Inga Kess
Endlich einmal kurze Geschichten
- für jeden etwas
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Inhaltsverzeichnis
Titel Inga Kess Endlich einmal kurze Geschichten - für jeden etwas Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort Vorwort Irgendwann im Jahre 2010 entdeckte ich meine Vorliebe für Schreibwettbewerbe. Seitdem wurden zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte von mir in über fünfzig Anthologien veröffentlicht. Darüber hinaus schrieb ich das Buch "Erzähl mir nichts vom Pferd - Geschichten einer Pferdenärrin". Immer wieder werde ich gefragt, wo man meine Geschichten lesen kann. Sollen meine Leserinnen und Leser fünfzig Anthologien kaufen? Wohl kaum, deshalb dieser Sammelband, der meine bereits veröffentlichten Werke der Jahre 2010 bis 2014 umfasst. Neuhausen, Juni 2017 Inga Kess
Wie alles begann
"Kann ich hier reiten lernen?"
Tür frei bitte zum Nikolausreiten!
Die letzte Reitstunde im Nobelstall
Wo fängt Armut an
Das braune Einhorn
Najade auf dem Meeresgrund
Die Eisprinzessin
Die Freiheit und die Hoffnung sind blau
Ganz leise erklingt eine Zigeunerweise
Arme oder Warme Ritter
Fernsehen bei Radio Moseler
Eine Tarnkappe, gibt's die?
Henriculus Agrippinus - das letzte Heinzelmännchen von Köln
Der Opa und sein Enkel
Tödlicher Irrtum
Mr. Pritchard's Geschäfte
Mörderische Sahara
Morde für „La Tulipe noire"
Der Fensterbohrer ist unterwegs
Datt is ja wie in Babel
Gute Nacht - schlaf schön ...
Das Wintertaxi
Alle Jahre wieder: Der Weihnachtshase
Mai-Ling kann nicht sprechen
Das Buchstabenspiel
Exotische Haustiere
Schnuffi mag kein Gucci-Flora
Der weiße Indianerbüffel
Das gestohlene Zauberbuch
Rettet die Streuobstwiesen!
Henriette
Nie mehr umziehen
Die Zuflucht
Er – meine große Liebe?
Adel verpflichtet
Schau mir in die Augen Kleines
Nicht berechenbar
Drakon & Co.
Alles Glück der Erde…
Impressum neobooks
Irgendwann im Jahre 2010 entdeckte ich meine Vorliebe für Schreibwettbewerbe. Seitdem wurden zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte von mir in über fünfzig Anthologien veröffentlicht. Darüber hinaus schrieb ich das Buch "Erzähl mir nichts vom Pferd - Geschichten einer Pferdenärrin".
Immer wieder werde ich gefragt, wo man meine Geschichten lesen kann. Sollen meine Leserinnen und Leser fünfzig Anthologien kaufen? Wohl kaum, deshalb dieser Sammelband, der meine bereits veröffentlichten Werke der Jahre 2010 bis 2014 umfasst.
Neuhausen, Juni 2017
Inga Kess
Heute - mit über siebzig Jahren - werde ich immer noch gefragt: „Reiten Sie schon lange?“ Was soll ich darauf antworten? Wie kam ich eigentlich zur Reiterei? Vage Erinnerungen an Kindheitserlebnisse tauchen dann vor meinem inneren Auge auf.
Reitschulen oder Reitunterricht gab es kurz nach dem Kriege bei uns auf dem Land nicht. Als Leseratte kannte ich natürlich Pferde, wie z.B. Iltschi, das Pferd Winnetous, Rih, den Rappen von Kara Ben Nemsi oder Hatatitla Old Shatterhands Pferd. Bei uns am Niederrhein gab es nur Brabanter, auch Belgier genannt, schwere Kaltblüter, die als Arbeitspferde gebraucht wurden. Mein Traum Pferde wie Iltschi, Rih oder Hatatitla zu reiten, würde sich wohl nie erfüllen.
Als Kind schlich ich mich heimlich auf die großen Wiesen am Niederrhein. Dort verbrachten die schweren Kaltblüter manchmal einen Ruhetag. Noch heute sehe ich die mächtigen Arbeitspferde mit ihrem seltsam verschimmelten Fell vor mir. Immer noch höre ich die Warnungen der Erwachsenen: „Pferde beißen vorne, treten hinten und trachten dem Menschen nach dem Leben.“ Ich habe diese Riesen als gutmütig kennen gelernt, kletterten wir doch auf Pferde, auf denen noch nie ein Reiter gesessen hatte, ritten sie ohne Sattel, ohne Trense, ohne Halfter. Weg konnten die Dicken nicht. Die Weide war, wie damals üblich, mit Stacheldraht eingezäunt. Einige Grasflächen lagen unter dem Meeresspiegel. Es gab viele für das Auge kaum erkennbare Sumpfstellen. Natürlich war es streng verboten, zu den Pferden zu gehen, geschweige denn sie zu reiten. Wir Kinder versuchten es immer wieder – natürlich heimlich.
Wieder einmal saßen meine Freundin und ich verbotenerweise auf den schweren Arbeitspferden und versuchten, sie in Gang zu bringen. Als der Bauer kam, sprangen wir ab und flüchteten. Zu jener Zeit war man mit Prügel nicht zimperlich. Gott sei Dank rannten wir schneller als der Bauer. Doch, oh Schreck, kaum in Sicherheit, bemerkte ich, dass mir ein Schuh fehlte, und zwar eine Lackleder-Sandalette meiner Mutter.
Kurz nach dem Krieg besaß ich keine eigenen Schuhe. Meine Füße waren sehr schnell gewachsen. Obwohl es bereits Spätherbst war, trug ich noch die Sandalen mit langen Strümpfen und dicken Socken. Jetzt war ein Schuh weg. Was war zu tun? Endlich gab der Bauer die Suche nach uns auf. Von irgendwo her besorgte ich einen riesigen Ast oder ein Brett – so genau weiß ich das nicht mehr – robbte auf dem Bauch zu der Sumpfstelle und angelte tatsächlich den Schuh aus dem Sumpf.
Indessen hatten sich die geflochtenen Riemchen, deren Ränder nur geklebt waren, aufgelöst. Vom Sumpf aufgequollen sahen sie schrecklich aus. Mir blieb mir nichts anderes übrig, ich musste die Schuhe weiter tragen. Außerdem verhängte meine Mutter als Strafe Stubenarrest. Nun traute ich mich nicht mehr zu den Pferden, träumte aber jede Nacht von tollen Ritten und feurigen Rossen.
Mit zunehmendem Alter verblasste die Erinnerung an die Pferde. Man sah sie nur noch selten. Der Traktor hatte die Pferde ersetzt.
"Kann ich hier reiten lernen?"
Nach langen Jahren flammte mein Interesse für Pferde und Reiten wieder auf. Mittlerweile achtundzwanzig oder neunundzwanzig Jahre alt, arbeitete ich als Lehrerin in der Nähe einer rheinischen Großstadt. Eine Kollegin bat mich, sie zum Reiten aufs Land zu fahren, weil ihr Auto in der Werkstatt war.
In der Reitanlage angekommen, schlenderten wir zum Pferdestall. Einige Pferde standen in Boxen, andere in Ständern, was heute aus Tierschutzgründen verboten ist. Ständer waren kleine, durch Wände abgetrennte Bereiche, in denen sich die Pferde nur mit Mühe hinlegen konnten. An der Frontseite befand sich die Futterkrippe, darunter war meist ein eiserner Ring angebracht, an dem die Pferde mit einem Strick angebunden wurden.
Energisch ging meine Kollegin zu einem Pferd in einem Ständer, sprach es von hinten an, klopfte ihm das Hinterteil, drückte sich an ihm vorbei und fütterte es mit Leckerbissen. Wie ich auf der Stalltafel lesen konnte, hieß die riesige Fuchsstute Freya. Mit ihr sollte ich später noch Bekanntschaft machen.
Die Mahnungen meiner Kindertage vergessend, sprach ich Freya, ebenfalls von hinten, mutig an. Dann klopfte ihr das Hinterteil, drückte mich an ihr vorbei bis an den Trog und gab ihr ein Stück Brot. Manierlich mit ganz weichen Lippen fraß sie vorsichtig das Stück Brot aus meiner Hand. Ein völlig neues Gefühl beschlich mich. Ich, die vor Hunden Angst hatte, der Katzen unheimlich waren, die mit Vögeln nichts anfangen konnte, empfand wie in meinen Kindertagen eine spontane Zuneigung zum Pferd.
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