Gerhard Ebert
Glauben! Aber woran?
Pamphletel
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Inhaltsverzeichnis
Titel Gerhard Ebert Glauben! Aber woran? Pamphletel Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort
Glauben an Götter
Glauben an Gott
Glauben als Religion
Glauben an eine Weltanschauung
Glauben an die Politik
Glauben an sich selbst
Glauben an eine Partei
Glauben an die Regierung
Glauben an den Kapitalismus
Glauben an die Fußballmannschaft
Glauben an die Nation
Glauben an Losungen
Glauben an Nachrichten
Glauben an Wissen
Glauben an Ehe und Familie
Nachwort
Impressum neobooks
„Der Glaube versetzt Berge!“ – wer kennt sie nicht, diese Redensart aus der Bibel. Wenn solcherlei Erkenntnis schon von den Alten geteilt wurde und taufrisch auf uns überkommen ist, scheint etwas dran zu sein. Und in der Tat: Wenn Sie sich bewusst machen, woran alles Sie im Leben schon einmal geglaubt haben, werden Sie sich erstaunt fragen, wieso Sie sich nicht schon längst einmal Gedanken darüber gemacht haben, dass sie faktisch der Glaube durchs Leben steuert – mehr oder weniger erfolgreich.
Das Glauben in allen seinen Schattierungen ist – man mag es drehen und wenden, wie man will - der eigentliche geistige Impulsgeber des Menschen, es ist sozusagen der Prior des Gehirns. Bei aller überragenden Bedeutung des Wissens – das Glauben ist die übergeordnete Kategorie. Man muss glauben, dass man etwas weiß, vor allem, dass man das Richtige weiß, und erst, wenn man es glaubt, gewinnt man die Fähigkeit und Überzeugung, das Wissen auf seine Richtigkeit hin zu prüfen und auch anzuwenden.
Die Mär vom Klapperstorch, welche einem die Eltern erzählen, ist im Vergleich zu dem, was dann das Leben bietet, ein harmloser Spaß. Was wird einem im Verlaufe des Daseins nicht alles als glaubwürdig angepriesen, eingeredet, aufgebürdet. Wie viel Illusion dabei obwaltet, wird einem selten, und wenn, dann gewiss zu spät bewusst. Denn immer hat man geglaubt, das Richtige zu wissen und dann auch getan zu haben. Und obwohl wir oft enttäuscht worden sind, haben wir nicht aufgehört an das zu glauben, was wir für richtig hielten. Denn die Crux ist: Wir müssen glauben, sonst sind wir in dieser Welt a priori verlorene Seelen. Wir müssen glauben, dass wir das Richtige denken und tun.
Der Widerspruch zwischen Glauben und Wissen ist das Wesen dessen, was wir Geistesleben des Menschen nennen. Und so grotesk es scheinen mag, weshalb ich es prompt wiederhole: Das Glauben ist mächtiger als das Wissen! Noch immer und nach wie vor! Und in aller Zukunft.
Wobei es groteske Verzerrungen gibt. Neuerdings glauben Wissenschaftler an den sogenannten Urknall. Womit angeblich das Weltall seinen Anfang genommen hat. Welch irrer Glaube! Hanebüchen ist bereits, einen Ton zum Ausgangspunkt für ungeheure, dem Menschen nicht vorstellbare materielle Prozesse zu machen! Noch wirrer aber ist die Behauptung, das Weltall - beginnend mit dem Urknall - dehne sich seither rasend aus. Sollten wir nicht eher glauben, dass das Universum unendlich ist, also weder Anfang noch Ende hat, weil ewig sich wandelnd, und zwar nicht im Sinne einer sich ausbreitenden Dimension hin zu einem Ende irgendwann, sondern im Sinne unendlicher Veränderung?
Oder eine andere groteske Verzerrung. Neulich sah ich das Foto eines Schwerstbehinderten in seinem Rollstuhl, der fröhlich ein Plakat mühsam hochhielt mit der Aufschrift „Laufen ist doof!“ Welch irrer Glaube! Jedermann weiß, dass das nicht stimmt, wahrscheinlich sogar der Kranke. Aber der Glaube daran, dass Laufen doof ist, hilft ihm, sein elendes Dasein besser zu ertragen, und wenn es auch nur minimal ist.
Und noch eine groteske Verzerrung. Überall begegnen einem Preisschilder mit der 99 hinterm Komma. 0,99 Euro, 1,99 Euro, 2,99 Euro usw. Es wird einem die Illusion suggeriert, ein geradezu honoriges Angebot zu erhalten. Welch irrer Glaube! In Wirklichkeit ist sonnenklar, dass man beschissen wird. Deutlicher kann es gar nicht demonstriert werden, denn dieser 99er-Preis ist schamlos offen manipuliert, ist unehrlich, ist eine Lüge, die wir glauben sollen. Und manch einer glaubt sie tatsächlich.
Das Fatale am Glauben ist, dass es keinen Gradmesser dafür gibt. Ob schwach und zögerlich oder intensiv und bedingungslos - jeder Mensch ist ganz und gar auf sich selbst angewiesen. Natürlich hängt es auch von der jeweiligen Angelegenheit ab, wie innig der Mensch daran glaubt. Aber stets ist es ganz und gar intimste persönliche Sache des betreffenden Menschen. Wobei sich dieser betreffende Mensch meist kaum Gedanken macht über die Intensität seines Glaubens; er wechselt ihn sogar gelegentlich ohne Mühe oder auch mit großen Schmerzen. Das betrifft vor allem soziale Situationen, in denen man unter Umständen sogar mehr oder weniger genötigt wird, dies oder jenes zu glauben.
Der aufmerksame Leser wird längst wissen, dass der Begriff „Glauben“ hier nicht in eng religiösem Sinne behandelt wird, sondern in weitem weltlichem Sinne in Bezug auf alles, woran ein Mensch gelegentlich oder überhaupt glauben kann. Das können Götter sein. Das kann ein Gott sein. Das kann die Fußballmannschaft sein. Das kann Ehe und Familie sein. Usw. Fangen wir mit den Göttern an.
In frühen Zeiten der Menschheit, in denen man noch herzlich wenig, recht eigentlich nichts über Natur und Gesellschaft wusste, waren für alles, was dem Menschen widerfuhr, allmächtige Götter zuständig. Dieser fundamentale Glaubens-Grundsatz (Polytheismus genannt) dominierte viele Millionen Jahre und ist uns in einer gewiss bereits ausgereiften Form vor allem von den Griechen überliefert.
Wie mag der Glaube an viele Götter entstanden sein? Auf ganz natürlichem Wege. Die frühen Menschen begannen, sich Gedanken beispielsweis darüber zu machen, wer wohl dafür zuständig sein könnte, dass es hin und wieder aus noch eben heiterem Himmel gewitterte. Da sie keinen Menschen in ihrer Gemeinschaft fanden, der so viel Kraft und Vermögen besessen hätte, gewissermaßen den Himmel zu regieren, versuchten sie, sich das zu erklären, und machten schließlich und endlich eine unsichtbare Kraft, eine Naturgottheit dafür verantwortlich. Diesen Gewaltigen nannten die Griechen Zeus, und der war schließlich nicht nur für Gewitter zuständig und befruchtenden Regen, sondern auch für das himmlische Feuer, nämlich den Blitz, mithin überhaupt für das Licht.
Damit war für allerhand Erscheinungen des alltäglichen Lebens im geistigen Oberstübel der Griechen ein gebührender Platz geschaffen. Wenn’s gewitterte, blitze und regnete, war das der Wille des mächtigen Naturgottes, und man musste sich drein schicken. Nun gab es offenbar Menschen, die neue, und zwar ganz menschliche Fragen stellten, nämlich zum Beispiel die, woher der Naturgott Zeus wohl gekommen sein könnte, mithin: Hatte er einen Vater? Etwas anderes konnte man sich nicht vorstellen. Da musste ein Vater her. Und er wurde gefunden, das heißt erfunden. Jedenfalls wissen wir, dass man damals den Zeus zum Sohn des Kronos machte, und den wiederum zum Sohn des Uranos.
Wobei die Erbfolge ganz nach menschlichem Vorstellungsvermögen geregelt worden war. Zeus hat nämlich seinen Vater und dessen Gefolgsleute, die Titanen, in brutalem Kampf besiegt und in den Tartarus gestürzt. Worauf er eine neue, und zwar seine Weltordnung begründete, nämlich die Herrschaft der olympischen Götter. Zu dieser „Herrschaft“ gehörte, dass Zeus, der König und Vater der Götter, der allmächtige und allsehende Weltherrscher, der Urquell und Beschützer allen Rechts und aller Ordnung, zuständig war für wesentliche Obliegenheiten. Man betete ihn an als den Schirmherrn des Hauses, den Beschützer der Stadt, der Rats-und Volksversammlung, den Wächter des Eides, den Urheber aller Freundschaft, den Beschirmer und Rächer der Fremden und Hilfesuchenden und als den Erretter und Befreier von allem Übel. Er wurde diesen Aufgaben auch deswegen gerecht, weil er gleichsam zwischen Erde und Himmel residierte, nämlich auf hohem Berg, auf dem Olymp. Nach göttlichem, also menschlich unerklärbarem Gutdünken griff er zum Wohle oder zur Ärgernis der Menschen ein. Womit die Menschen wahrscheinlich nicht immer so ganz und gar einverstanden waren. Denn in gewisser Weise entmachteten sie ihren Göttervater (Jupiter bei den Römern). Sie erfanden sich nämlich – sagen wir mal ihm zur Entlastung – zahllose weitere Götter. Die Griechen (wie übrigens auch die Römer, die Babylonier, die Ägypter, die Assyrer usw.) verfügten letztlich über eine geradezu perfekte Götter-Hierarchie.
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