„Okay!“ sagt sie seufzend und beginnt zu tippen.
> ‚Hallo Dad! Schön, dass es Tristan besser geht und er wieder gesund wird.
Von Matt haben wir allerdings noch keine Ergebnisse, die bekommen wir erst morgen im Laufe des Tages!
Ich habe unterdessen eine Scheiß Angst, denn das was Dr. Spector heute Morgen gesagt hat, über die Blutwerte aus Ungarn, hört sich nicht gut an.
Matt war heute Morgen jedenfalls bei der Blutabnahme und im Kernspin und jetzt heißt es erst einmal abwarten und bangen.
Ich vermisse Dich.
Deine Tochter Saundra.‘<
Saundra atmet tief durch als sie die SMS abschickt und kämpft schon wieder mit aufsteigenden Tränen.
„Mist! Deine Mum soll ich ja auch noch anrufen, deshalb denke ich Dr. Spector ist sich schon ziemlich sicher, sonst hätte er das nicht mit der Liste gesagt.
Aber ich kann es Laura nicht sagen, ich bringe das nicht fertig, Matt.“ sagt sie traurig und ein paar Tränen rollen ihre Wangen hinab.
Vorsichtig nehme ich ihr Gesicht in beide Hände, küsse die Tränen einfach weg und flüstere ihr zu.
„Nicht weinen Baby, wenn es so ist, dann können wir es nicht ändern. Da müssen wir jetzt leider durch und Mum rufe ich am besten selbst an.“
Saundra schluckt hart und nickt, presst die Lippen zusammen und kneift verzweifelt die Augen zu.
Somit lasse ich sie wieder los und greife zu meinem Mobile Phone das auf dem Nachttisch liegt und wähle die Nummer meiner Eltern, welche heute alle beide Zuhause sein müssten … denn es ist Sonntag.
„Matt!“ meldet sich Mum, denn sie sieht natürlich meine Nummer auf dem Display ihres Telefons.
„Schön, dass du endlich anrufst! Ich habe dir schon drei E-Mails geschrieben! Warum schreibst du denn nicht zurück? Wo seid ihr denn verdammt noch mal?“
„Mum!“ sage ich bedrückt und mache eine Pause um tief Luft zu holen, welche sie sogleich ausnutzt.
„Matt, was ist denn los? Du klingst so bedrückt?“ ruft sie aufgeregt.
„Mum, mach‘ erst einmal langsam und lass‘ dir erzählen bitte. In Ungarn ist etwas Schreckliches vorgefallen…“ presse ich mit klopfendem Herzen hervor und atme erneut tief ein.
„Um Gottes willen! Was ist denn passiert? Ist irgendetwas mit Saundra oder mit Lázló? Jetzt rede doch endlich.“ sagt sie hektisch.
„Mum, man hat auf uns geschossen und dabei wurde Tristan … du weißt schon der Lehrer von Chitam schwer verletzt.“ beginne ich zu erzählen.
„Ja und weiter? Was ist mit Saundra und Lázló?“ fragt sie entsetzt.
„Tristan brauchte eine Blutspende, dabei hat das Krankenhaus von uns allen Blutproben gebraucht.“ antworte ich und versuche krampfhaft den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken, welcher sich langsam bildet.
„Ja und was ist damit? Rede doch weiter und lass‘ dir nicht alles aus der Nase ziehen.“ sagt sie ungeduldig.
„Dabei haben sie bei mir eine Auffälligkeit entdeckt. Es könnte sein, dass ich Leukämie habe Mum.“ raune ich den letzten Satz nur noch leise und schließe erleichtert die Augen über die Tatsache, dass es endlich heraus ist.
Durch das Telefon kann ich fast spüren, wie das Blut aus Ihrem Gesicht weicht, denn sie sagt zunächst kein Wort.
„Mum?“ frage ich daher.
„Ja!“ flüstert sie zunächst tief atmend, wobei ich ihr Erschrecken nun nur noch erahnen kann.
„Das ist ja schrecklich! Wo bist du jetzt?“ murmelt sie hilflos.
„Lázló hat Saundra, Chitam und mich sofort in die USA zurückfliegen lassen und ist selbst bei Tristan in der Klinik in Ungarn geblieben.
Wir sind jetzt im Albert Einstein Medical Center hier in Philadelphia und du müsstest bitte eine Liste von unseren Verwandten machen, welche eventuell als Stammzellspender in Frage kommen könnten.
Es ist allerdings noch nicht ganz sicher, wir bekommen die Ergebnisse der heutigen Untersuchungen erst morgen.“ erkläre ich ihr und schlucke erneut den Kloß in meinem Hals hinunter.
„Wir sind gleich da!“ flüstert sie und legt abrupt auf.
Saundra schaut mir fragend mit einer tiefen Stirnfalte ins Gesicht.
„Und?“
„Sie kommen gleich!“ antworte ich leise und drücke auf ‚Gespräch beenden!’
Bis ich mich versehe liegen wir uns in den Armen und es wundert mich, dass es Saundra heute gar nichts ausmacht obwohl wir allein sind.
Langsam lasse ich mich umfallen, komme auf dem Rücken zu liegen und ziehe Saundra mit mir, so dass ihr Kopf unvermittelt auf meiner Brust ruht.
Tröstend streichle ich über ihr seidenweiches Haar und wir liegen eine ganze Weile schweigend beisammen bis ich ihr sanft zuflüstere.
„Ich liebe dich Saundra für immer und ewig.“
„Ich liebe dich auch Matt und ich will dich nicht verlieren. Nicht jetzt und nicht so früh!
Wie geht es denn jetzt weiter?“ fragt sie fast apathisch.
„Ich weiß es nicht Darling, Dr. Spector wird uns morgen schon aufklären.“ sage ich leise und atme tief durch als es an der Tür klopft und Schwester Megan auf einem Tablett ein Frühstück für mich bringt, obwohl es schon fast Mittag ist.
„Tut mir leid...“ sagt sie schulterzuckend.
„… dass es etwas gedauert hat, aber der Koch wollte es unbedingt persönlich zubereiten als er hörte, dass es für Sie ist Sir.“
„Ist schon in Ordnung Schwester Megan. Mein Appetit ist heute ohnehin nicht allzu groß.“ antworte ich verhalten.
„Nun schauen Sie doch erst einmal nach was er Ihnen gemacht hat, vielleicht kommt der Appetit ja beim Essen.“ lächelt sie und verlässt das Zimmer wieder.
In mir steigt ein vager Verdacht auf, deshalb schiebe ich Saundra vorsichtig von mir herunter und küsse ihre Haare.
„Sorry Baby! Aber ich sollte vielleicht doch so langsam etwas essen, denn mir ist schon ganz schwindelig und ich sollte womöglich meinen Zuckerhaushalt schnellstens wieder in Ordnung bringen.“ entschuldige ich mich bei Saundra und steige aus dem Bett.
„Hmm! Kein Problem! Mach’ das und wenn es dir gut tut freut mich das doppelt.“ antwortet sie leise und rollt sich gleichzeitig in die Zudecke des Bettes ein.
Als ich mich jedoch an den Tisch setze rieche ich einen sehr bekannten Geruch, der mir augenblicklich das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt.
Der Koch hat mir eine Madre Tierra gemacht, was meine Stimmung um ein Minimum anhebt und ich entferne die Abdeckhaube.
Doch kaum fange ich zu essen an, klopft es erneut an der Tür und meine Eltern betreten nacheinander das Zimmer, wobei Mum sogleich auf mich zugestürmt kommt und weinend ihre Arme um mich schlingt, so dass ich kaum aufstehen kann.
„Mein armer Matt. Das kann doch alles nicht wahr sein.“ sagt sie weinend und erdrückt mich fast.
Dad kommt hinzu und nimmt uns wortlos wiederum beide in seine Arme.
„Mum, nicht weinen bitte.“ sage ich fest.
„Das Ergebnis steht doch noch gar nicht hundertprozentig fest. Dr. Spector hat mir heute Morgen Blut abgenommen und mich durch den Kernspin geschickt, weil er den Ergebnissen aus Ungarn scheinbar nicht ganz traut.
Aber wir sollten trotzdem auf den Ernstfall vorbereitet sein, deshalb seine Frage nach einer Liste für mögliche Stammzellspender.
Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass vielleicht etwas ganz anderes dahinter steckt. Ihr solltet euch jetzt noch nicht verrückt machen, aber du hast vorhin einfach aufgelegt … du hast mich gar nicht richtig ausreden lassen.“ versuche ich meine Mum zu trösten.
Langsam lösen wir uns jetzt wieder voneinander und sie sieht mir sorgenvoll ins Gesicht.
„Du siehst blass aus, mein Junge.“ sagt sie sorgenvoll.
„Ich habe ja auch noch nichts gegessen heute. Ich wollte gerade anfangen, als ihr gekommen seid.“ entgegne ich ihr und setzte mich wieder an den Tisch, denn plötzlich verspüre ich einen ziemlich großen Hunger und sehr viel Appetit auf die Madre Tierra.
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