„Mit einem kleinen schwarzen Punkt auf der linken Flosse.“
„Der rechten Flosse“, verbesserte er sie.
„Wie auch immer“, sagte Lissy genervt. Irgendwie langweilte sie dieser Kerl. Sie überlegte kurz und blieb stehen.
„Oh nein“, rief sie.
„Was ist?“
„Ich habe meine Tasche auf dem Dach vergessen. Ich muss wieder zurück und wir vergessen das mit dem Frühstück einfach. Okay?“
Sie zog ihren Arm unter seinem vor und ging eilig davon.
„Ja, aber sie haben ihre Tasche doch um.“
„Eine andere Tasche natürlich“, rief Lissy ihm zu.
„Gut, aber nicht wieder springen.“
„Nein, nein. Keine Sorge. Davon habe ich erst einmal genug. Bye“
Er winkte ihr nach und ging weiter. Lissy fand, dass sie mit diesem Herren wirklich nicht so viel Glück hatte, wie mit dem anderen zuvor. Der spann doch mit seinem Goldfisch. Sie beschloss, dass sie sich einfach ein belegtes Brötchen kaufen würde um sich dann in den Balboa Park zu setzen.
Der Tag verging und der Abend brach langsam herein. Lissy schlenderte durch die Straßen von San Diego, Jill freute sich über ihren ersten gelungenen Arbeitstag und ich traf mich, wie jeden Freitagabend, mit meinem besten Freund Corey in unserer Lieblingsbar. Corey und ich kannten uns vom Studium für Journalismus und waren seitdem Freunde. Im Gegensatz zu mir hatte Corey das Studium allerdings beendet und arbeitete seitdem bei der Union-Tribune, einer Tageszeitung von San Diego.
Corey war ein gutaussehender junger Mann. Er erinnerte mich ein wenig an die Barbiepuppe Ken, nur das Corey nicht ganz so muskulös war wie Ken. Am Liebsten trug er Jeans und körperbetonte T-Shirts, ab und zu auch mal ein Hemd.
„Wie war denn dein Tag Fin?“, fragte Corey mich, nachdem wir uns mit unserem Bier an einen freien Tisch gesetzt hatten.
„Ich habe sie wiedergesehen“, erklärte ich Corey wie verzaubert.
„Wen?“
„Jill.“
„Wer ist Jill?“
„Meine erste große Liebe“, schwärmte ich verträumt.
„Ich wusste gar nicht, dass du eine erste große Liebe hattest.“
„Auf der Highschool waren wir das Traumpaar.“
„Und was passierte dann?“
„Sie ging zur University nach San Francisco und brach den Kontakt ab.“
„Wieso brach sie den Kontakt ab?“
„Das habe ich nie herausgefunden.“
„Und nun ist sie wieder hier in San Diego?“
„Ja.“
„Das ist doch schön.“
„Ja. Ich schüttete ihr einen Kaffee über ihren Blazer.“
„Einen Kaffee?“
„Ja, sie stand plötzlich hinter mir im Starbucks und ich rempelte sie an.“
„Volltreffer!“
„Danach stieß ich ihr meinen Ellenbogen gegen die Stirn weil ich Servietten geholt hatte.“
„Du hast ja eine wirklich nette Art deine große Liebe zu begrüßen“
„Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass es Jill war.“
„Du wusstest es noch nicht?“
„Nein, denn sie blickte bis dahin immer nach unten zu ihrem Blazer.“
„Wann habt ihr es denn endlich gemerkt?“
„Als ich ihr einen neuen Kaffee kaufen wollte, schaute sie zum ersten Mal in mein Gesicht und da erkannten wir uns.“
„Wie rührend und nun seht ihr euch bald wieder?“
„Ich weiß es nicht.“
„Wieso nicht?“
„Sie musste schnell los und wir trennten uns.“
„Ohne ein Treffen auszumachen oder Telefonnummern auszutauschen?“
„Ja.“
„Oh, wie konntest du sie nur gehen lassen?“
„Ich weiß nicht, es passierte alles so schnell.“ Ich seufzte und nahm einen großen Schluck von meinem Bier. Als ich durch das Fenster auf die Straße blickte, schaute jemand durch die Scheibe zu uns und ich erkannte sie sofort.
„Oh, nein“, rief ich entsetzt aus.
„Was ist?“, Corey sah zum Fenster hin, doch er sah niemanden.
„Da ist sie wieder“, erklärte ich ihm.
„Jill?“
„Nein, die andere Frau.“
„Du hast heute noch jemanden getroffen? Du hast ja ein Glück.“
„Glaube mir, es ist kein Glück diese Lissy getroffen zu haben. Sie redet ununterbrochen. Oh, nein sie kommt hierher.“
„Hey, da schaue ich eben so durch das Fenster und sehe tatsächlich dich hier sitzen. Siehst du, es ist Bestimmung gewesen, dass wir uns heute begegnet sind.“
Lissy setzte sich zu uns und begann gleich ein Gespräch mit Corey.
„Hey, ich bin Lissy. Eigentlich Elisabeth, doch ich finde den Namen so altmodisch und da nenne ich mich einfach Lissy. Und wer bist du?“
„Corey“, antwortete er und sah mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern.
„Nett dich kennen zu lernen Corey und wie heißt du doch gleich noch einmal?“
„Finley.“
„Aha, hey darf ich einen Schluck Bier?“
Sie wartete meine Antwort erst gar nicht ab, sondern griff nach meinem Bier und trank einen kräftigen Schluck davon.
„Ah, das tut gut. Danke Frey.“
Corey beugte sich zu mir herüber und flüsterte: „Warum nennt sie dich Frey?“
„Wahrscheinlich deshalb, weil sie sich meinen Namen nicht merken kann.“
Lissy kicherte und wechselte Blicke mit Corey, der nicht wusste, wohin das alles noch führen würde. Ich wollte sie schnell loswerden und zwar am besten für immer.
„Bin ich froh, dass ich dich eben gesehen habe. Er hat mir heute nämlich das Leben gerettet musst du wissen.“ Sie blickte Corey an und zwinkerte mir dann mit einem Auge zu.
Corey sah mich überrascht an: „So, das Leben hast du ihr also gerettet. Wie hat er das denn gemacht?“
Er schaute interessiert zu Lissy hinüber.
„Na ja, ich stand da so auf dem Dach eines Hauses und wollte springen und da fiel mir mein Schuh herunter und genau vor seine Füße. Er rannte die vier Stockwerke nach oben und überzeugte mich davon, nicht zu springen. Danach sind wir einen Kaffee trinken gegangen.“
„Du ranntest vier Stockwerke hinauf um sie zu retten?“
„Ja. Wieso verwundert dich das denn so?“, fragte ich verwirrt.
Corey lachte: „Weil ich das nicht von dir erwartet hätte.“
„Als er oben ankam hat er ein wenig gepustet und nach Luft gejappt“, verkündete Lissy und kicherte vor sich hin.
„Stimmt doch gar nicht“, protestierte ich und war etwas gekränkt.
„Er mag es nicht, wenn man so etwas sagt. Er ist einfach mein...“
„Retter!“, grinste Corey mich an und ich schüttelte nur energisch mit dem Kopf.
„Ja“, rief Lissy aus und tätschelte meinen Oberschenkel. „Es ist unsere Bestimmung, dass wir zusammen sein sollen.“
„Was?“, rief Corey plötzlich. „Du willst mir mit einer Frau fremdgehen?“
Während ich Corey noch irritiert ansah, zog Lissy augenblicklich ihre Hand von meinem Bein zurück und machte ein schockiertes Gesicht.
„Nein, nun sagt mir nicht, dass ihr beide ein schwules Paar seid.“
Corey grinste: „Doch, genau das sind wir. Ist es nicht so?“
Corey streichelte mir mit seiner Hand über den Arm und zwinkerte mir aufmunternd zu.
Ich verstand, dass er mir durch diese Aussage nur helfen und Lissy loswerden wollte und spielte mit.
„Ja, das sind wir. Natürlich.“
Ich sah zu Lissy und erklärte ihr: „Ich wollte es dir heute morgen nicht gleich sagen, doch nun weißt du es.“
Lissy sah zwischen uns hin und her und konnte es nicht fassen. Sie war tatsächlich sprachlos.
Corey legte noch einen drauf als er verkündete: „Wir haben uns gesehen und es sprühte sogleich Funken zwischen uns.“
„Ja genau“, bestärkte ich seine Äußerung. „Funken, überall.“
Um meine Aussage zu bekräftigen wirbelte ich mit meinen Armen herum und demonstrierte dadurch die Funken.
Lissy fand ihre Sprache wieder und sagte: „Das ist ja wirklich schade. Ich meine, nicht für euch, sondern für mich.“
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