Antje van de Telt
Zwei Herzen im Sturm
Ein Liebesroman
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Inhaltsverzeichnis
Titel Antje van de Telt Zwei Herzen im Sturm Ein Liebesroman Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1 Kapitel 1 Für M. und R.
Am Strand
Aarons erster Schultag
Open sea
Ein überraschender Sonntag
Eine Chance für Paul
Ein unerwartetes Wiedersehen
Die ersten Treffen mit Paul
Pauls Plan
Susanns Geburtstag
Ein unvergesslicher Tag
Ein alter Freund ruft an
Mikes Vorschlag
Ein fatales Gespräch mit Mike
Ein misslungenes Abendessen
Am Plage de Bay
Eine Diagnose mit Folgen
Paul kehrt nach Hause zurück
Maries Aufbruch
Eine Trauerfeier für Mike
Glück im Unglück für Susann
Weihnachtsvorbereitungen
Das schönste Weihnachtsfest
Impressum neobooks
Für M. und R.
Paul hatte starke Schultern, das fiel jedem und vor allem jeder auf, die ihn an diesem warmen Wochenende am Strand point de vue in der Nähe von Guidel dabei beobachtete, wie er als Kitesurfer sowohl die Gesetzmäßigkeiten des Wassers als auch die der Luft außer Kraft zu setzen schien. Er zog sich an dem Henkel seines Drachens hoch, stemmte dabei das Surfbrett in die Höhe und schon erfasste ihn die Termik der Atlantikwinde und trieb ihn hoch in die Luft, in der er scheinbar endlos akrobatische Figuren ausführte, bevor er wieder sanft auf dem Wasser landete, der Drachenschirm über ihm wild flatternd. Susann und ihre Freundin Kathleen beobachteten das Spektakel aus weiter Entfernung, ohne dabei von den kitesurfenden Männern wahrgenommen zu werden. Susann verdrehte die Augen und warf ihr hübsches langes blondes lockiges Haar über die Schulter zurück. „Ich hasse solche angeberischen Männer“, sagte sie zu Kathleen und Kathleen kicherte: „Ja, das kann ich gut verstehen. Das sind wirklich Idioten.“
Paul war mittlerweile aus dem Meer wieder hervorgestiegen, Wassertropfen liefen an seinem gestählten und sommerlich gebräunten Körper herunter, ebenso hätten es Schweißtropfen sein können. Doch Paul hatte noch nicht genug. Er entledigte sich ungeduldig seiner Kitesurf-Ausrüstung und forderte dann seinen besten Freund Thomas, der mit ihm an den Strand gekommen war, zu einer Runde Joggen im Sand auf.
„Komm, sei kein Faulpelz!“, zog er ihn auf und Thomas stürzte ihm hinterher, den Sand unter seinen bloßen Füßen aufwirbelnd. So liefen sie Runde um Runde am glitzernden Meer entlang, auf dem andere Kitesurfer und vereinzelte Schwimmer als bunte Punkte im Wasser zu sehen waren. Die Drachenschirme schwebten tänzerisch spielend über der ruhigen See, deren Wellen rhythmisch gegen den Strand schlugen. Paul und Thomas zogen viele Blicke auf sich, als sie schweigend nebeneinander herliefen: der blonde Thomas mit seinen kristallklaren blauen Augen und der rassigere Paul, dessen dunkel gelockte Haare nun in der heißen Augustsonne schon wieder trocken wurden und wild in alle Richtungen aufsprangen. Seine Augenfarbe glich im Ton und in der Farbe schmackhaften Mandeln – sie konnten zart und temperamentvoll blicken, ein Blick, der Frauenherzen in jeder Situation zum Schmelzen brachte. Gerade aber schauten sie eher konzentriert, Schritt um Schritt den Sand vor den Füßen fixierend, immer auf ein Ziel – ihre Handtücher in der Nähe der Strandbar.
Paul war immer schon ein ehrgeiziger Mann gewesen, der daran glaubte, dass das, was er erreichen wollte, durch seine Willenskraft zu erreichen war. Und erreichen wollte Paul vieles in seinem Leben: nach einem 1,0er Abschluss an der berühmten ENA hatte er auf eine Karriere im Dienste des französischen Staates verzichtet, um seine professionelle Kitesurfer-Karriere weiter voranzutreiben. Nach einem Jahr hatte er bereits sämtliche wichtige französische Wettbewerbe gewonnen und konzentrierte sich nun auf seine internationale Karriere. Längst konnte er sehr gut von Sponsorengeldern leben. Er wohnte in einer charmanten Maisonette, ganz in der Nähe des Strandes, mit einer Terrasse mit Blick auf das Meer. Das Meer war sein eigentlicher bester Freund, auch seine Geliebte, obwohl es Paul an Frauen nie zu mangeln schien: aber das Meer war es, dass er auf seiner Terrasse besang, wenn er abends bei Sonnenuntergang mit einem Glas Wein und seiner Gitarre den Tag ausklingen ließ.
Sein Freund Thomas war da von ganz anderer Art. Einige Jahre jünger als Paul befand er sich noch mitten in seinem Studium der Politikwissenschaften und Philosophie. Das Kitesurfen war für ihn ebenso wie das Fußballspielen eine willkommene Abwechslung zum Universitätsalltag, aber Thomas war deutlich nachdenklicher als Paul, und verträumter.
Auch an diesem Tag zog Paul alle Blicke der Frauen auf sich, als er sich schließlich neben Thomas in einen weißen Liegestuhl fallen ließ, sich mit einem mitgebrachten Handtuch die stählernen Muskeln trockenrieb und schließlich bei der herumlaufenden Kellnerin der Strandbar einen alkoholfreien Drink bestellte. Die Kellnerin brachte ihm den orangegelben Cocktail mit einem flirtenden Lächeln. Sie war jung und schön, doch Paul beachtete sie nicht weiter. Er schaute hin zum Horizont, zu den bunten Punkten der Menschen und den weiter in der Ferne vorbeifahrenden Kreuzfahrtschiffen. Er dachte kurz darüber nach, wie sich die Menschen auf diesen Luxusdampfern wohl fühlen mussten, unter der warmen französischen Sonne, dass sie wohl glücklich sein würden in ihrem Urlaub, aber beneiden tat er sie nicht. Für ihn fühlten sich alle 365 Tage im Jahr wie immerwährende Sommerferien an. Im Winter, wenn es kälter wurde, zog er vom stürmischen Atlantik in die milderen Gebiete Südfrankreichs in sein Ferienhaus nach St. Tropez, und er nutzte die Wettbewerbspause, um im hauseigenen Pool zu schwimmen und abends regalweise Bücher zu lesen, die Klassiker, von Shakespeare bis Dante. Obwohl Paul einer eher körperlichen Betätigung nachging, so war er doch gebildet und belesen. In der heißen Mittagssonne fiel es ihm aber schwer einen klaren Gedanken zu fassen, deshalb legte er die mitgebrachte Zeitung wieder beiseite und machte ein paar Liegestützen im Sand. Der Sand fühlte sich warm und angenehm an, wie er so unter seinen Handflächen hinwegrieselte; es war wie die Massage einer schönen Frau. Seine Schulterblätter zeichneten sich scharf auf seinem Rücken ab, sein Bizeps trat bei jedem Auf und Ab der Bewegungen empor. Die Kellnerin versuchte seinen Blick zu fangen und kam sogleich herbeigeeilt, als er sich wieder in die Liege zurückfallen ließ.
„Kann ich dir noch etwas bringen?“, säuselte sie. Paul verneinte, freundlich aber bestimmt. „Wenn du willst, kannst du gerne auch mal im Seaside vorbeikommen. Da bediene ich abends immer.“
Paul zwinkerte ihr zu, aber es war ein mechanisches Zwinkern. Sie ging trotzdem beglückt zurück zu ihrem Stand, ihre Hüften ließ sie dabei locker schwingen, ihr Minirock reichte kaum zum Ansatz ihrer Schenkel, darunter blitzte ein pinkfarbener Bikini. Susann und Kathleen hatten die Szene von weitem beobachtet.
„Ich würde mich ja nie an so einen Typen ranmachen!“, sagte Susann, „da macht man sich ja höchstens lächerlich. Der Kerl hat doch bestimmt zehn Frauen am Start.“
„Wahrscheinlich schon in einer Nacht!“ Kathleen und Susann lachten.
„Hängt dieser Typ hier eigentlich immer herum? Ich sehe ihn fast ständig, wenn ich hierherkomme“, fragte Susann.
„Oh ja, er ist hier wirklich von morgens bis abends. Aber ich kenne ihn, ich habe erst vor kurzem einen Bericht in der Zeitung über ihn gelesen.“
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