Lange Zeit sprach er nicht mehr über Wanted. Wenn sie sich zufällig im Hof trafen, grüßten sie sich in Politiker-Manier, manchmal hielten sie sogar Small Talk und dabei blieb es vorerst.
Man merkte, dass Sebastian es mit der Situation schwer hatte. Irgendetwas gefiel ihm an der ganzen Sache nicht.
Er fragte sich immer und immer wieder, warum Wanted so oft da war und warum er seine Tochter so gern hatte. Er traute sich nicht zu fragen, ob Wanted vielleicht doch eher seine Frau gern hätte. Eine Stimme sagte ihm, dass er mehr mit seiner Frau hatte, vor allem, da es bei ihnen im Bett nicht mehr richtig lief, seitdem Wanted da war. Klar war schon vorher das Sexleben von beiden schon fast tot gewesen, aber nur fast. Nun war es praktisch tot. Und er machte Wanted dafür verantwortlich. Er ging davon aus, dass seine Frau mit ihm schlief.
Diese Vorstellung machte ihn so nervös und gleichzeitig machtlos, und er begann zu trinken. Sebastian war erst 31 Jahre alt, aber war schon ein angesehener Rechtsanwalt in der Region. Er sah gut aus, groß, sportlich und er sah immer ein bisschen aus wie Alain Delon, wie ein Filmstar. Er war immer top rasiert, super gestylt. Er hatte ebenso wie Wanted viel Erfolg bei Frauen. Treu war er angeblich: so zumindest behauptete es seine Frau.
Aber viele von Bastis Freunden, mit denen er sonntagvormittags Golf spielen ging, wussten genau, dass er nicht immer bis 22 Uhr bei Gerichtsverhandlungen war. Er hatte offiziell keine Geliebte, aber er war ein ganz sicherer Kunde von privaten Sexpartys.
Basti genoss es, immer im Mittelpunkt zu stehen. Aber nun, bei sich zu Hause, war er, seitdem Wanted, der afrikanische Schönling , wie seine schwulen Freunde ihn nannten, in die Familie eingedrungen war, nicht mehr der sichere Mann, der er mal gewesen war. Was hat er, was ich nicht habe?, fragte er sich oft. Früher hat meine Frau mich mehrmals am Tag nach der Arbeit angerufen und wollte, dass ich dringend nach Hause komme. Er erinnerte sich an die Wörter „Mein Schatz, komm doch bald, wir warten sehnsüchtig auf dich. Melanie braucht dich.“
Ja, das war nur mehr Erinnerung. Lisa war nicht mehr sauer, wenn er spät nach Hause kam. Sie war lockerer, ruhiger und fragte gar nicht mehr, warum er so spät kam.
Was hat Wanted nur aus ihr gemacht?, fragte er sich und fing an zu fantasieren. Je mehr die Fantasien ihm wehtaten, desto intensiver wurden sie. Sie gingen weiter und immer weiter.
Was er seit zehn Jahren, seitdem er mit Lisa zusammen war, nie im Traum gedacht hätte, wurde filmreif in seinem Kopf.
Er stellte sich vor, wie seine Frau mit dem tollen Afrikaner im Bett war. Er sah, wie ein riesig bestückter Mann seine Frau bestieg und wild in sie eindrang. Er sah in seiner Vorstellung seine Frau Wanteds harten und muskulösen Körper festhalten, kratzen, mit beiden Händen den knackigen Po fest an sich drücken, um ihn ganz tief zu spüren, und dabei sah er sie vor Lust und Glück schreien. Er stellte sich vor, wie der Mund seiner Frau Wanteds Glied, das sie mit beiden Händen festhielt, mit geschlossenen Augen saugte, aber noch viel schlimmer in seiner Vorstellung war Wanteds Zunge zwischen den Beinen seiner Frau. Er wusste, dass das der schwache Punkt seiner Frau war und der direkte Draht zu ihrem Höhepunkt. Ich allein darf sie zu ihrem Höhenpunkt bringen, schimpfte er. Ich ganz allein, wiederholte er. Das ist für mich reserviert, sagte er sich und goss sich noch ein Glas Whiskey voll.
Seine Fantasien wurden für ihn zur Realität. Er glaubte fest daran, dass Wanted mit seiner Frau schlief. Er, der vor Gericht fast immer als Sieger bekannt war, war dabei, Verlierer in seinem eigenen Haus zu werden.
Dieses Gefühl von Machtlosigkeit hatte er sein Leben lang nicht gekannt, aber er traute sich nicht mit jemandem, auch nicht mit seinem besten Freund Paul, zu reden.
Was soll ich tun, um meine Frau zurückzubekommen?, fragte er sich.
Er schmiedete seinen Plan: er würde Wanted beschatten und gut beobachten. Er würde sehen, wie er sich verhielt und was er machte, wenn er mit seiner Frau und Melanie zusammen war. So würde er sehen, was seiner Frau an ihm gefiel. Er würde dann versuchen, sich so zu verhalten wie Wanted, alles zu machen wie er, und vielleicht würde er so seine Frau wieder begeistern.
Das tat er dann, aber die Resonanz seiner Frau war entmutigend.
„Basti, mein Schatz, was ist los mit dir? Das passt nicht zu dir, bitte“, musste er immer wieder von ihr hören.
Dann hat es mit was anderem zu tun, dachte er.
Er erinnerte sich an Sexvideos, die er in letzter Zeit im Internet gesehen hatte. Er konnte alles noch vor sich sehen, als ob sie gerade vor seinen Augen liefen. Ja, er sah noch diese schwarzen Männer, die sich mit weißen Frauen vergnügten. Alle hatten einen riesigen Penis und es schien den Frauen zu gefallen. Er hörte immer noch ihre Schreie vor Lust. All das machte ihm Schüttelfrost. „Liegt es vielleicht daran? Ja, ganz sicher“, sagte er und grinste seine Whiskeyflasche ironisch an.
„Es liegt sicher daran“, betonte er noch einmal.
„Was wollen Frauen denn“, fuhr er fort mit seinem Selbstgespräch. „Sie hat alles, sie hat ein schönes Haus, sie ist intellektuell, hat einen erfolgreichen Mann, eine süße Tochter. Wir können uns leisten, was wir wollen. Machen 4-mal im Jahr Urlaub in der ganzen Welt, sind in der Stadt angesehen und trotzdem das?“, schimpfte er und entwickelte eine Idee.
Den nächsten Tag kam er sehr früh von der Arbeit, mit einem Paket in der Hand.
„Was hast du da, Schatz?“, fragte ihn Lisa, die wie immer ganz gelassen war.
„Hallo, meine Kleine, eine Überraschung, aber erst für den Abend. Es wird dir gefallen“, antwortete Sebastian. Er hatte sich entschieden, seine Frau auf zivilisierte Weise zurückzugewinnen.
Erstaunt über diese nette Wendung ihres Mannes, der seit Tagen nur herummotzte, sagte Lisa glücklich:
„Ok, dann bin ich schon jetzt gespannt und freue mich soooooo drauf, mein Schatz“.
Der Nachmittag verlief auch ganz entspannt. Basti hatte Glück, dass Wanted heute nicht kam, somit hatte er die ganze Zeit allein mit seiner Familie. Er war gutgelaunt und machte viele Witze.
Alles schien Lisa dubios, aber sie freute sich dennoch, dass alle fröhlich waren.
Sebastian spielte auch sehr lange mit Melanie, so lange wie noch nie, seitdem sie da war. Er hatte immer keine Zeit gehabt. Kam öfter heim, wenn das Kind schon schlief, und am Wochenende war er dann müde und wollte sich am Sonntag Zeit nehmen, um Golf spielen zu gehen und sich für die Prozesse am Montag vorzubereiten. Aber dafür erfüllte er alle materiellen Wünsche seiner Familie und ging deswegen davon aus, dass er eine tolle Familie hatte, in der alle glücklich und zufrieden waren.
Lisa war eine Frau, die nicht viel redete und sich kaum beklagte. So war es schwer zu wissen, was sie fühlte oder dachte. Sie hatte wegen des Kindes ihre Arbeitszeit auf 50% gekürzt, so konnte sie alle Nachmittage Zeit für ihre Süße haben.
Sie erinnerte sich öfters daran, wenn Wanted da war, wie es mit Basti früher gewesen war. Sie machte unbewusst Vergleiche und stellte sich insgeheim vor, wie es mit Wanted im Bett wäre.
Am Anfang der Beziehung mit Basti war alles gut gewesen, wunderbar. Sie schliefen mehrmals die Woche miteinander. Das hielt aber nur zwei Jahre und seit einigen Jahren wurde kaum noch das Feuer angezündet. Lisa machte sich keine Sorgen darüber, weil alle ihre Freundinnen das gleiche erlebten. Aber seitdem Wanted da war, spürte sie, dass das vielleicht gar nicht so normal und natürlich war. Sie probierte es öfter, aber Basti blockte ab, oder war bei der Sache nicht so voll dabei und versagte deswegen immer mehr. Basti entschuldigte sich mit der Menge an Arbeit und mit komplizierten Prozessen, die er zu führen hatte, da er in der Anwaltskanzlei der Mann für schwierige und millionenschwere Fälle war.
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