Ian Malz
Wie ein Stein im tiefen Wasser
ein historischer Roman
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Inhaltsverzeichnis
Titel Ian Malz Wie ein Stein im tiefen Wasser ein historischer Roman Dieses eBook wurde erstellt bei
Wie ein Stein im tiefen Wasser Wie ein Stein im tiefen Wasser
Prolog
Kapitel I
Kapitel II
Kapitel III
Kapitel IV
Kapitel V
Kapitel VI
Kapitel VII
Kapitel VIII
Kapitel IX
Kapitel X
Kapitel XI
Kapitel XII
Kapitel XIII
Kapitel XIV
Kapitel XV
Kapitel XVI
Kapitel XVII
Kapitel XVIII
Kapitel XIX
Kapitel XX
Kapitel XXI
Kapitel XXII
Kapitel XXIII
Kapitel XXIV
Kapitel XXV
Epilog
Impressum
Wie ein Stein im tiefen Wasser
Prolog
Drei Nächte dauerte der verheerende Kampf. Und waren es drei Nächte, so zählte man auch die Tage; Tage voller Zorn, Hass, Blut und Legionen von Römern; von toten Römern, die sich, so weit das Auge über Sümpfe, Hügel und Senken schauen konnte, in ihrem Blut wälzten oder einfach nur mit fassungslosem Blick aus toten Augen gen Himmel starrten.
Hermandum, von den Römern Arminius genannt, einst der große Verräter an seinem Volk, dem dieser Namen von seinen römischen Freunden zuerkannt worden war und die ihn in den Rang eines Offiziers erhoben hatten… - war dies alles nur sein von langer Hand vorbereiteter Plan? Hermandum, der Herr über unsere tapferen Männer? Über so viele Jahre hinweg? Großes Vertrauen hatte Varus in ihn. Ein so großes Vertrauen, dass Varus seinem Wunsche gefolgt war und mit seinen Legionen und Trossen in diese unheimliche, von Sümpfen, Feldern und Wäldern überwucherte Gegend gezogen war, um den vermeintlichen Zänkereien unter einigen Stämmen der Cherusker den Garaus zu machen, anstatt mit seinem Gefolge das sichere Winterquartier in Vetera aufzusuchen. Machthungrig und geldgierig wie Varus war, folgte er blind dem Wunsche seines Verbündeten Arminius. Arminius aber war und blieb doch Cherusker!
Drusus und Tiberius, die beiden Vorgänger des Varus, begannen die Stämme der Cherusker, Brukterer, Marser und Chatten mit all ihren Sippen zu unterwerfen. Varus folgte diesem vermeintlich leichten Unterfangen und wollte den Völkern zwischen Rhenus und Visurgis die römische Rechtsprechung aufbürden. Mit diesen Erfolgen hätte er in Rom bestimmt glänzend dagestanden und vielleicht, vielleicht wäre er der Cäsar geworden und hätte Augustus, diesen alten, unfähigen Mann, abgelöst. Während er sich um die Erweiterung des Römischen Reiches bis in den hohen Norden Sorge machte, vertrieb sich dieser Greis mit Namen Augustus die Zeit mit irgendwelchem Geplänkel in Rom oder er schickte seine Truppen gen Osten. Wozu? Dort war außer Sonne, Sand und ein paar Edelsteinen nichts! Aber hier, im kalten Teil der Welt, dort lagerte das ersehnte Erz tief in der Erde. Ohne Erz kein Eisen und ohne Eisen keine Waffen! Und ohne Waffen kein Sieg. Wenn erst einmal diese Völker, die nur wild vor sich hingrunzten und keinerlei Kultur besaßen, unter seinem Joch stünden, dann würde Rom schon sehen, wer der am weitesten vorausschauende, ja, wer der rechtmäßige Cäsar ist!
Nun lagen die Legionen da! Drei Legionen. An die zwanzigtausend Männer einschließlich der mit ihnen marschierenden Familien, die nach tagelangem Marsch durch unwegsame Wälder endlich eine große Lichtung zwischen zwei Waldgürteln erreichten.. Es war ein mühevoller Weg. Immer wieder mussten Bäume gefällt und Stege über Bäche und Flüsse gebaut werden, bis die Legionen schließlich ihr Ziel erreichten - den Ort, den Hermandum für seinen Hinterhalt ausgesucht hatte, weil der große Thing ihn für geeignet hielt.
Lange Diskussionen gingen dem Beschluss des Things voraus. War es doch nicht so einfach, alle Sippenfürsten von Hermandums’ Plan zu überzeugen. Trotz vieler kleiner Reibereien mit den römischen Besatzern, die mitunter auch für die einzelnen Stämme recht erfolgreich ausgingen, waren die Römer eigentlich zu mächtig und in ihrer Kriegskunst unübertroffen. Doch Hermandum hatte über Jahre hinweg die Kampfkunst der Römer erlernt. Vielen Sippen gab er Unterricht in der Art und Weise, wie sich die römischen Söldner auf dem Schlachtfeld zu bewegen wussten. Mit diesem Wissen war den Kriegern der Sippschaften klar geworden: auch die Römer waren verwundbar! Die vielen Köpfe der Feinde, die in den Wäldern an die Bäume genagelt wurden, zeugten von der tödlichen Verwundbarkeit dieser verhassten Eindringlinge.
Ja, dort, wo Hermandum die Truppen des Varus hinhaben wollte, nämlich in das Gebiet der Sümpfe und Wälder, dort konnten die Soldaten nicht ihre gefürchtete Kampfformation einnehmen, konnte die überlegene Reiterei nicht von den Flanken her angreifen. Auf offenem Feld hingegen hätten sie, die unterdrückten germanischen Stämme, auf verlorenem Posten gekämpft und das Martyrium wäre weiter gegangen. Hatten sie denn nicht schon genug verloren? Hermandum war der Heiling, ihm vertrauten die Stämme und stimmten seinem Plan zu. Aus dem Hinterhalt - die Sümpfe schnitten den Römern den Rückzug ab - würden Varus’ Truppen angegriffen werden, so bestimmte man.
Die Chatten und Marser kamen von Süden her, die Cherusker von Osten und die Brukterer von Norden und stürzten sich auf einige Kohorten, die gerade im Begriff waren, sich geeignete Wehranlagen aus Stämmen und Gräben zu schaffen, während der Großteil der Legionen den mühevollen Marsch durch die Wälder noch vor sich hatte.
Nun lagen sie da in ihrem Blut. Vermischt mit dem Blut vieler junger, unerschrockener aber auch zu stürmisch angreifender Krieger aus eigenen Stämmen.
Die Römer waren besiegt und wer noch von ihnen lebte, wurde in die Sümpfe getrieben, in denen sie qualvoll in ihren schweren Rüstungen versanken oder sie wurden gleich an Ort und Stelle Odin geopfert.
Drei Nächte und Tage dauerte dieses Gemetzel. Die gut ausgerüsteten, aber müden Legionäre hatten keinerlei Chance, diesen aus dem Nichts angreifenden Kriegern eine erfolgreiche Gegenwehr zu bieten. Viele von ihnen waren so entkräftet, dass sie sich kampflos ihrem Schicksal ergaben. Sie ließen sich vor den germanischen Kämpfern in den Morast fallen und erwarteten den erlösenden Hieb.
Nun stand Hermandum auf dem Hügel, auf dem sich Varus voller Verzweifelung in sein Schwert stürzte und hielt, schwer atmend, in der Linken eine Lanze, auf der ein eiserner Adler befestigt war, das Heiligtum dieser Römer, das, voller Stolz, den Kohorten, den Legionen voraus von ausgewählten und sich der Verantwortung dieser Ehre bewussten Soldaten getragen wurde.
Das Kampfgeschrei wich nach und nach einem ohrenbetäubenden Jubel, als die Germanen Hermandum dort oben mit dieser Trophäe stehen sahen. Die Krieger klopften mit den Schwertern auf ihre hölzernen Schilde oder aber auf die Rüstungen der toten, besiegten Feinde. Hermandum, unser Kriegsheil! Unser Siegheil! Fürst! Unser Heiling! Wie ein aus der Ferne sich androhender Sturm klangen der Jubel und das Gebrüll der Siegreichen. Donar muss mit ihnen gewesen sein! Wie sonst sollten die kleinen - wenn auch mächtigen - Kriegerstämme dieses Heer so vernichten können! Donar - unser Gott! Hermandum - unser Heiling!
Hat er seinem Namen wohl alle Ehre gemacht? Er hat gekämpft wie ein Wolf. Wie ein Wolf im Rudel seiner Sippe. Wulfila, so hat ihn sein Vater genannt. So nennen ihn alle. Der Vater seines Vaters hatte schon den Namen. Dessen Kraft wurde ihm übertragen - so erzählte man ihm.
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