»Nicht Anderen zu genügen,
sondern zu sich selbst zu finden,
soll an jedem Tag angestrebt werden.
Lege die eingebildete Abhängigkeit beiseite,
nütze deine Sinne um wahren Sinn zu finden,
erfahre das Leben durch unabhängiges Sein.«
Wer in all seinem Tun Bestätigung sucht in den Augen anderer, ist steter Belastung und pausenlosem Druck ausgesetzt. Unbewusst wird man dadurch abhängig von fremdem Zuspruch und dem oft launischem Wohlwollen seiner Mitmenschen. Wer indes Erfüllung vermehrt in und für sich zu erlangen versucht, durch Lebensfreude, Inspiration, Liebe oder Bewusstsein, wird ein erfüllteres, ausgeglicheneres und zufriedeneres Dasein führen.
Nicht anderen zu genügen, zu gefallen oder zu imponieren, soll an jedem Tag angestrebt werden. Sich in die Gemeinschaft einzufügen bedeutet nicht automatisch, sich anzugleichen oder zu unterwerfen. Was vielmehr zählt, ist zu sich selbst zu finden, durch Einsicht und Hingabe für die wahren, bedeutenden Werte.
In einer Zivilisation, in der Leistungsdruck und Stress, gesellschaftliche wie moralische Erwartungen zu anhaltender Belastung führen, wird dies zum Auslöser für vielerlei Leid. Umso schwerer wiegen diese Einflüsse, je weniger Bedeutsamkeit gesehen oder erfahren werden kann in den alltäglichen Abläufen und Aufgaben. Psychologische Beobachtungen und Studien haben diese Entwicklung längst belegt.
Die Rastlosigkeit und das Leiden in der Psyche wirken auf Dauer psychosomatisch, können vorübergehende Beschwerden oder irreversible Schäden verursachen. Erkrankungen wie Bluthochdruck, Depression, Magengeschwüre oder Reizdarm sind nur einige der möglichen Folgen. Zu verhindern ist dies, wenn man erlernt, Belastungen nicht zusätzlich durch das eigene Verhalten zu verstärken und sie nicht unnötig lange mit sich zu tragen.
Die Empfindung von anhaltendem psychischem Druck wirkt nachweislich krankmachend. Die diesbezüglichen Auslöser finden sich in der Gesellschaft, im beruflichen Umfeld oder in zwischenmenschlichen Beziehungen. Anforderungen und Erwartungen, denen man nicht zu genügen glaubt, haben eine nicht zu unterschätzende Wirkung. Weitere Ursachen liegen im anerzogenen Verhalten, in unbewussten Gewohnheiten oder blindem Gehorsam. Ganz besonders anfällig zeit man sich, wenn man weder höhere Ziele noch Werte verinnerlicht.
Die Verantwortung liegt bei jedem Einzelnen, sich mit auferlegten Lasten und Belastungen nicht zu überfordern, nicht ständig mehr zu wollen und zu verlangen, von sich und von Anderen. In verschiedenen Belangen des Alltags sich ständig beweisen oder bestätigen zu müssen übt in hohem Maß Druck aus und erzeugt Spannungen. Arbeit und Ansehen, mehr noch aber Ansprüche und Erwartungen, die man in sich hegt und an sich stellt, sollen nicht übertrieben und überbewertet werden. Immer gilt, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, um Freiheiten, Individualität, Freude und Leichtigkeit im Alltag zu wahren. In gleicher Weise soll man dies seinen Mitmenschen zugestehen. So entsteht ein Prozess der Akzeptanz, von Respekt und Befreiung.
Diesem positiven Prozess entgegen wirkt häufig die fehlende Kenntnis im Bezug auf das menschliche Wesen bei Autoritäten und Führungskräften. Sie schüren Belastungen und Stress, am Arbeitsplatz und darüber hinaus, die in solchem Ausmaß unnötig und unnütz sind. Die resultierenden psychischen Spannungen und Leiden reduzieren Arbeitsleistung, Moral und Motivation. Sie verringern die Lebensfreude und -energie, führen zu Krisen und Erkrankungen. Die negativen Auswirkungen betreffen alle Seiten, sind eine Belastung für Mensch und System.
In einer pyramidalen Organisationsstruktur reicht es aus, wenn wenige höhere Positionen übermäßigen Druck ausüben auf untere Ebenen. Dieser wird dort in die Breite getragen. Einzelne Auslöser können die Belastung vieler derart ansteigen lassen, dass das gesamte Konstrukt ermüdet und zu brechen droht. Geraten die unteren Hierarchiestufen, die das wertvolle Fundament bilden, in eine anhaltende Zwangslage aus Leistungsdruck und Stress, weil die Führungsebene unbedacht, unbewusst oder unklug entscheidet und handelt, kann der ganze Bau gefährden sein und zum Einsturz gelangen. Den tiefsten Fall tun dabei die, die von der Spitze herab das Desaster zu verantworten haben. Den größten Druck aber erleiden oft die, die in den unteren Bereichen von dem stürzenden Ballast erfasst werden.
Längst wäre es in führenden Positionen der Leistungsgesellschaft an der Zeit, neben den geschäftlichen Belangen Einblicke zu erlangen in die Bedeutung des Daseins. So fehlt es an Respekt gegenüber der Existenz, an Mitgefühl für die Mitmenschen und der Affinität für deren Bedürfnisse. Nicht Fachwissen, Sachverstand, Schulen, Ausbildungen oder Diplome verhelfen dazu, sondern Selbsterkenntnis und die Erfahrung der wahren Werten. Diese Einsicht würde den Alltag aller erheblich erleichtern.
Das vorherrschende kapitalistische System aber verlangt nach Leistung und prämiert diese mit Geld, Macht und Ansehen. Das System jedoch trägt nicht Schuld an der daraus resultierenden Maßlosigkeit, der Gier und dem Machthunger, zu welcher sich der Mensch hinreißen lässt. Einzig in seinem eigenen Verhalten liegt dies begründet. Erst sein eigenes Tun speist den Apparat mit der Dynamik, die ihm schließlich selbst schadet.
In einer unbewussten Gesellschaft, gelenkt von einer ebenso unbewussten, selbstverliebten Führung, wird durch den Staats- und Systemapparat die eigens definierte Ordnung über eine gewisse Zeit so weit vorangetrieben, bis sie selbstzerstörerisches Ausmaß annimmt, im Menschen selbst und in seiner Umwelt. Sich blindlings, unkritisch und ängstlich von einem solchen Konstrukt leiten zu lassen, durch eine oft unbesonnen, starrköpfige Obrigkeit, ist grundsätzlich falsch.
Trage mit deinem Wesen und Handeln für dich und jedes Individuum, für alle Lebewesen und die Natur stets Verantwortung. Schiebe sie nicht ab auf ein System, eine Organisation oder Religion. Auf diese Weise kannst du deinen bedeutenden Teil beitragen, das Leben lebenswerter zu gestalten, für dich, deine Nächsten, das Umfeld. Jedes bewusste Mitglied einer Gesellschaft, unabhängig davon, welche Rolle dieses darin einnimmt, wird einen heilenden Einfluss ausüben.
Jesus sagte einst über die unbewusste und eigensinnige Haltung der hohen pharisäischen Schriftgelehrten und Priester aus Jerusalem: »Lasst sie, sie sind Blinde die Blinde führen! Wenn aber ein Blinder den anderen führt, so fallen sie beide in die Grube.«
Wenn die Elite aus Wirtschaft, Politik und Religion selbstsüchtig, gierig, machtbesessen, uneinsichtig und hochmütig handelt, sich selbst damit infiziert, haben diese Worte ihre Bedeutung und Gültigkeit nicht verloren. Zu oft sieht man ignorante, narzisstische Persönlichkeiten, die sich skrupellos bereichern, ihre Macht missbrauchen, lügen, betrügen, hintergehen, sich unlautere Vorteile verschaffen. Stets geschieht dies auf dem Rücken anderer, welche belastet, ausgebeutet oder ins Elend gerissen werden. Konfrontiert mit den Auswirkungen ihres Tuns aber zeigt kaum jemand echte Reue oder Einsicht.
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