Die Zeit eines Spielers ist im Grunde durchgehend eine verdammt dunkle Zeit, doch es ist nicht Mitleid, was ein Spieler benötigt, sondern Gewissheit. Ich kann jedem Spieler mit Gewissheit sagen, dass es seinen Untergang bedeuten wird, wenn er weiterhin sein Geld verspielt. Denn letzten Endes bezahlt man das Spiel nicht mit Geld, sondern mit seinem Leben.
Ich hatte nochmal Glück, Glück in dem Sinne, dass ich keine Maschine benötige, um mein „Glück“ erkennen zu können. Doch diese Einsicht dauerte Jahre, bis sie sich entwickeln konnte. Das Leben wird weitergehen, die Welt wird sich auch dann noch weiterdrehen, wenn wir als Spieler dem Spielen für immer entsagen. Wir werden weiterleben, weil es unser Wille ist, der nie verschwand. Kein anderer muss es Ihnen zutrauen, nur Sie müssen es sich selbst zutrauen. Sie müssen einzig und allein Ihr Wissen nutzen, um Ihre Gedanken umsetzen zu können. Halten Sie mit derselben Hingabe am Leben fest, wie Sie es Tag für Tag am Automaten taten – dann können Sie nicht scheitern.
Wer vom Leben flüchtet, läuft dem Tod schnurstracks entgegen. Ich spielte, um vor der Realität flüchten zu können, meine Gedanken kreisten um alles und jeden, ganz besonders um den Automaten, denn der war mein Bezugspunkt in dieser bzw. in meiner Welt. Doch erst ab den Zeitpunkt, als ich meine eigenen Gedanken gezielt hinterfragte, änderte ich die Gegebenheiten. Ich musste die Welt nicht verändern, um zufrieden sein zu können, ich musste meinen Blickwinkel sprich meine Wahrnehmung weiterentwickeln, um die Welt akzeptieren zu können. Mein Hass hätte mich getötet, davon bin ich heute fest überzeugt. Aus der Aussichtslosigkeit heraus, lenkte ich einst meine Sicht gegen die extrem ansteigende Glücksspielsucht und bemerkte, dass ich jeden spielfreien Tag, etwas mehr am Leben festzuhalten begann. Je gefestigter ich am Ausstieg festhielt, desto stärker wurde der Gegenwind gewisser Personen und Institutionen. Ich brachte mein Leben auf Papier und es folgten viele Ausstiegsmethoden. Pro Monat festigte sich meine Haltung zum Leben und ich hielt mehr denn je am Ausstieg fest. Der Ausstieg wurde mein Leben. Meine Bestimmung. Mein Schicksal. Als ich mich das erste Mal öffentlich entschlossen gegen Spielsucht und dem daraus folgenden Endresultat „Suizid“ aussprach, legte man ihn mir persönlich auf Seiten der Glücksspielindustrie nahe. Man hätte es begrüßt, wenn ich das stille Ende gewählt hätte.
Eine Zufallserkrankung würde einen Politiker, wie jeden anderen Menschen auch, als Opfer darstellen, doch die ansteigende Spielsucht nimmt Politiker zwangsläufig in die Pflicht. Jegliche Verantwortung kann somit nur durch angebliche Unwissenheit verschleiert bzw. entschärft werden. In vielerlei Hinsicht ist der Staat die Krankheit und die Heilung zugleich, jedenfalls solange er beides ungeniert präsentieren kann. Ich denke, dass es nicht einmal 100 Menschen in Deutschland zu finden gibt, die das Ausmaß einer Spielsucht zu 100 Prozent beschreiben könnten.
Ein Automat kostet im Einkauf ca. 6.000-8.000 Euro, etwa drei Monate später werden sich die Ausgaben des Aufstellers eingespielt haben, der Automat schreibt somit nach kürzester Zeit bereits schwarze Zahlen. Ein einzelner Automat besitzt schlussfolgernd einen enormen Wertgewinn. Dank exzessives Spielen ist dies möglich. Das ist wahrlich Kapitalismus der feinsten Art.
Global und Wirtschaftlich betrachtet, ist die Spielsucht eine versteckte Steuer. Der Staat möchte an Ihr Geld, es besser als mit Glücksspiel zu tarnen, ist meiner Meinung nach schier unmöglich. Denn Ihr Geld wandert so still und heimlich, so unscheinbar in die Taschen des Staates, dass Sie es weder bemerken, noch die Schuld bei jemand wirklich involvierten suchen würden.
Sie wurden wie jeder andere auch, seit der Geburt regelrecht in eine vorgegebene Form gezwängt, doch „Zwang“ hat noch nie Freiheit erschaffen; weder im Krieg noch in der Politik. Doch Sie können nicht mit dem Finger auf die Politik oder die Gesellschaft zeigen und behaupten: „Ihr tragt die Schuld an meiner Erkrankung!“ – Denn es ist Ihre Entscheidung, was Sie aus Ihrem Leben machen wollen. Die Welt besteht nicht nur aus Regen oder Sonnenschein, die Welt kann verdammt grausam sein und ganz besonders deren Bevölkerung, doch die Welt trägt keinerlei Schuld daran, welche Entscheidungen der Mensch trifft.
Würden einflussreiche Politiker im Bereich des Glücksspiels ein einziges Mal Klartext sprechen, wäre die Wahrheit zu unmenschlich, um sie glauben zu wollen. Feststeht, dass jedes Land, das das Glücksspiel staatlich monopolisiert bzw. einen hohen Anteil der Einnahmen schöpft, die Einnahmen dringend benötigt. Ob Spieler sich das Spielen leisten können oder nicht, spielt in diesem Fall – auf politischer Ebene – keinerlei Rolle. Wenn ein Staat behauptet, er würde alles für die Verhinderung von Spielautomatensucht gutheißen bzw. unterstützen, wird das Vorhaben der Suchtbekämpfung dennoch ad absurdum geführt. Machen wir uns nichts vor, Geld wächst nicht auf den Bäumen, wir befinden uns in einem Geld-Schuld-System, wenn ich mich mit 10 Euro im Plus befinde, ist ein anderer wiederum 10 Euro im Minus. Wenn ich beispielsweise 1.000.000 Euro besitze, müssen zahlreiche Menschen den Banken 1.000.000 Euro schulden – sonst würde ich das Geld nicht besitzen. Geld haben bedeutet zugleich, dass andere wiederum Geld benötigen, das „Haben“ und „Soll“ auf Ihrem Bankauszug bekommt somit eine völlig neue Aufmerksamkeit geschenkt. Was der Eine gewinnt, verliert ein anderer. Das ist das Spiel, nur darum geht es, um Geld. Im Grunde genommen ist es ein Nullsummenspiel. Alles geht nur um die Kohlen. Wenn Sie Geld verspielen, besitzt es jemand anderes, und dieser Jene, ist kein Geringer, als die Regierung – da der Staat es ist, der den höchsten prozentualen Anteil jedes Glücksspiels für sich beansprucht. Geld wird nicht neu erschaffen, es wird hin- und hergeschoben. Plötzlich gilt Papier als etwas so enorm Wichtiges, fast schon heilbringend. Geld potenziert, keine Frage. Ist man ein aufrichtiger Mensch, unterstreicht Geld diese Tugend, doch ist man hochnäsig und im Grunde genommen ein Idiot, unterstreicht Geld diesen Charakterzug ebenfalls und man mutiert vom Idioten, zum größten Vollidiot. Menschen, die Macht erhalten, fürchten nichts mehr, als die erhaltene Macht wieder zu verlieren. Darum werden Menschen eigensinnig, besitzen Geld, versuchen es jedoch um jeden Preis zusammenzuhalten. Plötzlich sind die finanziell Unabhängigsten, zugleich die Geizigsten unter uns.
Vom Geldausgeben wurde bekanntlich noch nie jemand reich, andererseits hilft es auch niemanden weiter, wenn man der Reichste auf dem Friedhof sein wird. Unmenschliche Entscheidungen entstehen aufgrund dieser Habgier. Objektive Entscheidungen werden getroffen, ohne Rücksicht auf Verluste, weil nur dadurch noch mehr Geld geschöpft werden kann. Plötzlich werden Menschen mit Geld abgewogen und egal wie Mächtig ein Mensch oder ein Unternehmen bereits ist, steht man vor der Wahl zwischen Geld oder dem einzelnen Menschen, wird man sich für das Geld entscheiden. Die 500 größten Konzerne der Welt, besitzen 52 Prozent des Weltbruttosozialprodukts. Diese Firmen, die letzten Endes einer Handvoll von Unternehmern zuzuordnen sind, unterliegen keiner staatlichen gewerkschaftlichen parlamentarischen Ordnung – sie funktionieren und existieren auf einem einzigen Prinzip: Profitoptimierung. Dadurch wurde über den gesamten Planeten eine Art von „Diktatur“ errichtet, die jegliche staatliche Macht außer Kraft setzt. Somit kontrolliert gerademal ein Prozent der Menschheit das gesamte Weltwirtschaftssystem, dieses eine Prozent besitzt nämlich 99 Prozent des Geldes, rund 7 Milliarden Menschen sind – objektiv betrachtet – deren Marionetten. Ein Prozent besitzt all das Geld, sie bestimmten über Krieg, Frieden, Politik und Religion – und warum? Weil mittlerweile alles nur noch eine Frage des Geldes ist. Und während die Glücksspielindustrie den Spielern weiterhin Geld abnimmt, das wir im Grunde gar nicht besitzen, nimmt es der Staat wiederum den Glücksspielindustrien und lässt es von Banken aufbewahren, die sich kurioserweise im Privatbesitz befinden. Letzten Endes dreht sich dadurch das Geld solange im Kreis, bis die oberste Schicht der Reichen noch reicher wird, die unterste Schicht noch höhere Schulden verzeichnet und der Staat schon fast regungslos dabei zusieht, wie jegliche Volksfreiheit privatisiert wird. Der Staat sieht schweigend zu, möchte aber dennoch das größte Stück vom Kuchen. Das schon fast traurige an der Sache, ist die unbestreitbare Tatsache, dass es sich täglich wiederholt. Sie besitzen als Spieler genau dort Schulden, wo der Staat „sein“ Geld aufbewahrt, in einer privaten Bank. „Geld regiert die Welt“, doch wer regiert die Welt, wenn selbst die reichsten Unternehmer ihr Geld genau dort abliefern, wo Sie sich sämtliche Kredite erbetteln, um den Hauch von Freiheit spüren zu dürfen?
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