jahre zu viel auf der Waage brachten, mussten sie auf Diät. Wir haben sie dann 3 Mal am Tag gefüttert und 2 Mal am Tag mit sie gespielt. Versteck spielen war aber ihr Lieblingsspiel.
Manchmal kam mein Mann auf mich zu, und fragte „Wieso hast du die Katze(n) eingesperrt?“ Dann stellte sich heraus, dass die eine oder die andere Katze im Schrank oder im Zimmer eingeschlichen war, ohne dass ich das bemerkt hatte. Mein Mann hat dann später gehört dass sie raus wollten. Ich habe mich dann natürlich bei der Betroffene entschuldigt und manchmal gab es sogar noch welche Katzensnacks, was jedoch nicht dazu führte dass dieser Vorgang sich nicht mehr wiederholte.
Wenn mein Mann ab und zu mal verreist war, dann passte ich extra auf. Als ich weg oder ins Bett ging, schaute ich zuerst mal nach wo die Beiden waren, damit sie nicht versehentlich über Nacht wo eingesperrt waren.
Über ihr Frühstück habe ich mich nie Sorge gemacht. Sie waren je sehr erfinderisch. Einmal bin ich Punkt 7 Uhr morgens, die übliche Futterzeit der Katzen, aufgewacht. Als ich meine Augen öffnete, stand da einen 6 Kilogramm schweren Kater auf meinem Brust, der sanft mit einer Vorderpfote meinem Gesicht berührte und lauthals meinte, er wünsche sich sein Frühstück.
Wer braucht da noch ein Wecker?
Quelle: http://www.freeimages.co.uk/galleries/transtech/transport/index.htm
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