SPIEGELNachdem Ihr Letizia in die Küche und Donatella in den Stall gesteckt habt, nachdem Stella ihr Leben ausgehaucht hat und Emilia in Euren Verliesen schmachtet, ist Olympia hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen –
SALTIMBOCCAOlympia? Nie gehört.
SPIEGELIst Olympia die Schönste im ganzen Land.
SALTIMBOCCADer Name klingt komisch.
SPIEGELEurer auch.
SALTIMBOCCAWas klingt an Saltimbocca komisch?
SPIEGELDas Saltimbocca.
SALTIMBOCCAOlympia – das klingt nach Sport und Spiel. Nach Ausdauer und Leidenschaft. Nach Speerwurf und einem Schuss ins Schwarze. Olympia und Saltimbocca – das könnte eine Nummer werden. Spiegel! Schaff sie mir bei, diese Olympia!
Blitz und Donner. In einer Kutsche. Die M archesa , O lympia , T edesco , R inaldini
MARCHESAWelch ein Wetter, Signora Olympia! Wie gut, dass wir ein Dach über dem Kopf haben und diese beschwerliche Fahrt nicht unter Gottes freiem Himmel absolvieren müssen.
TEDESCO vor sich hin murmelnd Immerhin, mich wird umgeben, Gottes Himmel dort wie hier, und als Totenlampen schweben nachts die Sterne über mir.
RINALDINISo schwermütig, Tedesco?
TEDESCOWorte eines deutschen Dichters.
MARCHESADeutschland, das Land der Dichter und Denker. Aber das Wetter. Es soll dort ja immerzu regnen.
OLYMPIA ironisch Wie gut, dass wir auf Sizilien sind.
RINALDINIGönnt auch unserer Vegetation ein wenig Regen, Signora Olympia. Schon morgen wird die Sonne wieder unerbittlich scheinen.
OLYMPIASeid Ihr ein Wetterfrosch, Graf Altaverde?
RINALDINIIch versuche, Konversation zu betreiben.
OLYMPIADas unterscheidet Euch in der Tat von einem Frosch.
RINALDINIDabei schätze ich diese Tiere. Sie haben sich ihrer Umwelt bestens angepasst und liegen lauernd am Ufer, um im richtigen Moment eine Fliege zu erhaschen.
OLYMPIAWie ein Räuber.
RINALDINIRaub ist im Tierreich nichts Ungewöhnliches.
MARCHESAAuch auf Sizilien ist es nichts Ungewöhnliches. In Neapel sagte mir die Marchesa Mondamini: Hüte dich vor Rinaldo Rinaldini, wenn du nach Sizilien reist! Er ist der Klügste unter den Räubern.
OLYMPIAUnd der Schönste, wie es heißt.
RINALDINIDas klingt, als könnte es ein Abenteuer sein, sich von Rinaldini ausrauben zu lassen.
MARCHESAAllemal. Für ein Erlebnis, von dem man noch seinen Enkeln erzählen kann, sollte man sich nie zu schade sein.
RINALDINIAber schade wäre es doch um den wertvollen Schmuck der Marchesa?
MARCHESASie meinen dieses Halsband? Diesen Ring? Billiger Tand. Wertloser Glitzerkram. Meine wahren Schätze trage ich an sicherer Stelle. Sie greift in ihr Dekolleté und holt einen kleinen Beutel hervor. Hier sind die Steine, mit denen ich mich beim Marchese Saltimbocca schmücken werde.
RINALDINISie reisen zum Marchese? Es heißt, er feiere hinreißende Feste.
MARCHESAEs sind die galantesten, die ich kenne.
OLYMPIADarf ich? Sie nimmt den Schmuck aus dem Beutel und betrachtet ihn. Exquisit. So wundervoll geschliffene Rubine und Topase habe ich nur in Königshäusern gesehen.
MARCHESA geschmeichelt Mein verstorbener Gatte hat sich nicht lumpen lassen. Er wünschte eine glanzvolle Person an seiner Seite und ich habe mich aufputzen lassen. Sie nimmt den Schmuck wieder an sich und bringt den Beutel zurück an den sicheren Ort.
TEDESCODer sicherste Reichtum ist die Armut an Bedürfnissen.
MARCHESAWie meinen?
TEDESCOWorte eines deutschen Dichters.
MARCHESA zu R inaldini Ihr Page hat es mit den Deutschen.
RINALDINIEr ist Deutscher.
MARCHESADafür spricht er ein gutes Italienisch.
TEDESCOGrazie, Signora Marchesa, grazie mille. Wir Deutschen lieben das Land, in dem die Zitronen blühen und so zog es auch mich vom Greifswalder Bodden über die Alpen ins Land der Glückseligen. Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.
OLYMPIANun wird es mir ein wenig zu viel der deutschen Dichtung. Wohin reist Ihr, Graf Altaverde?
RINALDINIMich führen Geschäfte nach Messina.
OLYMPIASo teilen wir denselben Weg. Auch ich will nach Messina.
RINALDINIEs ist mir ein Vergnügen, die Signora Olympia bis in die Stadt des berühmten Maestro Antonello zu begleiten.
Räuber nähern sich der Kutsche. Das Unwetter meldet sich kraftvoll zurück.
T edesco zupft R inaldini am Ärmel.
RINALDINIWas ist, Tedesco? Schreckt dich der Donner?
TEDESCOEher sind es menschliche Dinge, die da draußen vor sich gehen. Schaut hinaus, Graf!
Die Kutsche wird von den Räubern angehalten.
NEROHalt! Aussteigen!
RINALDINIWer seid Ihr? Was wollt Ihr?
NEROWer wir sind, geht euch nichts an. Was wir wollen, ist schnell gesagt. Heraus mit Geld und Schmuck!
RINALDINIUnd wenn wir nichts dergleichen haben?
NERODas glaubt Euch kein anständiger Räuber.
RINALDINIUnd wenn es doch so ist?
NERODann kostet es Euch den Kragen.
MARCHESABringt Euch nicht in Gefahr, Graf Altaverde. Sie reißt sich die Kette vom Hals und den Ring vom Finger. Nehmt dies und schenkt uns das Leben!
NEROWo solcher Schmuck ist, wird noch weiterer sein. Los Männer, durchsucht das Gepäck! Und danach: Leibesvisitation.
RINALDINIWartet, Räuberhauptmann! Lasst mich ein Wort unter Männern und im Vertrauen mit Euch wechseln.
NEROIst das ein Trick?
RINALDININein, so wahr ich Graf Altaverde heiße.
Sie treten beiseite.
MARCHESA zu O lympia Er wird doch nicht etwa mein Versteck verraten?
OLYMPIADer Wetterfrosch? Nicht, wenn er ein Graf ist.
RINALDINIGut gemacht, Nero! Hier sind wir nahe genug beim Schloss. Nun wie besprochen: Nimm die Pferde, damit wir gezwungen sind, dem Marchese Saltimbocca einen Besuch abzustatten. Die Marchesa wird uns mit Pomp und Gloria als ihre Retter bei ihm einführen.
R osa kommt dazu.
ROSARinaldo! Endlich!
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