»Na, trägst auch schon das Hemd offen?«, stichelte Betty keck und wischte sich die Milch ab.
»Bei der Wärme, ja. Und? Sind die Engländer wirklich so sauber?« Maria legte die Wäsche in den Waschtrog.
Bettys zunächst scharfer Blick wandelte sich in verschmitztes Grinsen.
»Ach, Maria - wenn man wüsste, dass es einer ernst meint. Aber ich warne dich, halt bloß dein dummes Schandmaul! - Eigentlich geht dich das gar nichts an!«
»Freilich geht‘s mich nichts an. Aber hast du keine Angst? Was, wenn dir einer ein Kind macht?«
»Ach weißt du, die Aufmerksamkeiten, die Geschenke, die Küsse, das ist eben schön. Und wenn einer mal unter die Röcke will - was soll‘s.« Bettys Augen waren beim Lachen nur noch schmale Spalten, und ihre roten Backen stachen gegen die weiße Haube stark ab.
Jedes Mal wenn sie zu einem ihrer nun seltenen Besuche ins Haus kam, schien sie älter, eigentlich müde, der langsamen Art ihrer Mutter immer ähnlicher. Und so leichthin sagte sie: »Was soll’s.«
Marias Hand kraulte den Nacken der Ziege, und Betty griff nach dieser Hand.
»Ich sag dir das nur, weil du kein Kind mehr bist. Man kann nicht früh genug Bescheid wissen. Gesund müssen die Burschen aussehen, wenn du dich mit einem einlässt. Nicht schwindsüchtig oder verhurt dürfen sie sein. Aber manche tragen die Franzosenkrankheit mit sich rum und sehen selber aus wie das blühende Leben. Elende Sauwedel! Unsere lieben Engländer, die sie uns zum Studieren schicken, sind da keine Ausnahmen. Lass bloß keinen im Glauben, du gehst gleich auf alles ein. Zier dich ruhig ein bisschen. Am besten warte so lange wie möglich damit. So, und jetzt halt bloß dein Maul! Ich hab dir nichts erzählt. Bye, Mary!« Sie erhob sich, wischte mit der Schürze die Milchschale aus und ging ins Haus.
Eher wäre Maria die Zunge verfault, bevor sie Betty einen Dank gesagt hätte. Wo Stolz auf Stolz trifft, schlagen Blitze. Doch Maria gestand sich ein, einmal mehr von Betty beeindruckt worden zu sein. Allerdings, alles, was Betty sagte, trug einen bitteren Unterton, als verachtete sie die Männer. Verachtung lag oft in den Stimmen der Erwachsenen, und so wird Betty wohl erwachsen sein.
In der Werkstatt setzte ein Webstuhl ein, dann der zweite, und das klappernde Duett zerriss Marias Gedankengang. Sie runzelte die Stirn, nahm ein Rufen wahr, das sie erst nach zweimaliger Aufforderung hörte. Drei Gärten weiter stand Christiana Schilling am Zaun. Maria solle schnell kommen, sie müssten auf den Wall.
»Die Leute gehen spazieren bei der Sonne, haufenweise!« Natürlich, Christiana hatte Recht. Langsam kam Bewegung in Maria, und sie holte den Korb.
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