„So wir sind da!“ sagt er und öffnet die Tür vor der wir stehen zu einer Art Labor und eine Schwester in weißer Arbeitskleidung begrüßt uns ebenfalls mit einem Nicken.
Sie ist etwa dreißig Jahre alt, schlank, etwa so groß wie Saundra und sie hat gleichfalls pechschwarzes Haar, das sie aber streng nach hinten zu einem Dutt zusammengebunden hat.
Dr. Spector sieht sich suchend um, greift nach einem Plastikbecher und drückt ihn mir in die Hand.
„Wir brauchen erst noch etwas Urin, die Toilette ist gleich da.“ sagt er und deutet dabei auf eine Tür, die sich gleich links neben dem Eingang befindet und nickt mir erneut freundlich zu.
„Stellen Sie den Becher einfach in die kleine Durchreiche, wenn sie fertig sind.“ ruft er mir noch hinterher.
Etwas peinlich berührt mache ich mein Geschäft in den Becher und stelle ihn die kleine viereckige Durchreiche, die von jeder Seite mit einer kleinen Tür versehen ist.
Anschließend wasche ich mir die Hände und verlasse die Toilette wo Dr. Spector geduldig auf mich wartet und mich zu einer Liege geleitet auf welche ich mich zuerst hinsetze.
„Sie dürfen sich auch gerne hinlegen wenn Sie sich dabei wohler fühlen.“ sagt er lächelnd und fragt gleich weiter.
„Welcher Arm ist Ihnen lieber, der Linke oder die Rechte?“
„Ach das ist mir egal. Nehmen Sie einfach den Arm, bei dem es am besten geht.“ antworte ich teilnahmslos und bleibe sitzen.
Dabei habe ich eher das dumpfe Gefühl, dass ich mir vorkommen würde wie auf einer Schlachtbank wenn ich mich hinlege.
Vorsichtig untersucht er meine Armbeugen und entscheidet sich für den linken Arm, um den er anschließend am Oberarm ein Band festzurrt.
„Machen Sie bitte eine Faust!“ bittet er mich, setzt die Nadel an und sticht damit in eine Vene aus der sofort dunkelrotes Blut schießt und löst das Band wieder.
„Die Faust wieder aufmachen.“ weist er mich an und wartet bis sich die Ampulle mit Blut gefüllt hat.
Nacheinander füllt er vier unterschiedliche Ampullen und zieht danach die Nadel heraus, wobei er gleichzeitig einen Wattebausch auf die Einstichstelle drückt.
„Drücken Sie da einmal selbst fest drauf.“ weist er mich an und beklebt die Ampullen mit vorgefertigten Aufklebern auf denen mein Name prangt.
„Miss Nolan.“ ruft er die Schwester heran.
„Hier die können Sie schon einmal mitnehmen und mit den Untersuchungen beginnen.“ sagt er freundlich und reicht ihr die Ampullen.
Aha, sie ist also doch keine Schwester, sondern scheinbar eine Laborantin und mir fällt ihre Ähnlichkeit zu Saundra auf, obwohl ihre Augen dunkelbraun sind und nicht grün wie Saundras Augen, die manchmal glitzern wie tausend Smaragde in der Sonne.
Seltsam!
„Ist alles in Ordnung mit Ihnen Mr. Bolder?“ fragt mich Dr. Spector, während ich der Laborantin zweifelnd hinterher blicke und er mich dadurch wieder wach rüttelt.
„Oh, Entschuldigung! Ja, natürlich ist alles in Ordnung! Was kommt als Nächstes?“ frage ich fast unbeteiligt, weil ich mich seit heute Morgen nach dem ersten Gespräch mit ihm fast wie unter Trance befinde, ganz so als würde ich neben mir stehen und mich das ganze Prozedere gar nichts anginge.
Obwohl ich noch versucht habe Saundra zu trösten und ihr das Gespräch mit Dr. Perez vorgeschlagen habe bin ich dennoch nicht ganz bei mir.
Auch das Gespräch über Lázló und Tristan hat mich nicht wirklich berührt.
Ich verspüre plötzlich Todesangst!
Am liebsten würde ich diese ganzen Bluttests und MRT’s von mir schieben, so als würden sie nicht mich betreffen, sondern irgendeinen Unbekannten.
Aber ich fürchte bei dem Blick von Dr. Spector, dass ich aus der Nummer wohl nicht mehr herauskomme und das Ganze tatsächlich mir selbst passiert.
Shit!
Dabei wollte ich Saundra einen einzigartigen Heiratsantrag in unserem neu entstanden Spielzimmer machen.
Was wird jetzt daraus?
Und eigentlich wollte ich ihr eine Hochzeitsreise nach Ägypten schenken, die sie sich so sehr wünschte, aber ich bin mir momentan nicht sicher, ob ich dieses wundervolle Land jemals wieder sehe.
„Mr. Bolder?“ höre ich die vorsichtige Frage von Dr. Spector.
„Wir brauchen dann noch ihre Größe und ihr Gewicht.“
„Ja natürlich! Ich komme!“ antworte ich wie automatisch und lasse mich von der Liege rutschen.
An der Wand gleich neben der Tür steht eine Personenwaage auf die ich mich stelle und auf der Dr. Spector mein aktuelles Gewicht abliest.
Gleich einen Schritt daneben ist ein Maßband an die Wand geklebt, wo ich mich brav wie ein Schuljunge davor stelle und meine Körpergröße ablesen lasse.
„Wir sollten jetzt weiter zum Kernspin, denn er ist nur eine gewisse Zeit für Sie reserviert und die Aufzeichnung dauert etwa eineinhalb Stunden.“ sagt er sanft, woraufhin er mich in einen angrenzenden Raum führt in dem der furchteinflößende Computertomograph steht und eine weitere Mitarbeiterin in Zivilkleidung bereits auf uns wartet.
Sie hat kurze blonde Haare und ist im Körperbau etwas stämmig, hat aber ein gewinnendes Lächeln im Gesicht und wirkt auf mich sehr sympathisch.
„Am besten machen Sie sich frei bis auf den Slip und legen sich schon einmal auf die Liegefläche der Maschine.“ sagt Dr. Spector anweisend, wendet sich zunächst einem Computerbildschirm zu und gibt irgendwelche Daten ein.
Fast automatisch ziehe ich mich bis auf den Slip aus, lege meine Kleider auf einen Stuhl der an der Seite steht und lege mich ausgestreckt auf die Liegefläche des MRT’s.
Die blonde Mitarbeiterin bettet meinen Kopf in eine Art weiche Schale und stopft irgendwelche kleine Kissen zwischen die Schale und meinen Kopf, so dass ich ihn nicht mehr rühren kann.
„Sie sollten möglichst ganz still liegen und sich nicht bewegen damit die Bilder auch scharf werden.“ sagt sie lächelnd und drückt mir eine Art Blasebalg in die Hand.
„Damit können sie Alarm schlagen, falls es Ihnen nicht gut gehen sollte oder Sie Platzangst bekommen. Aber bitte wirklich nur im Notfall benutzen sonst ist die ganze Untersuchung umsonst.“ klärt sie mich weiter auf und ich frage mich wie ich eineinhalb Stunden völlig bewegungsunfähig überstehen soll.
Dr. Spector tritt nun wieder mit ernstem Gesicht an mich heran.
„Nun ist es soweit! Wie Ihnen Linda gerade erklärt hat, sollten Sie möglichst still liegen und sich nicht bewegen. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn Sie ein kleines Nickerchen machen würden, weil man dabei den Reflex sich bewegen zu müssen nicht so sehr spürt.
Aber das wird nicht einfach sein, denn das MRT ist ziemlich laut. Deshalb bekommen Sie noch Ohrstöpsel und ich hoffe Sie haben keine Platzangst?“ fragt er mich zweifelnd.
„Nein, bis jetzt hatte ich noch nie Platzangst! Das würde sich bei meinem Beruf auch nicht gut machen, denn viele archäologische Stätten und alte Gräber sind manchmal ziemlich beengt.“ antworte ich ehrlich.
„Gut! Dann fangen wir einfach an und falls Sie sich unwohl fühlen und denken es geht nicht mehr, dann drücken Sie bitte den kleinen Blasebalg in Ihrer Hand.
Denn mit Panik kann ich im MRT gar nichts anfangen. Am besten schließen sie einfach die Augen und versuchen Sie an etwas Schönes zu denken.“ sagt er sanft, drückt noch kurz meinen Unterarm und ich sehe gerade noch wie er sich hinter einen Bildschirm setzt und angestrengt hinein sieht.
Die Mitarbeiterin schiebt mir noch weiche Stöpsel in die Ohren als sich der Untergrund auf dem ich liege auch schon in Bewegung setzt und ein leichtes Schwindelgefühl in mir auslöst.
Langsam werde ich in eine Art Röhre geschoben und die Decke ist nunmehr nicht viel weiter als etwa acht Zoll von mir entfernt, womit ich tatsächlich lieber die Augen schließe und versuche an Saundra zu denken.
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