A Better Tomorrow verkauft limitierte T-Shirt-Editionen, die von den Nutzern ausgewählt und gestaltet werden; Vente-Privee hat mit seinen Abverkaufsaktionen den ewigen Schlussverkauf populär gemacht. Blacksocks vertreibt erfolgreich Sockenabos -und Personello macht mit personalisierten Produkten Umsätze von 2,5 Mio. Euro.
Zumeist sind es denn auch nicht die Etablierten, die online experimentieren und dem Versandhandel mit neuen Geschäftsmodellen neue Impulse geben, sondern Startups und branchenfremde Unternehmer: Spreadshirt, PersonalNovel, MyMüsli sind weitere Beispiele. Eigentlich kein Wunder, dass auch die Marktführer Amazon und Ebay nicht aus der Branche kommen.
Interessanterweise finden gefühlte 99% der neuen Geschäftsmodelle in der öffentlichen Wahrnehmung keine größere Beachtung, obwohl viele inzwischen sehr erfolgreich und profitabel arbeiten. Doch die Manager etablierter Unternehmen denken anders und überlegen immer zuerst, wie sie ihr bestehendes Geschäftsmodell in die digitale Zeit retten können.
Wenn also ein Media Markt nun wieder mit dem Gedanken spielt, E-Commerce zu treiben, dann ist in den Ankündigungen sehr viel die Rede von One-Stop-Shopping, von Synergie-Effekten, etc -und weniger davon, wie denn das optimale Geschäftsmodell für einen Elektronikversender aussehen müsste.
Die Mauerblümchen des E-Commerce
Es gibt Geschäftsmodelle im erweiterten E-Commerce-Umfeld, die sich immer noch erstaunlich schwer tun, obwohl sie grundsätzlich auch nicht wesentlich komplexer scheinen als die Modelle von Ebay & Co. Online-Pfandhäuser sind ein typisches Beispiele dafür.
Trotz einiger Anläufe konnte sich die Pfandleihe online nie durchsetzen. Vielleicht auch weil es antizyklische Geschäftsmodelle generell schwer haben. In guten Zeiten scheinen sie wenig lukrativ - und in schlechten Zeiten fehlt potenziellen Investoren das Geld zur Finanzierung.
Entsprechend zählen Pfandleiher wie Borro in England oder Pfandy eher zu den Mauerblümchen des Internet. Zu den wenigen Fürsprechern zählt Andreas Haug, Managing Director bei eVenture Capital Partners, dem VC-Arm des Otto-Konzerns. Er glaubt an alternative Zahlungsmethoden im E-Commerce und räumte kürzlich im Interview mit dem Kassenzone-Blog speziell auch „Barter-Modellen oder Pfandhausmodellen sehr gute Chancen ein“.
Was bereits deutlich mehr Anklang findet, ist die Inzahlungnahme von gebrauchten Produkten, speziell Spielen, iPods oder Spielekonsolen. Das Berliner Startup Trade-a-Game hat im letzten Jahr Produkte im Wert von mehreren Millionen Euro angekauft und will den Umsatz in diesem Jahr auf über 10 Mio. Euro verdoppeln. Es will seinen Gebrauchtwarenmarkt unter dem Label ReCommerce stark ausbauen und sieht sich in seiner Ausrichtung bestärkt, seit Amazon Anfang März in den USA ebenfalls begonnen hat, gebrauchte Spiele in Zahlung zu nehmen.
Gebrauchtwarenmärkte wie Trade-a-Game appellieren an das soziale Gewissen und versuchen sich, als umweltschonende Alternative zur Wegwerfgesellschaft zu positionieren.
Neben dem Gamingbereich haben sich Zweitmärkte vor allem im Kunstbereich etabliert. Auch Schmuck ist im Kommen. Bei RedSwan können die Nutzer ihren alten Schmuck zu Geld machen und die Erlöse zum Beispiel für wohltätige Zwecke spenden.
Doch während Experten schon seit längerem einen Trend zu temporärem Besitz sehen, werden nicht alle vermeintlich guten Ideen in diesem Bereich zum erhofften Erfolg.
Zu einem der größten Investmentflops der letzten Jahre haben sich die Ebay Dropshops entwickelt. Sowohl Auctiondrop in den USA als auch der deutsche Nachahmer Dropshop sind wieder vom Markt verschwunden. Vielleicht war aber auch nur das Timing schlecht und auch diese Idee kehrt in abgewandelter Form zurück.
Macht sich eBay selber überflüssig?
Ebay macht derzeit offenbar genau das Richtige. Nämlich das, was jeder MBA-geschulte Unternehmensberater empfehlen würde: Da das Geschäft mit fixen Preisen boomt und zunehmend mehr Kunden ihre Ware sofort kaufen, forciert Ebay diesen Geschäftszweig und versucht seine Plattform in diese Richtung zu trimmen.
Aber lassen die Ebay-Strategen damit nicht einen maßgeblichen Treiber und Erfolgsfaktor außer Acht? Lag Ebays Kernkompetenz bisher nicht darin, einen offenen Marktplatz zu betreiben, auf dem es möglichst fair zugeht und alle Beteiligten auf ihre Kosten kommen?
Ebay stellt die Plattform bereit, und eine Vielzahl motivierter Händler und Verkäufer sorgt für gute Geschäfte. Damit hat sich Ebay trotz der unvermeidlichen Konflikte eine enorme Kompetenz aufgebaut - und ist zum weltweit wichtigsten E-Commerce-Player aufgestiegen, ganz ohne eigene Handelskompetenz und Verkaufserfahrung.
Das soll nun anders werden. Ebay will viel stärker selber eingreifen. Der offene Marktplatz soll zum „managed marketplace“ werden: „Wir schaffen das ,neue eBay‘ und haben das Zeug, im riesigen Markt für Gebrauchtwaren und Restposten („Secondary Market“) zu gewinnen“, lautete die Parole auf der Hauptversammlung Ende April.
Ebay hat es schon einmal mit einem „managed marketplace“ versucht - und ist mit Ebay Express kläglich gescheitert.
Der damalige Projektleiter analysierte später in seinem Blog: „Es mag für viele schwer vorstellbar sein, wie unglaublich unterentwickelt bei Ebay zu dieser Zeit das Wissen über die Grundlagen von Einkauf, Sortiments- und Preisgestaltung, Logistik und Promotion war. Über 10 Millionen Produkte zu haben ist das eine. Es hilft aber wenig, wenn man nicht das richtige Produkt zur richtigen Zeit hat.“
Genau vor dieser Herausforderung steht eBay nun erneut. eBay steigt als Nicht-Händler in den Ring mit gestandenen Online-Händlern wie Amazon oder Vente-Privee. Mit absehbaren Folgen.
Denn was passiert, wenn Ebay die vielen kleinen Händler schrittweise verdrängt und gleichzeitig sein Marketingbudget eindampft, ließ sich in den letzten beiden Quartalen schon ganz gut beobachten. Die Kunden bleiben aus.
Ebay kämpft mit zweistelligen Einbrüchen bei den Händlerumsätzen, während sich Amazon über zweistellige Zuwächse freut. Währenddessen lacht sich der Online-Handel ins Fäustchen. Denn nachdem sich der Handel jahrelang an eBay die Zähne ausgebissen hat, scheint sich eBay nun zunehmend selber überflüssig zu machen.
Reisen als soziale Aktivität
Was, wenn Hoteliers, Airlines und Destinationen lernen, sich und ihre Gästen besser zu vernetzen und das Web aktiver zur Kundenbindung zu nutzen? Welche Auswirkungen hätte das auf bestehende und auf neue Reisevermittler? Mit diesen und anderen Fragen befasste sich das IdeaCamp09, zu dem das Tourismuszukunft - Institut für eTourismus und Thomas Cook Mitte Mai 2009 sechzehn Online-Branchenvertreter nach Teneriffa eingeladen haben.
Nicht nur Google und HolidayCheck haben sich zu ernsthaften Wettbewerbern bei der Auswahl und Vermittlung von Reiseangeboten entwickelt. Vor allem die Fülle an frei zugänglichen Kundenmeinungen ist es, die die Veranstalter in Zugzwang bringt. Ließen sich in Reisebüros und Katalogen die Anbieter noch ganz gut vom Unmut der Gäste abschirmen, so trifft er sie inzwischen ebenso unvermutet wie ungefiltert online. Entsprechend viel Zeit verwendet das Team von Tourismuszukunft für die Aufklärung vor Ort. In Workshops und Schulungen versuchen sie, die Zielgebiete für die Problematik zu sensibilisieren und ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie sich besser wappnen können.
Denn wie und wo gelangen Urlauber künftig an Ideen und Informationen für ihre Reise? Das bleibt eine der zentralen Fragen der Online-Touristik. Vor allem in kundennahen Bereichen, bei der Informationsbeschaffung sowie der Nutzeransprache setzt sich der Umbruch fort. Ist es heute Google, so könnten morgen Facebook oder Twitter die neuen Trafficschleusen sein.
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