Jade Tatnon - Silex

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Ich bin Emily. Der beschissene Silex.
Hab ich drum gebeten? Nein! Hab ich eine Wahl? Nein…
Man versucht mir einzureden, dass ich was Besonderes bin. Weil ich Sachen machen kann, die ein normaler Gardist nicht machen kann: alle Elemente gleichzeitig einsetzen, Telekinese, Präkognition und so was. Und als Zeichen dafür, dass hier der Silex am Werk ist, haben meine Elemente auch noch alle dieselbe Farbe: lila. Ist doch toll, oder?
Was sie bei der ganzen Sache aber vergessen haben zu sagen, ist, dass meine Silex-Fähigkeiten tödlich für alle in meiner unmittelbaren Umgebung sind! Dass ich die schlimmsten Augenblicke meines Lebens noch mal durchmachen muss – immer und immer wieder – das hat mir auch keiner gesagt. Und dass es meine Aufgabe ist, die Seleiki auszulöschen, das haben sie mir auch verschwiegen. Die wollen mich zur Killermaschine machen. Aber ohne mich, Leute!
Naja, etwas Gutes hat das ganze ja schon: Chase! Er hat mitangesehen, als der Plan, den die Garde für mich hatte, so furchtbar schiefgegangen ist. Nur deswegen kam die Order von ganz oben, dass er mich auf meiner Flucht begleiten muss. Und nur deswegen hat er mich jetzt am Hacken. Wegen seines scheiß Pflichtbewusstseins der Garde gegenüber. Und doch ist da die wispernde Stimme in meinem Hinterkopf, die nicht aufhört zu sagen: Er hat es nicht aus Pflichtbewusstsein getan, Em. Sondern aus Liebe. Aus Liebe zu dir.

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Jade Tatnon

Silex

Buch 1

Die Garde

Weitere Bücher der Silex Reihe:

Silex – Prequel

Silex – Die Geächteten (Buch 2 – verfügbar ab Sommer 2016)

Besucht die Autorin

und erfahrt mehr über die Silex Reihe auf:

www.jadesbooks.net

www.facebook.com/jadetatnon

Impressum

© 2016 Jade Tatnon

Umschlaggestaltung: Jade Tatnon unter Verwendung eines Fotos von Pixabay

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN: 978-3-7375-9559-9

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Über die Autorin

Kapitel

Jemand rüttelt mich an der Schulter. Unsanft, hektisch und grob. Und als ich die Augen aufschlage, schaue ich in blaue Augen, die von schwarzen Haarsträhnen in mehrere Teile zerschnitten sind.

„Los. Komm.“

Seine Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern, geht mir aber trotzdem durch Mark und Bein. Die Hand, die er immer noch an meiner Schulter hat, greift kurz gröber zu und im nächsten Augenblick hat er mich aus dem Bett geholt. Meine nackten Füße knallen auf den Holzfußboden und ich versuche mich von ihm loszumachen, aber sein Griff ist zu fest. Ich atme ein, um zu fragen, was er von mir will und wer er eigentlich ist, muss aber sofort husten und genau in dem Moment schießt alles auf mich ein, als würde die Realität mich bombardieren wollen.

„Runter!“ schreit er, seine Hand auf meinem Kopf.

Ich kann kaum was sehen, weil meine Augen so tränen. Mir ist heiß und der Rauch und die Flammen überall machen die Sache auch nicht besser. Er scheint zu wissen, wo es langgeht, wo einigermaßen sichere Wege sind, und zieht mich am Handgelenk hinter sich her. Geduckt laufen wir die Hintertreppe runter, die die früher mal für die Bediensteten gewesen ist.

Ich kann nicht klar denken. Ich weiß: Eigentlich müsste ich Angst haben. Wegen des Feuers. Aber alles, was mir durch den Kopf geht, ist: Was, zum Teufel, machst du da? Der schwarzhaarige Fremde zerrt mich die Treppe runter und ich vertraue ihm. Blindlings. Und ich weiß noch nicht mal, wie er heißt. Geschweige denn, wer er ist. Ich taufe ihn Zeus. Der wusste auch immer, was los war. Der war Göttervater. Der hat sich auch immer genommen, was er wollte. Ja, Emily, der hat die Mädchen und Frauen auch immer einfach entführt. Mir wird ganz anders und ich muss mich am Treppengeländer festhalten.

„Was machst du denn da?“ herrscht Zeus mich an und reißt mich grob am Arm. „Weiter!“

Ich stolpere die Treppe weiter runter und der dunkelhaarige Fremde zerrt mich durch den nächsten Flur. Vorbei an brennenden Türen und Zimmern. Rings um uns herum zerfressen die Flammen alles, was ihnen im Weg steht. Sie machen einfach vor nichts Halt. Teils sind sie so hell, dass ich – trotz dunklem Rauch – nicht in sie reinschauen kann. Hier und da höre ich das Knarzen und Ächzen von Holz. Ab und an höre ich das Krachen, wenn etwas von oben runterkommt. Meine Augen brennen und der Rauch tut mir im Hals und in der Lunge weh. Ich hätte nie gedacht, dass man seine Lunge spüren kann! Hinter uns kommt jetzt was runter. Als ich zurückschaue, sehe ich durch den Tränenschleier, dass der Weg nach oben abgeschnitten ist. Ein brennender Holzbalken ist auf die obersten Treppenstufen gefallen und blockiert den Weg. Warum ist die verdammte Schule aus so viel Holz gebaut? Steine gibt es auch, ja, massig, aber überall ist Holz. Mindestens doppelt so viel wie Stein. Ich muss husten, aber der Zeus-Typ zieht mich einfach weiter.

Als wir etwa die Hälfte der Treppe hinunter uns gelassen haben – immer geduckt an der Wand entlang laufend – da höre ich sie das erste Mal. Ich bleibe stehen und sofort geht ein kräftiger Ruck durch meinen Arm.

„Komm!“

In seinen Augen, die wahrscheinlich wegen dem wenigen Licht jetzt fast schwarz aussehen, spiegeln sich die Flammen und er wirkt alles andere als froh darüber, dass ich stehengeblieben bin. Warum muss er eigentlich nicht husten? , schießt es mir durch den Kopf. Seine Augen tränen auch, sehe ich, aber der Qualm und die Flammen scheinen ihm (fast) nichts anhaben zu können.

„Aber die anderen!“

„Die sind egal“, sagt er, zieht sein Shirt über Mund und Nase und setzt seinen Weg fort, mich nicht gerade sanft hinter sich herziehend. „Und. Jetzt. Komm. Endlich.“

„Nein! Nein, halt!“ brülle ich und versuche ihn in die andere Richtung zu zerren. Zurück zu den Schreien hinter uns. Aber er schleift mich weiter. „Die anderen! Wir müssen zurück!“

Er schaut sich noch nicht mal mehr zu mir um, sondern zieht mich einfach weiter. Immer weiter. Ich versuche seine Hand von meinem Handgelenk zu lösen, aber sein Griff ist wie aus Eisen. Weil das nicht geht und ich seine Finger einfach nicht von meinem Handgelenk lösen kann, versuche ich mich am Treppengeländer festzuhalten – die Schreie gellen panisch hinter uns her und trotz der Hitze läuft es mir eiskalt den Rücken runter – aber er reißt mich einfach weiter. Er ist so viel stärker als ich, es ist zwecklos. Und so zerrt er mich Etage für Etage weiter nach unten.

„Bitte“, flehe ich. „Wir könnten die doch hier nicht bei lebendigem Leibe verbrennen lassen!“

Aber er wirft mir nur einen Blick über die Schulter zu und macht keinerlei Anstalten sein Tempo zu verringern, geschweige denn stehen zu bleiben. Die Treppe haben wir schon hinter uns gelassen und ich versuche mich am nächsten Türrahmen festzuhalten – bei dem ob der Hitze die Farbe Blasen geschlagen hat und meine Hände verbrennt – aber es ist aussichtslos. Er zerrt mich weiter. Immer weiter und weiter. Der großen Eingangstür entgegen. Die Tapete, die sich mittlerweile von den Wänden kräuselt und zu schmoren begonnen hat, hilft mir auch nicht weiter. Ich höre das Schreien nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr so laut wie eben noch. Doch dann kreischt über uns plötzlich jemand auf und ich bleibe stocksteif stehen. Es klingt nach ungeheurer Pein und unglaublicher Panik. Ein Ruck an meinem Handgelenk und ich bin wieder in Bewegung.

„Aber wir müssen-“ setze ich erneut an, werde aber von einem herabstürzenden Balken unterbrochen.

Ehe ich überhaupt realisiert habe, dass das Ding unmittelbar auf uns zuhält, hat mein Begleiter mich auch schon aus der Schusslinie gezogen, zu Boden gedrückt und an sich herangerissen. Wir knien am Boden, er schützend über mir und das Ding schlägt keinen ganzen Meter neben uns ein und besprüht uns mit Funken und kleinen glühenden Holzsplittern. Ich schreie kurz auf als Teile davon meinen linken Arm verbrennen. Er allerdings sagt gar nichts, obwohl er den Großteil der Fuhre abbekommen haben muss. Doch dann… Ich habe nur meine 3/4–Pyjama-Hose und mein Tanktop an. Klar, dass die Funken bei mir da mehr Schaden anrichten als bei ihm. Er hat… Oh mein Gott, stelle ich fest, als ich ihn das erste Mal sehe. So richtig sehe, meine ich. Zeus ist Gardist! Realisiere, was er da eigentlich trägt. Dass sein Outfit dann auch noch komplett schwarz ist. Zeus ist Sentinel? , rattert es ehrfürchtig in meinem Kopf.

„Alles okay?“ höre ich seine besorgte Stimme an meinem Ohr und im nächsten Augenblick taucht sein Gesicht vor mir auf, als er mich bei den Oberarmen nimmt und mich ein wenig von sich wegschiebt.

Er ist glatt rasiert, sehe ich, und seine dunklen Haare reichen ihm bis unters Kinn. Er mag gut 10, 15 Jahre älter sein als ich. Seine Augen, die wegen der Dunkelheit immer noch grau-schwarz sind – vielleicht habe ich mich auch getäuscht und sie sind gar nicht blau? – fliegen über mein Gesicht, so als könnte er da Antworten finden. Ich bringe es nicht fertig, was zu sagen. Hätte er mich nicht weggezogen und sich über mich geworfen, würde ich jetzt unter dem brennenden Balken da drüben liegen!

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