Emilia Meyer - Endlich sechzehn

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Der erste Kuss, die erste Beziehung, die erste Selbstbefriedigung, die Scheidung der Eltern und der erste Liebeskummer – mit sechzehn erlebt man viele erste Male. Mia, die Protagonistin des Romans, durchlebt allerdings nicht nur die normalen Situationen eines Teenagerlebens: Einmal gerät sie in die Fänge einer koreanischen Sekte, ein anderes Mal schlägt sie ihrem Exfreund mit geballter Faust ins Gesicht. (Ja, Mia ist manchmal ein bisschen exzentrischer als der Durchschnitts-Teenager.) Eines Tages findet Mia raus, dass ihr Freund Vanja – ein Justin-Bieber-Abklatsch, mit dem sie gerade mal drei Monate zusammen ist – sich hinter ihrem Rücken mit ihrer Kindergartenfreundin Valeska trifft. Valeska zufolge versucht Vanja bei ihr zu landen. Mia befindet sich in einem Dilemma: Wem soll sie trauen? Einer Freundin, die sie hintergeht oder ihrem Freund, der es für uncool befindet, sie auf Partys zu begrüßen? Ein Jugendroman, in dem sich jedes Mädchen von vierzehn bis fünfundzwanzig wiederfinden wird.

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Emilia Meyer

Endlich sechzehn

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Inhaltsverzeichnis

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Vorhang auf.

Das Nachspiel

Pares

Die Koreanergeschichte

Einmal durchs halbe Gesicht

Blassgelb

Kia

Define the Relationship

Die Kreide-Aktion

Valeska

Die Korsage-Nummer

Love yourself.

Matsche

Der Autopilot

Julie

Die Miley-Aktion

Showdown.

Impressum neobooks

Vorhang auf.

„Er fühlte, daß ihm alles, was er tat, nur ein Spiel war. Nur etwas, das ihm half, über die Zeit dieser Larvenexistenz im Institute hinwegzukommen. Ohne Bezug auf sein eigentliches Wesen, das erst dahinter, in noch unbestimmter zeitlicher Entfernung kommen werde.“

Zitat aus: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß von Robert Musil

#spiegelblick

waschbärgesicht

manderinengesicht

verfaulte mandarine anstatt ‘nem gesicht

ich schmolle sinnlich mit entenmaul

ohne arsch gibt’s keinen belfie

à la kim kardashian

ohne freund kein relfie

und auch kein after-sex-selfie

ohne topfigur gibt’s

kein bilfie

kein shower-selfie

kein bedstagram

denn ich heiß blöderweise nicht lena dunham

das ich verpixelt

das ich versprengt

gemeinsam einsam

komm wir machen ein ussi

das mädchen im spiegel

eine freundin

eine fremde

M.S.

Sie schaute in ihre blassblauen Augen. Umrandet von ihren hellen, fast unsichtbaren Wimpern. Das war der große Nachteil daran, blond zu sein. Mia hasste es, blond zu sein. Seit Kurzem färbte sie sich ihre Augenbrauen eine Nuance dunkler. Sie hatte das Gefühl, dass dieser Akzent ihr Gesicht lebendiger machte. Ihrer Mutter gefiel das überhaupt nicht. Sie sehe aus, als habe sie mit einem Edding in ihrem Gesicht herumgekritzelt. Ihrem Vater war die bahnbrechende Veränderung gar nicht erst aufgefallen. Aber Haare färben, also auf dem Kopf, das hatte sich Mia noch nicht getraut.

Mias Blick fiel auf ihre Brüste. Sie waren nicht besonders groß, aber auch nicht ungewöhnlich klein. Meistens trug sie B. Trotzdem war Mia nicht zufrieden. Ihre Brustwarzen waren viel zu hell. Außerdem waren ihre Titten im nicht-erigierten Zustand so schlaff und unförmig. Faule Plattpfirsiche. Sie hatte schon überlegt, ob sie sich die Pille holen sollte. Nur damit ihre Titten größer würden. Sex hatte sie ja noch keinen. Aus ihrer Stufe nahmen viele Mädchen schon die Pille. Angeblich wegen ihrer Pickel. Mia bezweifelte das stark, denn so viele Pickel hatten die meisten nun auch wieder nicht.

An Mias Bauchausformung konnte man erkennen, dass sie mehr Sportmuffel als -junkie war. Ihr Oberkörper war alles andere als straff. Sie setzte sich auf ihren nackten, mondförmigen Hintern, rutschte näher an den Spiegel heran und zählte ihre Speckrollen. Drei Stück. Wenn man ein Auge zudrückte: Zweieinhalb. Die Obere war ein bisschen kleiner als die anderen. Vielleicht bekam sie die Kleinste in diesem Frühling noch weg. Ihr wurde jetzt schon schwindelig, wenn sie an die bevorstehende Bikinizeit dachte. Und an ihre Victoria‘s-Secret-Model-Freundinnen, mit denen sie dann ins Freibad gehen durfte. Naja, zumindest fast Victoria’s Secret. Ganz so streichholzförmig nun doch wieder nicht. Vielleicht eher Hunkemöller.

Mia öffnete ihre Beine, wobei sie sich mit ihren Handinnenflächen über beide Oberschenkel strich. Sie war nicht rasiert. Aber es war ja Winter gewesen. Und ihre Beinbehaarung war ja ebenso blond wie ihre Wimpern. Dünne, kurze und – von einer gewissen Entfernung aus – unsichtbare Haare. Das war der Vorteil daran, blond zu sein. Sollte sie noch einmal unter die Dusche springen? Wenn sie sich beeilte, würde sie es vielleicht schaffen. Andererseits. Sie machte sich wahrscheinlich eh zu viele Hoffnungen. Heute würde Vanja ihre nackten Beine eh nicht sehen. (Nicht sehen wollen.) Sie hatten sich ja noch nicht mal geküsst. Wieso stellte sie sich jetzt schon vor, wie er ihre nackten, beharrten Beine betastete? Er würde sich bestimmt erschrecken, denn er erwartete ganz sicher glattrasierte, weiche Oberschenkel wie aus der Gillette-Werbung. Und keine Schimpansen-Beine. Erwecke die Königin in dir. Aber wollte sie überhaupt schon so weit gehen? Oder gefiel ihr in Wirklichkeit nur die Vorstellung, so weit zu gehen? Sie hatte das Gefühl, dass es ihr nicht erlaubt war, zu wollen, wenn Vanja nicht wollte.

Mia schaute auf ihre Schamlippen. Bei taff hatte sie erst vor ein paar Tagen gesehen, dass die meisten Schönheitsoperationen bei Frauen an den Schamlippen vorgenommen wurden. Diese Erkenntnis hatte sie den ganzen Tag nicht mehr losgelassen. Zuvor hatte sie noch nie über ihre Schamlippen nachgedacht. Ob sie schön oder hässlich waren. Ästhetisch ansprechend. Sie hatte, ehrlich gesagt, gar keine Ahnung gehabt, dass Schamlippen… Ja, dass Schamlippen so wichtig waren. Aber vielleicht lag das auch daran, dass bisher keiner außer ihr selbst sie gesehen hatte. Bis zum heutigen Tag hatte sie sich keine Gedanken machen müssen. Und jetzt. Waren sie zu groß, zu klein, hatten sie die richtige Farbnuance, zu rosig, zu hell, zu dunkel, hatten sie die richtige Konsistenz, zu hart vielleicht, oder zu weich? Die bei taff hätten auch ruhig mal verraten können, wie es denn nun sein sollte. Das Schamlippen-Schönheitsideal. Wie einen Ikea-Klappstuhl klappte Mia die Beine wieder zu. Heute musste sie sich damit eh noch nicht auseinandersetzen. Heute waren ja noch nicht einmal ihre behaarten Beine auf der Speisekarte. Mia musste glucksen. Manchmal widerte sie sich selbst an.

Sie sprang auf, hüpfte zum Kleiderschrank und drehte auf dem Weg dahin die Musik noch einen Tacken lauter. Ariana Grande. Problem . Wie schön, dass ausnahmsweise niemand die Treppe herunterbrüllte, sie solle die Musik gefälligst wieder leiser drehen. Sie werde sonst ganz sicher taub werden. Allerdings musste Mia sich eingestehen: So weit hergeholt war diese Behauptung eigentlich gar nicht. Aber ihr war das egal. Musik musste gespürt, gefühlt, gelebt werden. Durch die Haut gehen wie eine Nadel beim Impfen.

Langsam wurde sie nervös. Nur noch eine halbe Stunde bis die ersten Gäste auftauchen würden. Sie blickte in den leeren (vollen) Kleiderschrank. Zwei Cardigangs, fünf Hoodies, hundert hässliche T-Shirts, aber nur ein spießiger Rock und zwei Kleider, von denen eins noch von ihrer Konfirmation war. Sie war ja auch noch nicht oft (nie) auf einer richtigen Party gewesen. Aber das mit den Partys. Das ging jetzt richtig los. Sie musste dringend shoppen gehen. Wenn sie heute Abend gut aussähe, würde viel passieren. Heute war die Nacht der Entscheidungen. Was überzeugte Jungs wohl mehr? A) Ein figurbetontes Kleid kombiniert mit einem perfekten Lidstrich oder B) der Selbstbewusstseins-Booster, den man bekam, wenn man mit einem figurbetonten Kleid und einem perfekten Lidstrich rumrannte? Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem. Vanja würde sie bestimmt auch ungeschminkt, mit Dutt und im Snoopy-Pyjama mögen. Auf die Probe stellen wollte sie ihn trotzdem nicht. Sie griff nach dem sexiesten Kleid, das ihr Schrank zu bieten hatte. Zum einen war es klassisch: schwarz. Zum anderen ein Blickfang: mit Pailletten besetzt. Und es ging nur bis kurz über den Po. Sie griff nach einem schwarzen BH – ihrem einzigen Exemplar mit Push-Up – und einem knallpinken Slip. Kein String. Valeska hatte behauptet, dass sie immer String trage. Auch beim Schlafen. Aber die hatte ja auch schon einen Freund. War ja bei ihr egal, was sie untenrum trug. Nachdem sie in das schwarze Pailletten-Kleidchen geschlüpft war, stellte sie sich wieder vor den großen Wandspiegel. Das Kleid lag viel zu sehr an – es betonte ihre Kakerlaken-Figur: Einerseits zeichneten sich ihre Speckröllchen und ihre runden Hüften deutlich ab, andererseits wurden, dank der Kürze des Kleides, ihre schlanken Beine hervorgehoben. Was blieb ihr anderes übrig? Eine wirkliche Alternative gab ihr Schrank nicht her. Musste sie halt den ganzen Abend (noch mehr) den Bauch einziehen. Dabei hatte sie sich schon so auf die Triple-Chocolate-Cupcakes gefreut, die Julie versprochen hatte, mitzubringen. Julies Triple-Chocolate-Cupcakes waren der Hammer.

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