Während Taxifahrer Fußgänger hassen, ärgern diese sich schwarz über Radfahrer. Selbst die Feiglinge oder Ausländer unter den Fußgängern, die auf Grün warten, können sich darauf verlassen, dass der Straßenverkehr inklusive Bussen und Taxen vor der roten Ampel stehen bleibt. Man tritt also arglos vom Bürgersteig auf die Straße und erleidet fast einen Herzinfarkt, weil einem ein Radfahrer mit 50 Sachen beinahe die Nase oder sonstige hervorragende Körperteile abfährt. Wie oft habe ich mich deshalb schon nach Luft ringend im Rinnstein wieder gefunden?
Laut Highway Code darf man in Großbritannien alle Straßen außer Autobahnen zu Fuß überqueren. Das gilt also auch für vierspurige Schnellstraßen mit „baulicher Trennung“, also einer Leitplanke in der Mitte. An der A127 (Geschwindigkeitsbegrenzung 70 Meilen, ca. 110 km/h) zwischen Southend-on-Sea und Rayleigh steht ein Schild, das vor straßenüberquerenden Fußgängern warnt. Ich frage mich immer, wo diese Lebensmüden wohl herkommen sollen. Denn rechts und links ist Wald, in der Mitte nicht nur eine Leitplanke, sondern ein Zaun! Durchschneidet die A127 einen beliebten Wanderweg? Müssen Spaziergänger unbedingt über diese Straße? So unbedingt, dass sie sogar den Zaun in der Mitte überklettern – vorausgesetzt, sie kommen überhaupt so weit?
Noch besser war ein Schild, das dort früher einmal an dieser Straße stand: „Vorsicht, Dachse!“ Dachse ! Das ist jetzt weg. Wahrscheinlich seit der letzte Dachs irgendwann doch überfahren worden ist. Vielleicht kamen die Dachse auch so schlecht über den Zaun. Schade.
Jemand hat sich die Mühe gemacht, die Taxifahrer der Welt zu vergleichen. Gewonnen haben die Londoner Taxifahrer, immerhin in den Rubriken Freundlichkeit, Fahrkunst und Ortskundigkeit. Im Bereich „Preis-Leistung“ haben sie allerdings verloren. Sie sind die Teuersten. Tja, aber Qualität hat eben ihren Preis.
Zunächst einmal muss man sagen, dass in London Taxi nicht gleich Taxi ist. Es gibt „ Black Cabs “ und „ Minicabs “. Minicabs sind ganz normale Autos, beliebige Modelle, und es steht nicht einmal „Taxi“ drauf. Ja, sie haben nicht einmal eine „Uhr“. Man vereinbart den Preis, bevor man die Fahrt antritt. Das sollte man nicht vergessen, sonst mag man sich am Ende wundern. Dafür lassen Minicab fahrer oft aber auch mit sich handeln.
Man kann sie entweder bei den Minicab -Firmen buchen – telefonisch oder persönlich – oder einfach auf der Straße in eines einsteigen: Besonders an Flughäfen oder in der Stadt an Wochenendabenden wird man oft von Minicab fahrern angesprochen, ob man ein Taxi braucht. Das heißt, möglicherweise sind das Minicab fahrer, vielleicht aber auch Vergewaltiger. Die Polizei warnt immer wieder davor, sich auf der Straße ein Minicab zu nehmen: Der Fahrer könnte sonst wer sein! Als Fahrgast könnt ihr dabei nicht einmal sicher sein, dass er einen Führerschein hat oder versichert ist und sich in der Gegend auskennt, geschweige denn ob er es nicht auf eure Brieftasche oder eure Unschuld abgesehen hat.
Trotzdem: Minicabs werden häufig benutzt, denn sie sind wesentlich billiger als Black Cabs . Will man sich nämlich in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen fahren lassen – was ja oft weit ist – kostet die Taxifahrt im Black Cab schnell mal mehr als das Flugticket. Wenn man Minicabs durch die Minicab firma bucht ist man auch sicher. Relativ. Obwohl die Fahrer zwar garantiert einen Führerschein haben, heißt das noch immer nicht, dass sie gute Fahrer sind oder auch nur, dass sie sich auskennen. Ich habe schon oft das Bedürfnis gehabt, einem Minicab fahrer zu helfen, sowohl beim Fahren, als auch beim Orientieren.
Black Cabs sind die, die gewonnen haben, die, die ihr kennt: Die großen, schwarzen Vehikel, deren Türscharniere rückwärtig angebracht sind, und in deren großem Innenraum Platz für fünf Fahrgäste ist. Dafür gibt es keinen Beifahrersitz. Die Taxis, die Touristen gern fotografieren, die man auf Postkarten sieht und die man als Kühlschrankmagnet kaufen kann, das sind die Sieger im internationalen Taxivergleich. Völlig zu recht!
Black-Cab -Fahrer werden ist keine Kleinigkeit, denn der Londoner Taxifahrer braucht ... The Knowledge ! Das heißt, er muss 320 Routen in einem Sechs-Meilen-Radius um Charing Cross herum auswendig kennen, einschließlich aller auf diesen Routen liegenden Sehenswürdigkeiten, Krankenhäuser, Hotels, Kneipen, Theater, Behörden ... wo der Fahrgast halt so hin wollen mag. Nur vom Stadtplan lesen lernen reicht nicht, denn bei der Prüfung wird auch nach „besonderen Merkmalen“ auf der Strecke gefragt: Wie die Gebäude aussehen, zum Beispiel, oder welches Musical gerade im Apollo-Theater läuft. Wer „ The Knowledge “ (das heißt wirklich so) lernt, fährt meist mit einem Motorroller herum, um sich alles einzuprägen: Schneller als mit dem Fahrrad, langsamer als ein Motorrad, damit auch Zeit zum Gucken bleibt. Für „Gesamtlondon“ dauert es drei bis vier Jahre, bis man prüfungsreif ist. Für die Vorstadt reichen ca. zwei Jahre.
Außer der Taxilizenz bekommt der Fahrer mehr Gehirnzellen, denn das ist eine Nebenwirkung der Knowledge (hat das Wellcome Department of Imaging Neuroscience herausgefunden).
Black-Cab -Fahrer sind wirklich freundlich, häufig auch sehr witzig, dabei haben sie es sicher nicht leicht. Einer zeigte mir einmal eine Narbe an seinem Hals, wo ihn ein Fahrgast mit dem Messer angegriffen hatte. Seither fuhr er keine Nachtschicht mehr, obwohl auch das keine Garantie für Sicherheit ist. Wahrscheinlich könnte jeder Londoner Taxifahrer ein Buch schreiben, wenn er bloß Zeit dafür hätte.
Selbstverständlich haben alle Black-Cab -Fahrer eine Lizenz und einen Führerschein, und man kann getrost überall eines Heranwinken und einsteigen. Black Cabs sind sicher – zumindest für den Fahrgast. Das Black Cab hat auch eine Uhr, auf dem man der Kostenentwicklung folgen kann, vorausgesetzt man kann so schnell gucken, wie darauf die Zahlen trillern, denn billig sind sie wirklich nicht, deshalb eignen sie sich nur für relativ kurze Strecken.
Und der Name täuscht: Black Cabs sind nicht einmal mehr unbedingt schwarz. Es gibt sie auch in weinrot und silber, oder jeder beliebigen Farbe, wenn sie Werbeträger sind. Die meisten Fahrer sind Männer, aber eine der wenigen Frauen der Zunft erkennt man immer schon von weitem: Ihr Taxi ist rosa!
Hin und wieder erleben Londoner wieder einen dieser Alpträume (von denen, das muss man ja sagen, es in den letzten Jahren nicht mehr so viele gibt wie früher einmal): U-Bahn-Streik!
Noch vor neun, zehn Jahren gab es ständig Streiks. Londoner beschweren sich gern und viel über ihre „Tube”: unzuverlässig, zu heiß, zu voll, zu teuer, zu langsam, zu schmutzig. Aber wenn sie einmal nicht fährt, vermisst man sie ja dann doch ein bisschen.
Früher streikte die RMT ( Rail, Maritime and Transport Union ) meist 24 Stunden, von Mitternacht bis Mitternacht. Seit ein paar Jahren sind die Streiks 48 Stunden lang und beginnen und enden um 19:00 Uhr, so dass man nicht nur zwei, sondern gleich drei Tage lang etwas davon hat. Nach Streikende dauert es noch ewig, bis sich die Lage normalisiert, und beginnt ein Streik am Dienstag, kann man erst am Freitagmorgen wieder mit dem ganz normalen Chaos rechnen.
Manchmal – wenn auch selten – streikt nur eine einzige Linie. Vor einigen Jahren wurde die Victoria Line bestreikt, weil ein Fahrer entlassen worden war. Er hatte langzeitkrankgefeiert und die freie Zeit genutzt, seinen Körper im Fitness-Studio zu stählen. Der Arbeitgeber fand, dass er so krank dann ja nicht sein kann und hatte ihn gefeuert. Das fanden die Kollegen wieder blöd und riefen zum Streik auf.
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