„Schade, ich spreche auch nicht von Hauptgang. Ich hätte aber gern ein bisschen mehr Nachtisch gehabt“, sagte Liege.
„Aber du musst doch zurück ins Hotel vor 18 Uhr. Erinnerst du dich?“, provozierte Johnny.
„Ha, Johnny, weißt du? Ich scheiße auf die Uhrzeit“, konterte Liege.
„Auf einmal? Ho, erst herumalbern und herummäkeln und es dann doch schön finden“, sagte Johnny spöttisch.
„Du hast Recht, wir Europäer haben grundsätzlich eine Ablehnungshaltung gegenüber neuen Sachen. Ihr Afrikaner seit da viel weiter, viel offener, glaube ich“, sagte sie.
„Ich glaube ihr denkt zu viel nach, auch über Sachen, bei denen es sich nicht lohnt, zu denken und das ist nicht immer gut für den Körper und die Seele. Ihr vergewaltigt euch sehr, indem ihr nicht einfach lockerer mit vielen Sachen umgeht. Nicht, dass wir nicht auch denken, aber manchmal muss man einfach nur handeln und dann sehen, was sich ergibt. Sowieso kannst du im Leben nicht alles aus eigener Kraft gestalten“, erklärte Johnny.
„Ja, Johnny, das ist meine erste Lektion in Afrika. Ob ich das in Europa umsetzen kann? Werde ich sehen. Aber auf jeden Fall es ist gut sich fallen zu lassen und Sachen loszulassen. Das befreit. Das sagte schon die Lehre des Feng Shui. Kennst du Feng Shui? Ich fühle mich auf jeden Fall gerade frei und stark, ich ungezogen gewordene Frau.“
„Liege, ich glaube du musst gehen. Es ist besser, wenn du jetzt gehst“, gab Johnny als Antwort.
Liege war total überrascht: „Willst du mich los werden? Habe ich was Falsches gesagt oder gemacht?“
„Nein, im Gegenteil, gerade weil es so schön war und ist mit dir, möchte ich jetzt, dass du weggehst“, sagte Johnny.
„Ich verstehe dich nicht, Johnny, wenn alles so gut war und ist, wie du sagst, warum muss ich jetzt weggehen? Ha, weißt du? Du hast mich doch sowieso hier getroffen. Ich entscheide selbst, wann ich gehen will. Was ist los, Johnny?“
Johnny stand auf und sagte: „Sind die europäischen Frauen immer so stur? In diesem Fall werde ich gehen. Du kannst mich nicht verstehen. Es ist besser, wenn es zwischen uns nichts weiter gibt und es nicht weitergeht“, und dann ging er davon.
Er war zufrieden, er war glücklich. Er hatte nun die Frau, die er gesucht hatte. Ja, es hatte geklappt. Er hatte sich spontan dazu entschieden, afrikanisch vorzugehen und sie frontal anzubaggern. Es kam immer darauf an, die Frau ein bisschen zu verwirren, zu verunsichern und gleichzeitig ihr Ego mit Lob zu füllen. Es ging immer um den Moment. Die Gefühle dachten oft im Moment. Wenn du es schaffst den Kopf der Frau abzuschalten und sie allein mit ihren Gefühlen zu lassen, kann kaum eine Frau sich wehren, wenn richtige Wörter und gutes Timing angewendet werden. Das wusste er. Das war seine Spezialität. Damit hatte er schon Hunderte von Frauen gekriegt und damit hatte er auch Liege gekriegt. Johnny war zufrieden mit sich selbst. Ja, er dachte an Wadjo, den Internetcafé-Besitzer von Douala und dankte ihm für seinen Namen Johnny Win-Win. Er war der Winner. Er konnte auch nur gewinnen. Er hatte keine andere Wahl und er wusste es.
Er war wieder in seinem Hotelzimmer. Er warf sich auf das Bett und dachte nun darüber nach, wie es weitergehen sollte mit Liege. Er hatte nun nur noch sieben Tage Zeit.
Er dachte an Anna und schaute auf das Handy. Es gab mindestens zehn Nachrichten von ihr. Die letzte SMS war: „Vielleicht schaffen wir es heute zu chatten?“
Er war so glücklich, dass er ihr antwortete: „Ja, gern, aber nur, wenn ich nicht wieder in die zweite Reihe geschubst werde, weil dein Mann plötzlich gekommen ist. Wie geht es dir, meine Meeresfrucht?“ Er sagte sich, „was habe ich zu verlieren, warum nicht einfach mit ihr locker sein und das Spiel spielen, wie sie?“
Nicht mal 40 Sekunden später kam schon die Antwort. „ Danke Johnny, es geht. Offiziell bin ich heute Abend bei meiner Freundin. Er weiß, dass wir ins Kino gehen aber ich warte auf dich um 19 Uhr, ist das okay? Bin ich wirklich deine Meeresfrucht? Warum lässt du mich dann seit gestern leiden? Freue mich so, bis später. Übrigens: er ist nicht mein Mann, ich bin nicht verheiratet ;-)“
Johnny lachte. „ Ja, Frauen, so wie sie uns glücklich machen, genauso können sie unsere Leidensquelle sein. Merkwürdige Wesen. Wenn ich ohne Frauen leben könnte, wäre es mir lieber, aber davon bin ich Lichtjahre entfernt.“
Er hatte Lust mit Anna zu chatten. Es ging nicht um Anna selbst. Er freute sich einfach, Liege gefangen zu haben und wollte feiern, indem er mit Anna chattete. So einfach war es.
Um 19 Uhr erhielt er eine kurze SMS von Anna. Hoffentlich ist die Freundin nicht plötzlich verreist, sagte er sich. Aber Anna wollte nur sagen „Es kann losgehen.“
Er antwortete zurück „Ja, in 15mn“ und verschwand aus seinem Zimmer.
„Meeresfrucht, ich bin da“, fing er an, als er das Chatprogramm geöffnet hatte.
„Hallo Johnny, schön dich zu lesen. Wie geht es dir, schöner Mann?“
„bin ich echt schön? Denzel Washington, Will Smith sind schöne Männer, lieb und vorbildlich. Ich, ich bin mehr der Samuel L. Jackson Typ. Sonst geht es mir sehr, sehr gut und dir schöne Frau?“
„Mir geht es auch gut. Es tut mir Leid wegen gestern. Es war keine Absicht. Du bist der letzte, den ich verletzen würde.“
„Es ist okay Anna. Heute ist heute, gestern war gestern.“
„Das mag ich an dir, Johnny, dass du so locker und sehr weise bist. Du beruhigst mich immer.“
„Ha bon? Aber wir haben gar nicht sooooo viel Zeit zusammen verbracht.“
„Ja Johnny, aber die wenige Zeit reichte, damit ich das spürte, was ich jetzt spüre. Das ist nicht nur ein Eindruck. Das ist Fakt für mich. Bevor du mir die SMS heute geschickt hast, war ich so im Stress und angespannt und nur das Wort Meeresfrucht hat alles weggebombt und es ging mir wieder gut. Ja, du tust mir gut, auch wenn ich das erst in Deutschland so intensiv spüre.“
„Danke für deine Komplimente. Du bist auch eine tolle Frau. Du hast Charakter und du weißt, was du willst. Das gefällt mir sehr an dir.“
„Warum geht es dir sehr, sehr gut Johnny? Bist du verliebt ;)?
„Hey hast du es gerochen? Ja ich bin sooo verliebt. Die Natur liebt mich so sehr “
„Schön für dich. Ich weiß es und wer ist die glückliche Auserwählte?“
„Aber ich muss dir sagen, dass wir uns erst heute angenähert haben. Das ist noch so frisch, aber das macht mich so glücklich.“
„Ist sie weiß oder schwarz?“
„Du darfst raten, einmal raten.“
„Ich hoffe, dass sie schwarz und nicht weiß ist.“
„Warum keine weiße Frau?“
„Einfach so, Johnny. Ich weiß gar nicht genau, warum ich das gesagt habe.“
„Sie kommt aus Belgien und ist weiß.“
„Schade.“
„Bist du traurig? Warum?“
„Ich weiß es nicht. Ich habe einfach gehofft…“
„Glaubst du, dass sie mich nicht so glücklich machen kann, wie eine kamerunische Frau?“
„Wie sieht sie aus? Groß, klein, dick, dünn?“
„Sie sieht nicht so schön aus wie du, sie hat nicht deinen knackigen Po, deinen großen Busen, deine starken Beine, deine vollen Lippen, aber sie hat so ihren Charme. Sie sieht sehr typisch europäisch aus. Sie hat ein sehr schönes Lachen und sehr sanfte Hände.“
„Ich dachte du stehst auf weiße Frauen, die afrikanische Züge haben?“
„Nein, du hattest mich falsch verstanden. Ich stehe ich allgemein auf Menschen. Auf ihren Charakter. Wenn sie dann noch dazu diese afrikanischen Züge haben wie du, dann ist es nur noch besser. Ich habe aber Glück. Sie ist nicht dürr. Man kann sie anfassen.“
„Ich bin nun verwirrt, du blöder Mann “
„Hey, bleib ruhig. Du hast einen Mann. Gönne mir es doch auch.“
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