Anna gesellte sich zu ihr und gemeinsam bereiteten sie das kräftige Essen für den heutigen Tag zu.
Ihre drei Männer, Władek mit seinen beiden Söhnen, Edek und Piotr, gingen ein Stück des Weges gemeinsam. Dorthin zu der Stelle, an der die Wieprz einen seichten Übergang durch den Fluss ermöglichte. Da fiel Władek urplötzlich die Kirche ein. >>Ach Gott, ach Gott. Der erste Tag des Ausbaus und ich vergesse, dass ich für heute schon eingeteilt bin! Könnt ihr den Pflug schon mal ohne mich durch den Acker ziehen und die Schollen grob liegen lassen, damit Schnee und Frost sie tüchtig durchfrieren? Diese Arbeit kann einige Tage dauern, also kann ich noch genügend mithelfen. Aber heute habe ich zugesagt und muss zuerst mit eurem Großvater, Onkel Jacek und Stanisław in der Kirche den Ausbau beginnen. Zum Mittagessen komme ich rüber zu euch aufs Feld!<<
Die beiden Jungs wateten durch den Fluss zum großen Feld hinüber und machten sich daran, im Unterstand die nassen Kleider zu wechseln. Wie dem Vater versprochen, zogen sie gemeinsam den schweren Pflug heraus, spannen das bei frostfreiem Wetter immer auf der Weide grasende Pferd davor und zogen ihre Furchen. Ihren Spaß hatten sie dabei allemal, weil sie sich gehörig lästernd über die Freundinnen ihrer Brüder ausließen. Natürlich wurde auch über die bevorstehende Hochzeit ihrer Schwester gesprochen, die bestimmt bald im Dorf für Gespräch sorgen würde.
Endlich mal wieder eine prunkvolle polnische Hochzeit. Mit viel Tanz und Essen und allem drum und dran. Aber sicher, wie sie ihren Vater kannten, wird gewartet bis der Dachstuhl der Dorfkirche ausgebaut ist, damit im eigenen Dorf geheiratet würde. Władek war ein Mann und Vater; -sehr traditionsbewusst und heimatverbunden.
Die Jungs rätselten schon einige Zeit darüber, warum ihr Vater nicht so eifersüchtig, wie sonst war. Er führte sich überhaupt nicht mehr so gekünstelt wichtig auf, war ihnen aufgefallen. Immerhin heiratete seine einzige Tochter bald. Und das Haus würde sie dann bestimmt verlassen und einen eigenen Hausstand gründen. Hoffentlich blieb sie im Ort. Das wäre für Mutter ein Segen. Gegen diesen Marian hatte er nie etwas einzuwenden und ihn gleich akzeptiert. Schon seltsam, wo ihm doch die ganzen Jahre keiner gut genug für seine Prinzessin war. Aber so sind Väter eben, stellen die zwei trocken fest. Eventuell war er so friedlich, weil er jetzt rund um die Uhr eingespannt und an allen Ecken seine Meinung gefragt war. Außerdem bringen wir Burschen schöne Töchter ins Haus. Bei ihnen konnte er glänzen. Darauf freute er sich bestimmt heimlich. So, und noch mehr witzelten sie herum und zogen geduldig mit dem Ackergaul die Furchen des Feldes. Selbst waren sie ja auch vernarrt in ihre Eroberungen und leisteten sich den ein oder anderen prahlerischen Spruch darüber.
Mit dieser Arbeit und ihren ketzerischen Reden vergingen die frühen Stunden schnell. Bis sie merkten, dass ihnen der Rücken schmerzte. Die Hände krampften vom Festhalten des Lederriemens, der das Pferd führte.
Sie setzten sich an den Rand des Feldes, einen langen Grashalm zwischen den Zähnen und lästerten und träumten am hellen Tag in den buntesten Farben. Bis sie dachten, dass sie genug geruht hätten und erneut die Zügel des grasenden Pferdes ergriffen und ihren Trott von vorne begannen. >>Bis Mittag müssen wir ein gewaltiges Stück fertig haben, damit wir uns unser Essen verdienen.<< Lacht Piotr und neckt Edek weiter mit seiner Verliebtheit zu Emilia. Der ältere tat ganz cool, lief seine Furchen ab und lachte und scherzte mit seinem Bruder über dessen verrückten Versuch am vergangenen Abend, Basia die Sterne zu deuten. Beide saßen sie mit ihren Angebeteten am Fluss und träumten in den mit Millionen Sternen übersäten, nachtblauen Himmel hinein.
Es wurde wärmer, lauschig warm sogar und von fern hörten sie die Dorfglocke Mittag läuten. Nun gönnten sie dem Pferd und sich selbst wieder eine Pause. Schirrten es aus und liefen geschwind zum Fluss hinab, an dem ihnen schon ihre Mutter mit dem schweren Korb am Arm, halbwegs durch die Flussmitte gewatet, entgegen kam. Etwas weiter hinter ihr kam ein Mann heran gelaufen, stark mit den Armen gestikulierend. Als er näher kam, erkannten sie ihren Vater und hörten auch sein Rufen. >>Warte doch auf mich, warte doch Rozalka, ich trage den Korb!<< Rozalia hangelte sich mit Hilfe ihrer Söhne jenes niedrige Flussufer hoch und erreichte vor Władek angestrengt, aber glücklich lächelnd, das rettende Ufer.
>> Schaut einmal, was ich euch mitgebracht habe!<< Strahlte sie. Bei so einem prall gefüllten Korb mit Eiern, Schinken, Brot und Wurst und für Vater eine große Flasche kühles Bier vergaßen sie die mühevolle Arbeit schnell. Auch Władek kam nun heran geeilt.
Ganz außer Atem versuchte er, sich zu erklären. >>Warum hast du nicht gewartet? Du musst mich doch rufen gehört haben, Rozalia!<< - >>Ach Władek, komme erst einmal zu Atem und dann erzählst du mir, warum du die Jungs hier alleine so schwer ackern lässt!<<
>> Ich habe in der Zeit auch viel geleistet.<< Prustet er beleidigt los. >>Mir war doch total entfallen, dass ich heute schon in der Kirche zur Mitarbeit eingeteilt war. Aber nun bin ich ja hier und nach dem leckeren Mittagsstündchen geht es dann mit der Feldarbeit weiter!<< - >>Denkt daran, dass auch im Haus noch genug Arbeit ist. Anna kann nicht alles alleine machen. Und bei mir geht nun einmal im Moment nicht alle Arbeit gut von der Hand.<<
Dann schlug Władek vor: >>Ich denke, dass die Jungs mit dir nach Hause gehen könnten und ich den Rest des Tages alleine pflüge.<< So ein verlockendes Angebot brauchte er nicht ein zweites Mal vorzuschlagen. Seine Jungs waren zwar alle gerne in der Landwirtschaft tätig, liebten es aber auch, wenn es abwechslungsreich zuging. >>Ich werde mich ums Holzhacken kümmern.<< Warf Edward gleich freiwillig ein. >>Und ich schaue, was es beim Federvieh und im Stall sonst noch zu tun gibt. Außerdem wären da noch einige kleinere Handgriffe an Reparaturen am Haus zu verrichten, mein lieber Vater. Kümmere dich doch da mal zuerst drum, anstatt im Gemeinderat den ersten Posten zu beanspruchen.<< Hielt Piotr kühn seinem Vater entgegen.
Kaum, dass er dies ausgesprochen hatte, zog er den Kopf schnell weg, sonst hätte er sich für seine Frechheit eine kräftige Kopfnuss eingefangen. >>Du frecher Bengel. Mach nur, dass ich dir auf die Beine helfe. Werde erst einmal so anerkannt im Dorf, wie ich es bin. Dann kannst du mitreden.<< - >>Genug gefaxt, ihr Schwerarbeiter.<< Lenkte Rozalia müde ein. >>Ich werde mich jetzt nach unserer Stärkung auf den Rückweg machen. Geht ihr zwei dann gleich mit mir mit?<< Bei dieser Aufforderung erhoben sich Edward und Piotr, schnappten den nun fast leeren Korb fast gleichzeitig und wollten losrennen. Władek half seiner hochschwangeren und etwas ungelenken Frau beim schwierigen Aufstehen, drückte sie herzlich und scheuchte seine kichernden Söhne wie ein aufgescheuchter Hahn davon. Er selbst ging in Richtung Pferd, zäumte es vor den Pflug und legte los, weitere Furchen zu ziehen. Die Mutter mit ihren beiden jüngsten Söhne gingen zurück zum Fluss, um ihn erneut zu durchqueren, damit sie nach Hause gelangten. Zuhause angekommen, wechseln sie gleich die Kleidung, um wieder trockene Tücher um sich zu spüren.
Plötzlich verspürte Rozalia heftige Leibschmerzen und krümmte sich in Pein zusammen. Ein Aufschreien und schmerzverzerrtes Stöhnen schreckte ihre Söhne aus ihrer Sorglosigkeit hoch und sie stürzten sofort herbei, um zu helfen. Immer noch stöhnte diese laut und hielt krampfhaft mit einem Arm ihren Bauch umschlungen. Sie spürte ein warmes Etwas zwischen ihren Beinen herablaufen und stellte fest, dass da Blut kam. Schreckensbleich schaute sie ihre Jungs an und sofort kapierten sie, was da gerade passierte.
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