Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer erhält eine Mappe oder einen Reader, in dem ein Szenario, die Matrix, die Geschäftsordnung, die entsprechende Gruppenbeschreibung und das spezifische Rollenprofil enthalten sind. Die Teilnehmenden sollen sich jeweils einen „passenden“ Namen für das Planspiel zulegen und in ihrer Rolle bleiben, bis die Simulation mit der Evaluation endet. Die Materialien konturieren die jeweilige Rolle, sie fesseln aber nicht die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind gefordert in der Auseinandersetzung ihr Rollenprofil weiter zu entwickeln.
Bestimmte Materialien werden den während der Simulation gewählten Personen nach ihrer Wahl ausgehändigt.
3. Planspiel
3.1 Szenario
Während der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Studierendenparlaments (StuPa) der Universität soll es heute zur Wahl des Allgemeinen Studierenden Ausschusses (AStA) kommen. Alle Anwesenden sind sich der Bedeutung der Sitzung bewusst!
Der Vertrag mit den Verkehrsbetrieben, der die Beförderung der Studierenden durch Vorlage des Studierendenausweises gewährleistet, läuft bereits in 6 Monaten aus und muss deswegen neu verhandelt werden. Diese Verhandlungen gewähren keinen Aufschub, daher muss ein neu zu wählender AStA diese Verhandlungen mit einem starken Mandat unverzüglich beginnen. Der beteiligte Verkehrsverbund verlangt eine Anhebung der Gebühren entsprechend der in den letzten Jahren aufgelaufenen Preissteigerungen. Im Gegenzug bieten sie an, weiterhin das bestehende Flächennetz des gesamten Verkehrsverbunds bis an die niederländische Grenze für die Studierenden bereit zu stellen. Aus Sicht der Studierenden ist dieses Angebot nur auf den ersten Blick verlockend. Erstens sind zusätzliche Gebühren für viele Studierende schlicht nicht mehr finanzierbar. Zweitens ist für viele Studierende die ganze Fläche des Angebots zwar hin und wieder ganz nett, zumeist wird aber nur der unmittelbar nahe, städtische Bereich genutzt. Darüber hinaus besitzen viele Studierende einen eigenen PKW, da sie neben dem Studium arbeiten müssen, um ihr Studium zu finanzieren. Trotzdem gilt das Studi-Ticket als umweltfreundlich und sozial, da auf diese Weise viele Studierende ohne klimaschädlichen Individualverkehr auskommen und einkommensschwache Studentinnen und Studenten kostengünstig von A nach B kommen. Die Haltung in der Studierendenschaft ist in dieser Frage sehr gespalten, da die PKW-Fahrerinnen und Fahrer, aber auch die Nutzerinnen und Nutzer von Fahrrädern ihren Beitrag als unsozial und gar nicht solidarisch empfinden.
Daneben liegen seit einigen Monaten weitere wichtige Themen auf dem Tisch! Viele Studierende beklagen sich über die Vielzahl an Klausuren, die zusätzlich auch noch zumeist gegen Ende eines jeden Semesters zu schreiben sind. Es gibt inzwischen kleinere Gruppen, die sogar eine Klage vor Gericht erwägen. Erschwerend kommt hinzu, dass Studierende zu Nachschreibeterminen zwangsangemeldet werden. Der neu gewählte AStA wird auch in dieser Frage dem StuPa rasch einen Vorschlag unterbreiten müssen, wie hier die „Rechte der Studierenden“ auf ein ordnungsgemäßes Studium umfassend geschützt werden können. Die auf den ersten Blick eindeutige Interessenlage der Studentenschaft der Universität, ist auf den zweiten Blick allerdings weit weniger eindeutig. Zum einen ist nicht klar, welche Druckmittel AStA und StuPa tatsächlich zur Durchsetzung ihrer Forderungen zur Verfügung haben. Wahrscheinlich ist nur das direkte Gespräch mit den Verantwortlichen der Universitätsleitung zielführend. Diese Position ist aber umstritten, da sie bei vielen als zu weich und erst gar nicht zielführend erachtet wird.
Mit dem Punkt Klausuren und Klausurtermine hängt zum anderen auch die Anwesenheitspflicht bei Vorlesungen und Seminaren zusammen. Aus Sicht einer ganzen Reihe von Studierendenvertreterinnen und -vertretern, ist diese Pflicht geradezu ein Eingriff in das Recht der Studierenden auf freie Bildung. Viele Studentinnen und Studenten sehen diese Position dagegen als Frechheit und beleidigend, da sie regelmäßig teilnehmen und eine Freistellung von der Teilnahmepflicht als völlig ungerechtfertigte Bevorzugung einzelner Studierender wahrnehmen.
Die besondere Belastung der Studentinnen und Studenten durch dicht getaktete Vorlesungs- und Seminarzeiten und zusätzlich eine große Anzahl zeitlich dichtgedrängter Klausurtermine hat zu der Forderung geführt, die Regelstudienzeit für Bachelorstudiengänge spürbar zu erhöhen. Die Studierendenschaft ist aber auch in dieser Position durchaus nicht einer Meinung. Viele der Studierenden erledigen ihren Bachelorstudiengang ohne größere Probleme in der bisherigen Semesterzahl, suchen sich anschließend eine gut bezahlte Anstellung oder studieren ihr Fach im Masterstudiengang weiter. Eine allgemeine Verlängerung ihrer Studienzeit ist ganz und gar nicht in ihrem Interesse. Ob diese Gruppe die breite Masse der Studierendenschaft bildet, ist aber höchst umstritten. Einige StuPa-Mitglieder und ihre StuPa-Gruppen gehen fest davon aus und führen den Umstand, dass diese Studierenden sich nicht lautstark für ein Beibehalten der bisherigen Regelung einsetzen, auf die Beobachtung zurück, dass diese Studierenden eben völlig zufrieden seien. Andere meinen aber gerade deshalb, das Interesse der bisher durch die Kürze der Bachelorstudienzeit Benachteiligen wiege viel mehr und diese seien auch weit mehr, als nur die, die sich lautstark äußern. Sie hätten eben nur nicht genug Zeit für ein studentisches Engagement.
Zu guter Letzt steht ein Punkt auf der Tagesordnung, der höchst strittig ist. Da der AStA durchaus über finanzielle Mittel verfügt, ist die Einrichtung eines Fonds im Gespräch, aus dem Studierende eine Förderung bekommen sollen, die nicht BAföG berechtigt sind. Für viele ist die Einrichtung dieses Fonds eine Frage der - gegenüber dem Bundesgesetz - ausgleichenden Gerechtigkeit und der studentischen Solidarität untereinander und miteinander. Andere halten eine derartige Schein-Solidarität für ungerecht gegenüber den Studierenden die weder BAföG noch eine Förderung aus dem AStA-Topf bekommen würden und für eine klare Zweckentfremdung studentischer Mittel! Für manche verbietet der notwendige bürokratische Aufwand einen solchen Fonds.
Aus den Wahlen sind insgesamt sieben politische Gruppen in das StuPa eingezogen. Zum einen repräsentiert das StuPa damit die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Studierenden der Universität. Zum anderen macht die Vielzahl an zum Teil sehr kleinen Gruppen die Wahl eines funktionsfähigen AStA und eine Einigung auf tragfähige Entscheidungen besonders schwierig. Es wird auf das Verhandlungsgeschick der einzelnen StuPa-Mitglieder und des gewählten AStA ankommen.
Die beiden größten Gruppen des neu gewählten StuPa sind die deutlich konservative AA-Gruppe und die progressive BB-Gruppe. Beide Gruppen stehen im politischen Spektrum den beiden Volksparteien CDU und SPD nahe, ohne dass dies bedeuten würde, dass jeweils die Parteiprogramme oder Ziele der Parteien übernommen würden oder umgesetzt werden sollen. Auch sind nicht alle Mitglieder der AA- und der BB-Gruppe Mitglied einer der beiden genannten Volksparteien. Gleichwohl zählen deren Grundüberzeugungen und Werte in den StuPa-Gruppen. Beide Gruppen stellen jeweils sechs bzw. vier Mitglieder des insgesamt 25-köpfigen Gremiums und dominieren die Sitzungen, ohne sie aber gänzlich bestimmen zu können. Beide Gruppen sind für eine Beteiligung am AStA auf Bündnisse angewiesen. Eine Zusammenarbeit untereinander ist für die meisten Mitglieder denkbar, würde aber auch nicht ausreichen für eine gemeinsame Mehrheit im StuPa.
Die Gruppen CC und DD sind zum einen eine ökologisch-alternative Gruppe und zum anderen eine eher linksorientierte Gruppe. Beide Gruppen kennen ebenfalls eine Nähe zu Parteien die im Bundestag vertreten sind (Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke). Die empfundene Bindung ist aber deutlich weniger stark ausgeprägt als bei der AA- oder der BB-Gruppe. Beide stellen jeweils drei Mitglieder und sind - unter bestimmten Voraussetzungen – zu einer Zusammenarbeit mit anderen Gruppen bereit.
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