1 ...7 8 9 11 12 13 ...25 Was macht meine kleine Schwester Kylie? Hat sie sich in Boston schon eingelebt?
So, jetzt muss ich aber wirklich ins Bett Mum, ich bin hundemüde!
Bitte richte Dad auch viele Grüße von mir aus. Ich melde mich wieder bei dir, wenn es etwas Neues gibt.
Gute Nacht, Mum!
In Liebe dein Sohn Matt!
Ich fahre den Laptop wieder herunter, klappe ihn zu und verstaue ihn unter dem Bett.
Danach stehe ich noch einmal auf um die Gaslaterne zu löschen, mich bis auf die Shorts auszuziehen und mich dann endgültig in mein Bett und die weichen Kissen zu kuscheln.
Ein lautes Brüllen, dem kurz darauf das klägliche Wimmern eines Tieres folgt lässt mich aus dem Schlaf hochschrecken und ich stehe im selben Moment fast senkrecht im Bett.
Um Himmels willen, was war das denn?
Benommen blicke ich auf meine Armbanduhr, es ist sechs Uhr zehn uns ich hüpfe aus dem Bett.
Noch halb benommen vom Schlaf versuche ich mit zittrigen Fingern das Fliegengitter am Eingang auf zu machen, was mir nach anfänglichen Fehlversuchen endlich gelingt.
Vor meinem Zelt finde ich Hernán über einen Puma gebeugt, der einen Pfeil in der Seite stecken hat und in diesem Augenblick sein Leben aushaucht. Er hat ihn offenbar erwischt, als dieser sich an meinem Zelt zu schaffen machte.
Ich gehe neben ihm in die Knie und nehme erst einmal mein Gesicht in beide Hände um mir den Schlaf aus den Augen zu wischen.
Ungläubig darüber, was ich hier gerade sehe, blicke ich Hernán fragend an, der von meiner Perspektive aus genau vor der soeben aufgehenden Sonne kniet und mir wieder das perfekte Bild eines Maya-Kriegers bietet.
Während ich weiter in Hernáns schwarze Augen schaue, erkenne ich aus den Augenwinkeln, dass Mr. Dunaway neben mich tritt und Hernàn auf Spanisch anspricht.
Woraufhin ihm dieser seine Antwort ebenfalls auf Spanisch gibt und sich erhebt, wobei er sich den Puma über die Schulter wirft und Richtung Arbeitercamp davon trottet.
Verdattert und fragend blicke ich in Mr. Dunaways dunkelgrüne Augen.
„Keine Angst Mr. Bolder. Wie Sie sehen funktioniert unsere Bewachung nachts ganz wunderbar. Auf Hernán und seine Männer ist absolut Verlass, sonst hätte Sie der Puma jetzt wohl zum Frühstück verspeist.“
Ich schlucke erst einmal schwer.
Wie bitte?
Er grinst mir breit ins Gesicht und ich bin immer noch benommen vom Schlaf und diesem erst einmal unwirklichen Bild in aller Frühe.
Nach wie vor auf der Erde kniend lasse ich meinen Kopf in die rechte Hand fallen um mich selbst zu stützen.
„Entschuldigen Sie Mr. Dunaway, ich bin gerade etwas neben der Spur. So aus dem Schlaf gerissen zu werden, damit habe ich nicht gerechnet.“
Er lacht mir amüsiert mitten ins Gesicht.
„Sie werden sich schon noch daran gewöhnen, dass wir hier im Regenwald Tag und Nacht von nicht ganz ungefährlichen Tieren umgeben sind und leider dann das eine oder andere daran glauben muss, wenn es uns zu nahe kommt. Wir sehen uns im Waschzelt?“ fragt er mich fordernd.
„Ja, Sir. Ich bin gleich da!“ entgegne ich ihm immer noch völlig verwirrt.
Mr. Dunaway entschwindet zunächst in sein eigenes Zelt und ich bleibe hockend vor meinem eigenem Zelt zurück.
Mir wird jetzt erst richtig bewusst, dass ich mich gar nicht hätte wehren können, wenn sich der Puma tatsächlich Zugang zu meinem Zelt verschafft hätte.
Am besten wäre es, wenn ich mir eine Waffe besorge in welcher Form auch immer, um sie neben meinem Bett zu platzieren.
Somit gehe ich also in mein Zelt zurück, ziehe mich an und mache mich auf den Weg ins Waschzelt, wo sich Mr. Dunaway bereits rasiert.
„Haben Sie den ersten Schrecken einigermaßen verdaut?“ fragt er mich.
„Noch nicht so ganz, Sir. Ich hatte nicht erwartet, dass diese Tiere tatsächlich mitten ins Camp spazieren. Bisher dachte ich immer sie seien sehr viel scheuer.“ sage ich und schaue in den Spiegel, dabei erschrecke vor mir selbst, denn mein ebenmäßiges Gesicht ist kreidebleich.
„Keine Sorge! Hernán und seine Leute passen schon gut auf uns auf, das haben Sie ja gesehen.“ antwortet Mr. Dunaway und ein Schmunzeln spielt um seine Mundwinkel.
„Mir wäre trotzdem um einiges wohler, wenn ich mich selbst verteidigen könnte.“ gebe ich leise zu, gieße Wasser in die Schüssel und beginne mich mit einem Lappen gründlich zu waschen.
„Wenn Sie möchten, kann ich ihnen gerne ein Buschmesser besorgen, wenn Sie sich wohler dabei fühlen!“
„Ja! Also ich hätte nichts dagegen, wenn eines griffbereit neben meinem Bett liegen würde.“
„Gut kein Problem, ich lasse Ihnen im Laufe des Tages eines in Ihr Zelt bringen. Was macht übrigens Ihre Verletzung an der Wange?“ fragt er sorgenvoll.
„Es juckt und brennt etwas. Sie hat sich wohl doch ein wenig entzündet, aber sonst ist alles gut.“ wiegle ich ab.
„Ich sage Miguel Bescheid! Der hat immer verschiedene geheime Rezepturen für irgendwelche Salben, die kann er Ihnen drauf tun, damit es sich nicht noch mehr entzündet.“ bemerkt er lächelnd.
Warum sorgt er sich bloß so sehr um diesen kleinen Kratzer an meiner Wange?
Mr. Dunaway beendet seine Rasur, wischt sich das Gesicht mit einem Handtuch ab und verabschiedet sich Richtung Küchenzelt, wo ich mich nach dem Zähne Putzen und meiner eigenen Rasur ebenfalls einfinde.
Ich nehme den gewohnten Hocker ein, der inzwischen mein Stammplatz geworden ist und Miguel stellt mir ungefragt das Frühstück in Form seiner leckeren „Madre Tierra“ vor mich hin.
Offenbar hat er gestern bemerkt, dass mir das sehr gut geschmeckt hat und ich nehme es dankbar an, genauso wie die große Tasse schwarzen Kaffees.
„Wie haben Sie es sich denn vorgestellt, beim Tempel der Inschriften anzufangen, Mr. Dunaway?“ frage ich rundheraus.
„Ich dachte mir, Sie machen sich am Vormittag erst einmal selbst ein Bild davon! Ich fahre zum Flughafen und hole meine Tochter ab, die ein GPR im Gepäck hat und dann können wir am Nachmittag vielleicht die ersten Messungen vornehmen.“ sagt er hoffnungsvoll.
„Sie arbeiten sogar mit einem Bodenradar?“ frage ich schwer beeindruckt und muss den Bissen, den ich gerade im Mund habe mit einem Schluck Kaffee hinunterspülen.
„Ja, ich konnte nur bis jetzt noch nicht damit arbeiten, weil es vom Hersteller noch nicht geliefert wurde.
Aber Saundra schrieb mir gestern in ihrer Mail, dass es jetzt da ist und sie es heute mitbringt.
Ich denke damit kommen wir wesentlich schneller voran als mit blinden Grabungen.“ lächelt er und seine grünen Augen beginnen wieder seltsam zu glitzern.
„Das beeindruckt mich sehr, damit kommen wir tatsächlich schneller voran, als mit den herkömmlichen Methoden.“ pflichte ich ihm bei.
„Haben Sie schon einmal mit einem GPR gearbeitet Mr. Bolder?“ fragt Mr. Dunaway interessiert.
„Ja ein paar Mal in Ägypten, aber dort im Wüstensand ist es schwer einzusetzen und man bekommt meistens nur sehr ungenaue Daten.
Ich denke jedoch hier, bei der ganz anderen Bodenbeschaffenheit, haben wir ungleich größere Chancen eventuelle Hohlräume zu finden.“ antworte ich zuversichtlich.
„Ihr Optimismus gefällt mir und ich habe das Gefühl, dass wir gut zusammenarbeiten werden.“ lächelt er weiter.
Naja, so optimistisch bin ich eigentlich nicht, dass wir unter der vorhandenen Grabkammer noch etwas anderes finden.
Das wäre sehr außergewöhnlich für derlei Art von Gräbern, aber wenn er meint, tue ich ihm halt den Gefallen.
„Lassen wir uns am besten einfach überraschen, ob wir dort noch etwas finden. Ich kann es mir zwar nicht ganz vorstellen, weil die Hauptkammer mit dem Sarkophag von Pakal eigentlich schon freigelegt ist.
In der Regel ist es bei dieser Art von Bestattungen nicht üblich noch eine weitere Kammer darunter anzulegen…“ ich komme jedoch kurz ins Nachdenken.
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