„Wie meint Ihr das?“
„Dass du dort endlich deine chronische Erkältung los wirst.“
„Ich bin nicht Erkältet“, meinte erstaunt Henderex.
„Und warum klingt es dann so als ob deine Nase verstopft wäre?“
„Erlaubt, dass ich Euch korrigiere, man spricht heute so… das ist Schick“, erwiderte Hendrex affektiert.
„Hab ich da etwas verpasst…?“
Amüsiert zog Xedek dabei, eine Braue hoch. Eigentlich war es ja diese quakende Fistelstimme die ihn seit Wochen schon den letzten Nerv raubten. Das alleine war ein guter Grund ihn los zu werden.
„Auf Marab kannst du damit sicher punkten…“
Die Ironie in Xedeks Worten war nicht zu überhören. Hendrex verzog beleidigt das Gesicht, doch dann dachte er an Marab.
„Marab ist die Hölle…, wollt Ihr mich wirklich dorthin schicken?“
„Dir bleibt wohl nicht anders übrig. Oder meint du, ich wüsste nichts von deinen abermaligen Schulden? Du alter Lüstling…, dieser Planet wird dich auf andere Gedanken bringen.“
„Ich in meiner unendlichen Güte werde dich mit meiner Schwester, Lady Karmi vermählen.“ Diese Worte fand Xedek so belustigend das er in schallendes Gelächter ausbrach.
„Du hast die Wahl, ich zwinge dich nicht.“
Hendrex saß wie versteinert, wie schon mehrmals in den letzten Wochen.
„Was erwartest du von mir?“ In seiner Panik bemerkte er nicht dass seinen Worten jegliche Logik fehlte.
„Das du mit ihr das eheliche Lager teilst, du Narr. Was sonst wohl erwarte ich von dir.“ Diese tragisch komische Gestalt und die Idee dass diese nun bald sein Schwager sein würde zwangen ihn erneut ein Lachen ab.
„Keine Angst mein Alter, in ein paar Tagen, gleich nach der Hochzeit wirst du den Posten auf Marab übernehmen.“
Hendrex hätte nie gedacht, dass diese Botschaft ihn einmal mit Freude erfüllen könnte. Zarte junge Wesen waren nach seinem Geschmack, auch Knaben, doch eine Frau im fortgeschrittenen Alter…! Hendrex fröstelte.
Aufgewühlt von den Ereignissen der letzten Tage und Wochen kam er gar nicht auf den Gedanken auch weiterhin nur eine Figur im Spiel eines immer noch Mächtigeren zu sein.
Welchen Nutzen kann ich daraus ziehen, war auch gleich sein nächster Gedanke, als er wieder klar denken konnte.
„Graf Hendrex“, diese Worte zerflossen wie Honig auf seinen Lippen.
Xedeks Plan kam nicht von ungefähr. Seiner Schwester war mit dieser Heirat der Weg für eine eventuelle Verbindung mit einem rivalisierenden Haus versperrt. Und auch der Kindersegen, der ihm letztendlich doch noch hätte gefährlich werden können.
Konsequenzen von Seiten Hendrex befürchtete er nicht, zumal dieser nun bereitwillig darauf einging das Kommando auf Marab zu übernehmen - um seine Instinkte zu befriedigen, das war Xedek klar. Solange dieser seine Begierden befriedigen und genug Geld anhäufen konnte, hatte er ihn unter Kontrolle. Politische Ambitionen traute er diesem perversen Klops nicht zu.
9 Lady Karmi, Aimi und Masheba
Fünf Jahre waren seither vergangen. Lady Karmi lebte in stiller Abgeschiedenheit und banger Hoffnung. Ihren Ehemann, den sie seit dem Tage der Eheschließung nicht mehr gesehen hatte, erfüllte sie mit Abscheu. Doch aufbegehren…, wie auch. Das war nun einmal das Los der Frauen, also auch das ihre. Ein Leben zwischen Pflichtbewusstsein und Resignation.
Lady Aimi hingegen hatte trotz ihrer Zerbrechlichkeit ihrem Gatten alljährlich ein Kind geschenkt. Treu und Pflichtbewusst, anders konnte man auch ihr Verhalten nicht nennen. Dafür waren sie, wie auch Lady Karmi erzogen und daran zerbrachen beide, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen. Lady Aimi liebte ihren Mann, seine zügellose und wilde Gier, die jedoch nur solange anhielt bis sie wieder geschwängert war. Sie zerbrach an der Einsamkeit jener Monate, nicht an der Geburt der Zwillinge die ihrem Ehemann den lang ersehnten Thronfolger schenkte. Alle waren sich dessen bewusst, doch niemand konnte ihr helfen.
Alleine ihr Ehemann, der sich in diesen langen Monaten durch die Betten seiner Mätressen wälzte, hätte das gekonnt, doch nichts lag ihm ferner.
Im Laufe dieser kurzen leidenschaftslosen Ehe gebar sie ihm fünf Kinder, doch die Geburt des einzigen Sohnes überlebte sie nicht. Ihr Grab war noch nicht zugeschüttet da folgte ihr der Knabe in die letzte Ruhestätte, das Mädchen nicht viel später. Fünf Kinder in nur vier Jahren, ungeliebt, nur einem einzigen Zweck dienend, zu gebären, verfiel sie zusehends.
Sie hinterließ keine Lücke, auch nicht bei ihren Töchtern. Im Sinne der adligen Häuser, nicht nur des Barreira Clans, wurden die drei Mädchen von Lehrern und Gouvernanten erzogen und auf ihr kommendes Leben, als pflichtbewusste Ehefrauen vorbereitet. Bereits bestehenden Beziehungen mussten aufrecht erhalten, weitere geknüpft werden. Drei jungen Gräfinnen, doch nichts weiter als auswechselbare Bauern auf dem Schachbrett der großen Weltpolitik.
In der Zwischenzeit war Masheba zu einer jener Schönheiten erblüht, wie nur Dichter sie beschreiben und Bildhauer sie in feinsten weißen Marmor zu meißeln verstehen.
Auch Xedek war dies zu Ohren gekommen. Vermischt mit dem erneut kursierenden Gerücht des angeblichen Reichtums, erwachte erneut sein Interesse. Seine alten Pläne, die er längst zu den Akten gelegt hatte, kamen ihn wieder in den Sinn.
Plötzlich sah er sie wieder vor sich, die kleine Nymphe mit den türkisfarbenen Augen. Nun würde er sich beides holen. Den Planeten und eine Mutter für seine Kinder - bei diesen Gedanken musste er lauthals lachen - doch solche Worte gepaart mit „eine First Lady für mein Haus“ machten einen guten und seriösen Eindruck und ließen einer Absage nur wenig Raum.
Xedeks Pläne kamen auch Saturnia gelegen. Seine Heirat konnte ihren Plänen nur nützlich sein. Besser hätte es gar nicht kommen können. Das Schwierigste, das Mädchen aus ihrer abgesicherten Umgebung wegzulocken war getan, der Rest, das wusste sie, war ein Kinderspiel.
„Der Graf von Herso hat um deine Hand angehalten!“ Tomo besaß die Fähigkeit die jeweils Beteiligten, ohne einleitende Erklärung mit den unerwartetsten Neuigkeiten zu konfrontieren. „Die Hochzeit ist beschlossene Sache. Eine Delegation ist bereits unterwegs.“
Nicht nur Masheba war sprachlos, auch Hannah fehlten die Worte. Beschlossene Sache…? Doch dann blickte sie auf ihre Nichte die sich in der Tat zu einer attraktiven jungen Frau entwickelt hatte. Auch Tomo war diese Tatsache nicht verborgen geblieben. Und seit dem, nun schon Jahre zurückliegenden Besuch des Grafen, rechnete er mit dieser Wendung.
Zufrieden rieb er sich die Hände. Ein Plan der seit jenem Zusammentreffen reifte nahm nun konkrete Formen an. Aus dem damals lästigen Besucher würde nun ein profitabler Schwiegersohn werden…, und mehr.
„Es sollte auch in deinem Interesse sein, denn der nächste Anwärter wird möglicherweise kein charmanter, gut aussehender Mann wie unser Graf sein.“ Trotz seiner Fähigkeit jedermann vor den Kopf zu stoßen, beinhalteten seine Worte, das konnte man nicht leugnen, sehr viel Wahrheit.
Mashebas Herz begann unruhig zu pochen, sie hatte sein Gesicht noch gut in Erinnerung, doch auch den Schmerz der damit verbunden war… sie dachte an Pasha. Tarik erfüllte sie mit Freude, doch der Gedanke an den Grafen versetzte ihren Körper in unbekannte Aufruhr.
„Hannah…, was soll ich tun?“
Teils erhofft sie ihre Zustimmung, Teils fürchtete sie sie aber auch. Fort von Zuhause, ihre geliebte Heimat verlassen! Eine andere Reise kam ihr in den Sinn, die Reise nach Ursena, und diese weckte in ihr unangenehme Gefühle die sie sich immer noch nicht erklären konnte.
„Dein Vater hat Recht“, die Worte ihrer Tante rissen sie aus ihren Gedanken „als Tochter des Bakkai ist es deine Pflicht eine Verbindung einzugehen die dem Wohle deines Landes dient.“ Masheba konnte nur nachdenklich mit dem Kopf nicken. Aus diplomatischen Gründen. Warum hatte sie nicht selbst daran gedacht.
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