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ISBN 978-3- 8442-7823-1
Rinaldo Rinaldini, Räuberhauptmann
Nero, sein Stellvertreter
Tedesco, ein Deutscher unter Rinaldinis Räubern
Rosa, ein Bauernmädchen
Cnutus, ein Bär
Der Alte von Fronteja
Olympia, eine schöne Dame
Dianora, nicht minder schön
Marchese Saltimbocca, ein Genussmensch ohne Moral
Capitano, sein dumpfer Gehilfe
Spiegel
Marchesa
Isotta, Dianoras Mutter
Herold
Räuber, Soldaten, Volk
Ort: Sizilien
Zeit: Es war einmal…
Fanfare
HEROLDUntertanen! Es wird gesucht wegen Hochverrats der schurkische Rinaldo Rinaldini, seines Zeichens Räuberhauptmann einer Schar gnadenloser Halsabschneider, Taschendiebe, Mörder und Teufelsknechte. Rinaldini, der die Kühnheit besaß, mir, dem Marchese Saltimbocca, die Feindschaft zu erklären, er soll fortan behandelt werden wie Freiwild zur besten Jagdzeit, wie der Ochse im Schlachthaus oder das Ei in der Pfanne. 100 Golddukaten sind jenem sicher, der mir des Räuberhauptmanns Kopf auf einer goldenen Schale – ich wiederhole: auf einer goldenen Schale! – bietet , 1000 Golddukaten aber jenem, der mir den Unhold lebendig liefert. Gezeichnet, der Marchese Saltimbocca
Fanfare
Im Schloss des Marchese S altimbocca . Der Marchese und der C apitano
CAPITANO100 Golddukaten für einen toten Rinaldo Rinaldini? Und 1000 für den lebendigen? Das verstehe ich nicht.
SALTIMBOCCAWeil du ein Dummbeutel bist, Capitano.
CAPITANOErklärt es mir.
SALTIMBOCCANiemand will nur 100 Golddukaten verdienen, wenn es 1000 sein könnten.
CAPITANODas verstehe ich. Aber warum der große Unterschied?
SALTIMBOCCAWeil ich ihn lebend will. Schießt man ihm eine Kugel durch den Leib, so sind die 100 Golddukaten schnell verdient, ihn aber lebendig her zu schaffen, bedarf es größerer Anstrengungen.
CAPITANOTot oder lebendig – das kann Euch doch egal sein.
SALTIMBOCCAIst es aber nicht. Der Kerl hohnlacht mir. Er demütigt mich mit jeder seiner Räubertaten und nimmt von meinem Eigentum, das ich mit List und mühsamer Gedankenarbeit dem Volke abgerungen habe. Jeder Raub zwingt mich zur Erfindung einer neuen Steuer. Mir gehen die Ideen aus.
CAPITANOStünde er vor mir, ich knallte ihn ab. So schnell verdiene ich sonst keine 100 Golddukaten.
SALTIMBOCCAUnd bringst mir seinen Kopf auf einer goldenen Schale?
CAPITANOEiner goldenen Schale?
SALTIMBOCCASo ließ ich es ausrufen.
CAPITANOEine goldene Schale besitze ich nicht.
SALTIMBOCCANiemand außer mir besitzt in meinem Reich eine goldene Schale. Deshalb werde ich auch keine 100 Golddukaten zahlen müssen, wenn Rinaldinis Kopf vor meine Füße rollt.
CAPITANOMarchese, Ihr seid der Schlaueste unter Sizilien Sonne. Ihr wollt ihn also gar nicht tot, ihr wollt ihn lebendig?
SALTIMBOCCAHast du es endlich begriffen?
CAPITANOAber warum?
SALTIMBOCCAWeil ich allein darüber nachsinnen will, ob ich ihn drosseln, teeren, vierteilen, vergiften, portionieren, ertränken, tiefkühlen, rösten oder zu Tode kitzeln soll. Mein ist die Rache. Doch nun verschwinde! Sieh zu, dass meine Botschaft nicht nur auf unserem öden Marktplatz, sondern in ganz Sizilien verbreitet wird. Ruf sie vom Ätna in alle Windesrichtungen, damit ich diesem Rinaldini schon bald das Lichtlein auspusten kann.
CAPITANOGestattet mir noch eine letzte Frage: Und wenn ich doch die 100 Golddukaten mit einer Kugel…?
SALTIMBOCCAVergiss die Schale nicht!
CAPITANOAch, ich vergaß… Die goldene Schale. Wie dumm von mir.
C apitano ab
SALTIMBOCCAVon Schwachköpfen bin ich umgeben. Ach, hätte ich doch ein wenig von der Zauberkraft, die mein seliger Vater sein eigen nennen konnte. Was waren das für Zeiten, da man als Magier und Gewaltherrscher sich seiner Feinde entledigen konnte und einen Esel besaß, der auf Befehl – ich sage nur „Bricklebrit!“- Dukaten scheißen konnten. War das ein herrliches Tyrannenleben! Ach, seliger Vater, ein kleines, ein klitzekleines Portiönchen deiner Zauberkraft, sie hätte mir gereicht, dem alten Esel das Leben zu verlängern. So bleibt mir nur dein Spiegel. überlegt Spiegel? Spiegel!
Ein S piegel auf zwei Beinen läuft herein.
SALTIMBOCCAMein allerliebster Spiegel!
SPIEGELWas wollt Ihr, unersättlicher Lustgreis?
SALTIMBOCCASei nicht so grob zu mir. Zu Vater warst du sanfter.
SPIEGELWas Ihr von mir wollt, habe ich gefragt – Weiberlecker!
SALTIMBOCCAWas rege ich mich auf, es ist nur ein Spiegel, ein Abglanz alter Zauberkraft. Nichts als ein Relikt bist du.
SPIEGELIch kann ja wieder gehen.
SALTIMBOCCADu bleibst! Wir spielen das Spiel.
SPIEGELNatürlich spielen wir das Spiel. Was sonst?
SALTIMBOCCASei still! Ich beginne.
SPIEGELAber gleich soll ich reden…
SALTIMBOCCASpieglein, Spieglein an der Wand…
SPIEGELIch höre.
SALTIMBOCCASpieglein, Spieglein an der Wand! Wer ist die Schönste im ganzen Land?
SPIEGELMarchese, Ihr seid der Schönste im ganzen Land. Aber Rinaldo Rinaldini, hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen…
SALTIMBOCCAIch habe nicht „der Schönste“, ich habe „die Schönste“ gesagt.
SPIEGELAuch ein Spiegel will seinen Spaß haben.
SALTIMBOCCADer Spaß endet, wenn ein Spiegel und ein Nachttopf kollidieren.
SPIEGELMeinen Scherben nützen Euch gar nichts.
SALTIMBOCCAAber dir bringen sie auch kein Glück! Reiß dich zusammen! Das Spiel!
SPIEGELAlso gut.
SALTIMBOCCASpieglein, Spieglein an der Wand! Wer ist die Schönste im ganzen Land?
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