Man sollte natürlich trotzdem für diese Menschen da sein.
Ich wusste genau wie es war, diese innere Leere zu spüren.
Ich war nicht manisch depressiv oder so, aber meine Psychologin meinte, die Symptome weisen auf eine leichte Depression hin.
Das Ergebnis der Untersuchung, na ja eigentlich des Gespräches war mir von vornherein schon klar.
Ich schlief fast den ganzen Tag, die Schule war mir recht egal und mein Zimmer ähnelte einem Messichaos.
Es war mir ziemlich egal, wann ich das letzte mal gelächelt hatte oder das Gefühl von Glück verspürte.
Und ehrlich gesagt, ich hätte es auch nicht gewusst.
Man hörte so oft von der Depression und machte sich auch teilweise darüber lustig.
Wenn man aber erst einmal selbst in so einer fürchterlichen Situation steckt, dann wusste man wie dumm das eigentlich war.
Gute Laune war längst ein Fremdwort.
Aber es gab einen Menschen in meinem Leben, der mir immer wieder zeigen konnte, dass ich nicht wertlos bin.
Lora schenkte mir jede Aufmerksamkeit die ich brauchte.
Sie kam mich in der Kirche besuchen oder schrieb mit mir nur Nachrichten wenn ich sie gebraucht habe.
Ich hatte einfach nur das Bedürfnis über etwas zu klagen.
Tat ich es nicht, dann fühlte ich mich leer.
Diese Leere war psychisch einfach schmerzhaft.
Ich wusste genau, dass alles nicht der Realität entsprach, aber trotzdem war sie da.
Und dafür bin ich ihr bis heute dankbar.
Ich fühlte mich innerlich einfach nur leer.
Dieses Gefühl der inneren Leere wünsche ich niemanden, es war eine Erfahrung, die ich nicht wieder erleben möchte.
Nicole , jetzt verstehst du vielleicht auch, warum ich dich verstanden habe und dir zuhören konnte.
Ich wusste genau wie du dich fühlst.
Deshalb wollte ich für dich da sein.
Auch wenn du damals vielleicht nicht der Mensch warst, der du jetzt bist.
Eigentlich war ich ja nie ein großer Fan vom Kennenlernen über das Internet.
Aber durchaus gibt es Momente im Leben, da sieht man das als einzige Möglichkeit neue Menschen kennenzulernen.
In so eine blöde Situation bin ich auch geraten.
Ich fand es auf einmal gar nicht mehr schlimm, irgendjemand aus dem Internet kennenzulernen.
Manchmal wurde ich dafür auch etwas belächelt.
Wer weiß auf wen du dich da einlässt, hat man mich schon paar mal gefragt, aber irgendwie war mir das egal, denn zu verlieren hatte ich ohnehin nichts mehr.
Man hat schon so viel gehört, dass irgendwelche Verrückte durch diese Online-Börsen schnorren, aber das war bei mir glücklicherweise nicht der Fall.
Wer mich privat kannte, der wusste, dass ich einen starken christlichen Glauben habe.
Und ich dachte mir, wenn es so viele christliche Organisationen gibt, dann gibt es sicher auch eine christliche Plattform für Menschen, die neue Leute kennenlernen möchten und siehe da, tatsächlich wurde ich fündig.
Ich fand eine, für Frauen sogar kostenlose Onlineplattform.
Männer mussten dort nur bezahlen, wenn sie Nachrichten lesen wollten.
Nachrichten verschicken konnte jeder.
Und wenn ich mich nicht irre, dann gibt es diese Seite auch heute noch im Netz.
Auch ich habe dort meine Erfolgsgeschichte hinterlassen.
Man konnte also lesen, dass es Paare gab, die sich wirklich auf diese Weise kennenlernen durften.
Und je mehr ich davon las, desto mehr verlor ich meinen Pessimismus gegenüber solcher Seiten.
Ich schaute nach einem Mädchen in meinem Alter.
Dann wurden mir verschiedene Profile vorgeschlagen. Und ja es hatte ziemlich lange gedauert, bis ich das entscheidende Profil gefunden hatte.
Da standen die Buchstaben ihres Usernames:
NobodyKnowsx3
Sicher klang das für den einen oder anderen erst einmal komisch, aber mich hat es neugierig gemacht. Also las ich das Interview.
Zur Erklärung: Das Interview auf dieser christlichen Seite stellt dem User Fragen im Bezug zu seinem christlichen Leben, seiner Beziehung zu Gott, aber auch allgemein zu seiner Biografie.
Da standen so viele Dinge auf ihrer Seite, die mich beeindruckt hatten.
Auf der letzten Seite fand ich dann ihre Mailadresse.
Es kostete einige Zeit, eh ich mich überwunden hatte ihr diese Nachricht zu schreiben.
Aber ich weiß es heute noch als wäre es gestern gewesen.
Ich kopierte mir die Adresse, speicherte sie ab und suchte nach den Worten, mit denen ich sie nicht gleich verschrecken würde.
Das war ein leichter Gedankengang, aber schwierig in die Tat umzusetzen.
Viele meiner Freunde sagten immer, dass ich sehr gut darin war immer die richtigen Worte zu finden.
Woher das kam wusste ich nicht, ich dachte es hängt einfach mit einer Art Berufung zusammen.
Ich glaube, die endgültige Mail für sie war dann nach vier oder fünf Anläufen fertig.
Misstrauen hatte ich eigentlich nicht, eher sogar ein sehr gutes Gefühl.
Und nebenbei gesagt: Ich hatte ja nichts zu verlieren.
Ich schrieb ihr also eine Mail mit folgenden Inhalt:
Hey Frau ohne Namen :)
ich habe gerade dein Interview auf der christlichen Onlineplattform durchgelesen und bin von deiner Einstellung und Beziehung zu Gott echt begeistert.
Wir legen viel Wert auf die gleichen Prinzipien und ich würde mich freuen, wenn wir in Kontakt bleiben.
Herzliche Grüße
Simon, mit Namen :b
Normalerweise hätte ich keine Antwort erwartet.
Ich habe diese Mail am 13.07.2014 abgeschickt.
Es war auf jeden Fall schon sehr spät am Abend.
Aber schon am nächsten Tag bekam ich eine Antwort von ihr.
In der Betreffzeile stand: Sabine Langemann.
Da musste ich schon leicht schmunzeln und es war mir schon klar, dass das sicher nicht ihr richtiger Name war.
Ich war erst einmal total erfreut, dass ich eine Antwort von ihr hatte.
Hey :),
ich war ganz überrascht hier eine Nachricht von dir zu haben. Du hast echt Glück gehabt.
Das hier ist eigentlich meine alte Emailadresse, ich habe hier nur mal so wieder reingeschaut.
Hihi, ich habe einen Namen, aber den wirst du so schnell nicht erfahren, und nein Sabine ist er nicht :b
Es freut mich, dass dir mein Profil gefällt.
Das hängt wohl damit zusammen, dass ich schon in einer christlichen Familie aufgewachsen bin.
Ich würde mich auch freuen dich kennenzulernen,
erzähl doch bisschen was über dich ;)
Sei reich gesegnet,
Sabine :)
Ihre charmant und gleichzeitig freche Art erweckte nur noch mehr Neugier in mir.
Und so war mein negativer Eindruck von dem Kennenlernen online wie weggespült.
Was wir jetzt daraus machten, das stand noch in den Sternen, aber verstanden haben wir uns von Anfang an.
Es gab Tage, an denen ging es ihr nicht gut und ich habe mir Zeit genommen sie mit meinen Worten aufzumuntern.
Es hat mich immer gefreut, wenn ich sie zum Lächeln bringen konnte.
Das schöne dabei war, dass ich mich dafür nicht verstellen musste.
Ich war einfach so wie es meine Art ist,
ich versuchte in jeder Situation irgendetwas Gutes zu finden.
Natürlich gelang so etwas nicht immer und man konnte damit auch gegen die Wand laufen, aber was zählte war doch allein der Versuch.
Wir schrieben immer mehr Mails.
Sie hat sich manchmal entschuldigt, wenn sie einen Tag nicht schreiben konnte.
Diese Mails von ihr, das waren die Highlights der Woche für mich.
Nach so vielen, fast täglichen Mails habe ich es dann auch geschafft sie davon zu überzeugen, dass ich ein ganz lieber Mensch bin.
Umso mehr freute ich mich als ich dann diese Mail von ihr erhielt:
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