Verhalten ist daher ein weiteres wesentliches Schlüsselwort für die Sonne und für den Löwen. Unser Verhalten ist nichts anderes als unsere gezeigte Identität. Und wenn das Verhalten unsere Identität zeigt, dann muss sich die Identität gezeigt haben. Das heißt sie muss sich nach außen bewegt haben. Dieser Vorgang des nach außen Bewegens von einem Inhalt, der vorher innen lag, genau das nennt man in der Psychologie die Emotion. Wenn Sie das Wort Emotion unterteilen, dann haben Sie eine Vorsilbe, das E, und dann den Begriff „Motion“. „E“ als Vorsilbe aus dem lateinischen kommend bedeutet „hinaus“. Und Motion bedeutet im übertragenen Sinne Bewegung. Also bedeutet das Wort Emotion die Hinausbewegung. Und damit wird klar, dass das Wort Emotion - und alles, was davon ableitbar und übertragbar ist - zur Sonne und zum Löwen gehört.
Damit wird weiterhin klar, und das ist umgangssprachlich sehr wichtig zu wissen, dass der Begriff „Gefühl“ oder der Begriff „Empfinden“, den wir ja für den Mond und den Krebs genannt haben, dass also das Fühlen und das Empfinden etwas anderes ist als das, was wir unter Emotion verstehen. Umgangssprachlich wird es leider immer wieder verwechselt. Viele Menschen sagen, Gefühl und Emotion ist dasselbe. Aber wir wissen, dass das nicht richtig ist. Das Gefühl ist die Substanz. Und das, was wir Emotion nennen, ist das hinausbewegte Gefühl. Also das Gefühl, was sich zeigt.
Eine Emotion hat immer mit einem bestimmten Verhalten zu tun, wir würden konkret sagen mit einem emotionalen Verhalten. Unter einem emotionalen Verhalten versteht man ein solches, bei dem Gefühle gezeigt werden. Insofern machen Sie bitte in Zukunft einen Unterschied zwischen Gefühl und Emotion. Denn Sie wissen, dass zwischen Mond und Sonne, beziehungsweise zwischen Krebs und 4. Feld, beziehungsweise dem Zeichen Löwe und dem 5. Feld, auch ein Unterschied besteht.
Löwe und Sonne ist das Herausbewegen des Inneren. Um einen etwas anschaulicheren Begriff für dieses Hinausbewegen zu wählen, könnten wir sagen, es ist eine Verausgabung. Die Sonne verausgabt sich. Das Leben verausgabt sich. Die Verausgabung, die dem Leben innewohnt, bezeichnet einen Vorgang, in dem es keine Kontrolle über die Menge dessen gibt, was verausgabt wird. Die Sonne und der Löwe stellen beide ein Lebensprinzip dar, das einzig zur Aufgabe hat, alldem, was bis dorthin im Tierkreis oder im Leben an sich entstanden ist, zum Leben zu erwecken. Sie können sich den Prinz vorstellen, der das Dornröschen küsst. Dieser Prinz, beziehungsweise besser gesagt der Kuss des Prinzen, das ist die Sonne. Die Sonne ist immer das, was zum Leben erweckt, was den Dingen Leben einhaucht - beziehungsweise ist es diejenige Kraft, die die Seele ins Leben kommen lässt, ins Leben entlässt. Zum Leben erweckt. Insofern geht ohne die Sonne gar nichts.
Das ist eine Aussage, die nicht neu ist. Denn Ihnen ist genauso wie allen anderen Menschen klar, dass wenn beispielsweise die reale Sonne am Himmel - die ja eine physikalische Analogie zu unserer astrologischen Sonne ist - wenn die nicht mehr scheinen würde, dann wäre innerhalb von allerkürzester Zeit sämtliches Leben auf der Erde erloschen. In fiktiven Experimenten hat man versucht nachzuweisen, dass das circa in zwei Wochen der Fall wäre. Nach spätestens zwei Wochen gibt es kein Leben mehr auf der Erde, für den Fall, dass es die Sonne plötzlich nicht mehr gäbe. Nun brauchen wir uns darüber keine Gedanken zu machen, das wird erst in ein paar Billionen von Jahren der Fall sein – und wer weiß, was dann ist. Solange wir denken können und geschweige denn solange wie wir leben, wird es die Sonne mit ziemlicher Sicherheit geben. Insofern brauchen wir keine Angst zu haben, dass es im globalen, universellen Sinne kein Leben mehr geben wird. Wir können daher getrost astrologisch mit der Sonne weiterarbeiten und immer davon ausgehen, dass sie der Träger des Lebendigen ist. Wobei dieses Leben, was die Sonne symbolisiert, das selbstverständliche Bedürfnis hat, sich zu verausgaben. Es geht ihr also um die Verausgabung von Lebenskraft. Es geht um die Verausgabung von Lebensenergie.
Wenn wir davon sprechen, dass das Innere nach außen gerät im Sinne einer Emotion oder eines emotionalen Verhaltens, dann ist das gleichbedeutend mit einem weiteren Schlüsselbegriff für die Sonne: Verwirklichung. Der Begriff Verwirklichung – oder psychologisch interpretiert der Begriff „Selbstverwirklichung“ – hat vor allen Dingen in den Achtzigerjahren eine große Bedeutung bekommen. Da redete fast jeder von Selbstverwirklichung. Was an sich gar nicht schlecht ist, nur hatte das zum Teil zur Folge, dass man zwar davon redete, aber gar nicht wusste, wer man war. Wenn ich jedoch davon rede, mich selbst zu verwirklichen, dann ist eine Bedingung, um das tun zu können, eine gewisse Kenntnis von mir selbst. Wenn wir davon ausgegangen sind, dass die Sonne unser Bewusstsein darstellt und das Bewusstsein wiederum nur einen kleinen Teil unserer Persönlichkeit darstellt, dann bedeutet Selbstverwirklichung im Kern des Wortes nichts weiter, als dass man den Teil, der einem bewusst ist, verwirklicht. So allerdings wurde dieser Begriff in der Regel nicht benutzt. Insofern ist er oder war er zumindest in dem Sinne, wie er benutzt worden ist, nicht in Ordnung.
Auf der anderen Seite ist das, was wir Selbstverwirklichung nennen, nichts anderes als der schöpferische Ausdruck des Menschen. Der Mensch hat mit der Sonne die Fähigkeit erworben, zu sich zu kommen. Sich im bewussten Teil seiner Psyche oder seines Wesens zu verwirklichen. Wenn wir auf der anderen Seite davon ausgehen, dass die Sonne Stück für Stück das verwirklicht, was im Innen angelegt ist - also bildlich gesagt, dass die Sonne Stück für Stück den Mond verwirklicht - dann können wir auch sagen, dass Selbstverwirklichung die Möglichkeit für den Menschen darstellt, zu einem Ganzen zu werden. Oder im esoterischen Jargon gesagt: heil zu werden. Diese Ganzwerdung des Menschen läuft immer über die Sonne. Die Sonne ist das Instrument, was den Menschen zur Ganzheit bringen kann.
Ich formuliere das in der Regel so, dass ich sage, die Sonne ist im Horoskop das Nadelöhr, durch das alle Planeten hindurchmüssen. Ein Nadelöhr ist in dem Sinne auch zu verstehen, als eine ziemlich enge Öffnung ist, durch die die Planeten, vor allen Dingen die großen, wichtigen Planeten, die kollektiven Charakter haben - wie Saturn, Uranus, Neptun oder Pluto – hindurch müssen. Das fällt ihnen natürlich recht schwer. Wenn ich sage, dass es den kollektiven Planeten schwerfällt, durch das Nadelöhr Sonne hindurchzulaufen, dann heißt das nichts anderes, als dass wir Menschen im Sinne der Selbstverwirklichung Schwierigkeiten haben, dies zu erreichen. Wir haben Schwierigkeiten, uns selbst zu verwirklichen. Und zwar deshalb, weil wir im Horoskop nicht nur die Sonne und den Mond, sondern noch acht andere Planeten haben - unter anderem mit Saturn, Uranus, Neptun und Pluto vier kollektive Planeten. Diese zu verwirklichen, anders ausgedrückt, diese durch das Nadelöhr zu ziehen, das ist – mit Verlaub – eine lebenslange Aufgabe. An der im Grunde genommen, wenn man den Anspruch hätte, das in einem Leben zu schaffen, fast jeder Mensch scheitert.
Ein Leben ist zu kurz, um alle Möglichkeiten, die man hat, zu verwirklichen. Manche Menschen haben möglicherweise den Eindruck, der ja auch berechtigt sein kann, dass sie einen ganz, ganz großen Teil ihres Potenzials verwirklicht haben. Aber die allermeisten Menschen sagen, da hätte es noch einiges gegeben, was ich hätte tun können. Und sicherlich auch noch sehr viel, wovon ich gar nichts wusste, was ich auch hätte tun können. Aber ich habe es halt nicht getan. Aus welchem Grund spielt an dieser Stelle jetzt keine Rolle. Fakt ist aber, dass es mehr zu verwirklichen gibt als das, was in der Regel von einem Menschen, der ein normales Leben geführt hat, was da tatsächlich dann unter dem Strich übrigbleibt.
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