Sagt man Billigmenschen, ist die Abwertung und die Unmenschlichkeit, die diesen Männern, Frauen und Kindern durch die Konzerne widerfährt, gleich mit benannt. ,Arbeitskraft‘, der ökonomisch definierte Anteil ihrer Lebenskraft und ihres Lebenswillen, ist der Teil, der billig bezahlt wird und alles andere gleichzeitig zutiefst beeinflusst. Es ist ihnen alles genommen.
Halten wir fest: WORK-LIFE-BALANCE ist eine ökonomisch motivierte Bezeichnung heutiger Tage für das natürliche Verhältnis im Menschen im Sinne seines Gattungswesens. Eine Definition, die am Menschen orientiert ist, klänge vielleicht so:
Das natürliche Verhältnis im Menschen im Sinne seines Gattungswesens folgt dem Bedürfnis, Leben, menschliche Fähigkeiten in Tätigkeiten fließen zu lassen, und Entwicklungen als in Balance zwischen Mensch, Tier und Natur zu begreifen und gewährleisten zu wollen.
Der einzelne Mensch wird hier als Schöpfer seiner und der gemeinsamen Welt des Gattungswesens verstanden - und nicht wie in der ökonomisch motivierten Definition der 1%-Männer-Menschen, die über schlicht weg alles in der Welt verfügen und es besitzen. Sie glauben, alles zu beherrschen.
Im Gegensatz zu dieser natürlichen Definition ist WORK-LIFE-BALANCE durch Definitionen von Arbeit geprägt, die geeignet sind, Menschen und Leben ökonomisch berechnet notdürftig zu gewährleisten, aber auch, um es zu vernichten zugunsten völlig irrer Profitraten, die aufgrund nicht akzeptabler Arbeitsbedingungen und standortabhängig extrem niedrigen Produktions- und Lohnbedingungen zustande kommen. Bei diesen ökonomischen Konzeptionen von Arbeit geraten Moral, Werte, Menschenrechte und Grenzwerte aller Art politisch und ethisch in Gefahr, völlig verhöhnt, ja abgeschafft zu werden. Die Frage ist, wie Politik damit umgeht.
Aber schauen wir noch, wie Menschen in Arbeitsverhältnissen in unseren Breitengraden bezirzt werden, die Profite der Unternehmen zu heben, ohne dafür bezahlt zu werden:
WORK-LIFE-BLENDING Menschen in unseren westlichen Regionen dazu zu bewegen, mehr an Zeit, Kraft und Identifikation im Job zu geben, als vereinbart ist, wird in dem Konzept WORK-LIFE-BLENDING verwirklicht. Hinter dieser Konstruktion verbirgt sich nichts anderes als das Geheimnis der alten Leistungssteigerungswünsche, ohne das Konzerne viel dafür bezahlen müssten, um Profite zu erhöhen. Psychologie steckt darin. Leider wird die Psychologie oftmals gegen Menschen gewandt und die Menschen spüren nur, irgendetwas stimmt nicht, wissen aber nicht so genau, was. Eigentlich sind sie in einem derartigen Anstellungsvertrag frei, festzulegen, wann und wie sie arbeiten.
Endlich verschwinden die Grenzen!
Was ist gemeint? Gemeint ist, niemand hat mehr reine Freizeit, noch Arbeitszeit. Erst fragt man die Mitarbeiter, wie sie gern arbeiten möchten, wie viel Freiheit sie möchten und brauchen, um zu arbeiten und dann gestaltet man den Arbeitsplatz so flexibel, dass er quasi überall eingenommen und Leistung erbracht werden kann. Alles läuft über Computer: Am Arbeitsplatz, Zuhause und unterwegs im Internet-Café. Die Kontrolle der Leistungserbringung ist einerseits in Zielvorgaben fixiert - es muss also niemand denken, er könne jetzt weniger Leistung bringen und viel oder mehr Geld verdienen: so ist das nicht. Nein. Nein.
WORK-LIFE-BLENDING bedeutet: Klar vereinbarte Leistungsvorgaben, viel Freiraum selbst zu bestimmen, wann der Mitarbeiter arbeiten möchte oder kann (zum Beispiel Einschränkung durch Kinder, die in den Kindergarten oder zur Schule zu bringen und abzuholen sind). Kurz: Viel Freiraum und ständige Erreichbarkeit sind Kriterien, die Menschen ständig an Grenzen ihrer persönlichen Belastung führen können, wenn sie sie nicht eindämmen lernen. Microsoft hat dieses System erprobt. Vielleicht erschließt sich hier, weshalb so viele Menschen gekündigt werden konnten? Wird die Leistung trotz dass so viele Mitarbeiter gekündigt wurden, pünktlich erbracht? Muss ja wohl ... Wenn Konferenzen sogar im Urlaub von allen Teilnehmern wahrgenommen werden ... Dagegen sind Ärzte mit Rufbereitschaft mit viel tatsächlich freier und klarer Zeit für das Privatleben ausgestattet, die die Mitarbeiter, die in derartigen Leistungssystemen arbeiten, nicht mehr haben. Sie haben keine leistungsfreie Zeit mehr - irgendjemand schreibt immer eine E-Mail oder will etwas ...!
Auch hier fliegen Menschen kaum merklich und sogar freiwillig aus ihrem Leben heraus, wobei sie anfänglich glauben, die Freiheit, zu bestimmen, wann sie eine Arbeit erledigen, gäbe ihnen tatsächliche Freiheit. Aber das war und ist ein Irrtum. Diese Art von Selbstbestimmung unter Maßgabe ständiger Verfügbarkeit wendet sich gegen sie. Sie sind im Dauerdienst und haben alle Freiheiten dieser Welt, zu widerstehen. Die strikte Grenze zwischen Privat und Arbeit ist aufgehoben. Denn die wenigsten können widerstehen. Ihr Ego wird angekratzt, wenn sie sich sperren. Unbewusst befinden sie sich mit allen anderen Mitarbeitern in Konkurrenz, auch wenn es so aussieht, als hätte man weder derartige Gefühle, noch Druck, sondern Teamwork. Irgendwann weicht das Gefühl der Selbstbestimmtheit und die Überforderung tritt in den Vordergrund. Das Leben droht abzusaufen in der Arbeit. Es löst sich einfach auf.
Dann ist es Zeit sich einzugestehen, sich vergessen zu haben. Ihr gefordertes und vertraglich offen formulierte Selbstverständnis, ständige Verfügbarkeit zu signalisieren, nicht auf Dauer gerecht werden zu können, müssen sie sich eingestehen. Es bleibt dann keine Zeit mehr für anderes. Zeit für sich selbst, Zeit für den oder die Partnerin und Zeit für die Kinder fehlen.
Als Psychologische Psychotherapeutin weiß ich, wie schwer es ist, bis Menschen anfangen, einzusehen, dass sie sich erstens überfordert haben und zweitens sich selbst zu lieben vergaßen.
Tolle Nummer! Wer nicht lernt, zu sich, zu seinen Bedürfnissen zu stehen und liebevoll mit sich selbst umzugehen, Grenzen einzuhalten, nicht vor Erschöpfung zusammenzubrechen, sondern rechtzeitig Tätigkeiten oder Dinge zu tun, die aufbauen und Kraft spenden, wird niemals lernen, sich zu akzeptieren, sich selbst als Mensch anzunehmen und zu lieben.
Zugegebenermaßen ist es ein schwieriges Thema. Andere Menschen werden geliebt von denjenigen, die sich selbst vergessen, zu lieben. Das sagen sie zumindest. Was dies im Einzelnen bedeutet und wie die Prüfungen dazu aussehen, die diese Art von Liebe oftmals widerlegen, wissen viele Menschen. Sie wissen auch, wie die faulen Kompromisse aussehen - und wie sie mit viel Elan und Enthusiasmus an Aufgaben herangingen und auch, wie sie scheiterten. Aber eigentlich wollten sie etwas anderes - so, wie alle anderen auch!
Liebe setzt voraus, lieben zu können und sich auch vergessen zu können, sich aber immer wieder mit aller Kraft für Leben und Existenz einzusetzen. Der folgende Gedanke von Albert EINSTEIN scheint mir ein sehr kluger zu sein und berührt das Thema Liebe und menschliche Entwicklung im Kern.
„ Es gibt keine großen Entdeckungen und Fortschritte, solange es noch ein unglückliches Kind auf Erden gibt.“
Nehmen wir zum Beispiel die 7 Millionen Kinder aus Bangladesh, die im Fashion-Business für ein paar Cent Tag und Nacht beschäftigt werden, haben wir eine prompte Aussage, wie es in unserer Welt um Fragen der Ethik und Moral bestellt ist. Nehmen wir zum Beispiel Deutschland mit eklatant hohen Misshandlungsraten von Kindern durch Gewalt und zusätzlich durch pornographische Aktivitäten in Bild und Film, steigenden Vergewaltigungszahlen bei Frauen und Mädchen und zusätzlich Menschenhandel und Zwangsprostitution - alles Delikte und Handlungen, die nicht in den Griff zu bekommen sind durch die Justiz? Wo man doch sonst so erfolgreich ist? Die Frage ist doch:
Warum bekommt man diese kriminellen Taten nicht in den Griff?
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