Wie ernst es ihm war, beweist auch der Umstand, dass die Herstellung des Gebetsplatzes das allererste war, was bei der Neuaufrichtung seiner Zelte erwähnt wird. Was ist uns wohl das Wichtigste beim Einzug in eine neue Wohnung? Etwa eine schöne Einrichtung, mit der wir uns vor den Besuchern zeigen können? Es gibt vielerlei bei einer Neueinrichtung zu bedenken.
Wohl denen, bei welchen ein stiller Gebetswinkel nicht die letzte, sondern die erste Sorge ist!
2. Das Gebet war zuversichtlich
Er rief nicht den Namen eines unbekannten Gottes an, von dem es höchst fraglich war, ob er wirklich helfen könne, sondern er rief an »den Namen des starken Gottes Israels«. Er vertraute, dass der Gott, zu dem er betete, eine starke Hand habe, die mächtig sei, zu helfen. Er hatte ihn als solchen erfahren in seiner Bewahrung vor Labans und Esaus Zorn und vertraute, dass diese starke Hand über seinem Leben bliebe. Die eigene Stärke war dem Jakob in Pniel zerbrochen, die Hüfte ihm gelähmt worden. Aber umso besser konnte er jetzt den starken Gott Israels anrufen und dessen Stärke im Vertrauen in Anspruch nehmen. Lasst auch unser Gebet ein Anrufen »des starken Gottes Israels« sein. Wohl allen, die auf diese Stärke — und nicht auf ihre eigene — vertrauen!
3. Das Gebet fand regelmäßig statt
Man richtet sich nicht einen besonderen Gebetsplatz ein, wenn man nur einmal beten will. Die Bibel meldet uns diese Tatsache als die heiligste und wichtigste Gewohnheit Jakobs.
Wie wichtig ist das regelmäßige Gebet! Daniel hatte seine bestimmte, dreimalige Gebetszeit!(Daniel 6, 11). Die Apostel gingen »um die neunte Stunde, da man pflegt zu beten«, in den Tempel zur Stille (Apg. 3, 1). Wo sind unsere »neunten Stunden«? Ich fürchte, sie fehlen in mancher Zeiteinteilung. Wo ist in unserem Haus der heilige Platz, wo die Engel Gottes auf- und niedersteigen?
Manches Haus wird schöner eingerichtet als früher, weil die äußeren Mittel zunehmen. Aber was hätte dem Jakob die herrlichste Ausstattung seiner Hütte genützt, was hätte ihm der Reichtum seiner Herden geholfen, wenn sein Haus keine Gebetshütte gewesen wäre?
Wo ist es schön zu wohnen? Wo strömt dem Besucher eine Himmelsluft entgegen? Da, wo treue Beter wohnen, deren Hütte eine Stätte des Umgangs mit Gott ist. Der Herr gebe in all unsern Häusern solch einen Jakobsaltar, eine Gebetsstätte, die durch ernstes, zuversichtliches und regelmäßiges Gebet geweiht ist!
Wie kommt man aus den Marastationen heraus?
»Mose schrie zu dem Herrn, und der Herr wies ihm einen Baum, den tat er ins Wasser, da wurde es süß«(2. Mose 15, 25).
Wohin man auch immer in unseren Tagen blickt, da sieht man Christen, die in Mara — zu deutsch: in der Bitterkeit — wohnen.
Bitter sind bei dem einen die häuslichen Verhältnisse, bitter bei dem andern die Geschäftsverhältnisse. Bitter sind die weltpolitischen Zustände. Bitter ist die Vergangenheit, die hinter uns liegt, bitter sind die Aussichten für die Zukunft. Kurz, wir sind von lauter Marawasser umgeben.
Da wird die Frage brennend: Welchen Ausgang finden wir aus diesen Marastationen? Wie kann die »Bitterkeit«, die uns quält, in »Süßigkeit« verwandelt werden? Unser Text gibt uns eine Antwort auf solche Fragen.
1. Der Helfer, der aus Mara herausführt
Als Israel, von Durst gequält, das bittere Marawasser nicht trinken konnte, murrte es wider Mose (V. 24). Ein Geist des Klagens, Schimpfens und Haderns, ein unzufriedener, verdrießlicher Geist breitete sich im Volk aus. Die Menschen, die noch vor wenigen Tagen am Roten Meer nach der Rettung aus Pharaos Hand Danklieder gesungen hatten, brachen jetzt aus in Klagen und in Anklagen. Ihr Murren wandte sich gegen den von Gott gesegneten Führer Mose, dem sie doch so viel Dank für treue Führung schuldeten.
Hilft dieses Murren und Hadern aus dem Jammer der Marastationen heraus? Nie und nimmer! Den Weg der Hilfe finden wir nicht im Verhalten des Volkes, sondern im Handeln des Mose. Dieser zankte nicht mit dem murrenden Volk. Er nahm seine Zuflucht zu dem wahren Helfer, der allein aller Bitterkeit ein Ende machen kann: »Mose schrie zu dem Herrn.« Dieses einfache Geheimnis müssen wir uns immer wieder aufs neue vorhalten. Wer aus Mara heraus will, der wähle nicht den falschen Pfad des murrenden Volkes, sondern den richtigen Weg des ernstlich betenden Mose. Das Gebet ist eine Macht, die aus jeder Maranot heraushilft!
Als Asaph nach langem Grübeln endlich ins Heiligtum Gottes ging, da hörte die Bitterkeit auf (Ps. 73, 16 u. 17). Als Simson am Brunnen des Anrufers zu Gott schrie, gab es frisches Quellwasser (Richter 15, 18 u. 19). Als Jesaja und Hiskia zu Gott schrien, hörte die bittere Not des assyrischen Angriffs bald auf (2. Kön. 19). Als der Hohe Rat den Aposteln jede weitere Predigt von Jesus verbot, war diese Verfügung Marawasser für die Gemeinde Jesu (Apg. 4, 23— 31). Als sie aber alle zusammen über diese Bedrängnis beteten, bewegte sich die Stätte, und sie wurden voller Freudigkeit.
Marawasser bleibt nicht bitter, wo ernstlich und anhaltend gerufen wird. Lasst uns diesen Weg an jeder Marastation gleich beschreiten! »Statt zu klagen, bete mehr!« So lautet der erste Rat aus dieser Geschichte.
2. Das göttliche Mittel zur Hilfe
Moses' Rufen war nicht vergeblich. Ob es kürzer oder länger dauerte, ob die Hilfe von oben schnell kam oder auf sich warten ließ, das wird nicht berichtet. Nur die Tatsache der Erhörung erfahren wir.
»Der Herr wies ihm einen Baum.« Ein Fingerzeig Gottes, ein Wort Gottes, ein Hinweis des Herrn genügte, um aus allem Elend herauszukommen. Auch uns ist hierdurch das göttliche Mittel gezeigt, das uns aus gar mannigfachem Maraelend heraushilft.
Als Paulus wegen seines Pfahles im Fleisch zum Herrn rief, empfing er eine Weisung (2. Kor. 12, 7—10). Ein Hinweis Gottes wurde ihm zuteil, der ihm den Bewahrungssegen dieses drückenden Leidens enthüllte. Mit dem Augenblick, wo ihm dieser göttliche Lichtstrahl gegeben wurde, schwand die Bitterkeit. Das Marawasser war süß geworden. Voll Freudigkeit rühmte er sich von da an seiner Schwachheit und seines Leidens. Sein Gebet war erhört.
Einst traf ich auf dem Bahnhof einen Freund, der im Reich Gottes arbeitete. Er sagte mir: »Ich bete zu Gott, dass er mir eine andere Stelle geben möchte.« Nach zwei Jahren traf ich ihn wieder und fragte ihn: »Hat Gott Ihr Gebet erhört?« Er antwortete voller Freudigkeit: »Ja.« Auf meine weitere Frage, wie sich dies verhalte, da er ja doch am gleichen Platz stehe, sagte er: »Gott hat mir gezeigt, dass dies der richtige Platz für meine innere Erziehung ist. Darum tue ich meine Arbeit hier gern weiter.« Auch hier war Marawasser durch eine Weisung Gottes süß geworden.
Ob Gott uns solche Weisung in der Stille des Kämmerleins oder sonst wo gibt, ob wir sie beim Lesen oder beim Hören des Wortes Gottes empfangen, ob sie uns durch den Mund eines bekannten Predigers oder des allerschlichtesten Bruders zuteil wird, das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist für uns nur, dass wir die empfangene Klarheit als von Gott uns geschenkt annehmen dürfen. Ist das der Fall, dann haben wir das rechte Mittel der Hilfe gefunden. Wie mancher wird nach überstandenen Maranöten bekennen müssen: Wenn mir nicht in meiner Not dieser oder jener aus Gottes Wort stammende Lichtblick gegeben wäre, dann hätte ich in Mara verschmachten müssen: »Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre, so wäre ich vergangen in meinem Elend« (Ps. 119, 92).
Auf Marastationen kann man am besten den Wert der göttlichen Weisungen schätzen lernen. Hier wird man begierig nach einem Hinweis Gottes, nach einem Lichtstrahl, der uns von oben her unseren Weg beleuchtet. Wenn droben die vollendete Schar ihr Loblied singt, dann werden die Erlösten voller Dankbarkeit rühmen, wie Gott ihnen an den einzelnen Marastationen ihres Lebens zur rechten Zeit eine Weisung gegeben hat, die ihnen zurecht- und heraushalf.
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